Studie belegt
Corona hat viele Beziehungen ruiniert

Rund ein Fünftel der Befragten hat laut Studie im Zuge der Krise den Kontakt zu Vertrauenspersonen verloren oder aktiv abgebrochen.  | Foto: pixabay
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Die Corona-Krise hat klarerweise die zwischenmenschlichen Beziehungen verändert. Zwischen dem ersten und zweiten Lockdown im Herbst gibt es jedoch Unterschiede, so eine Studie der Soziologin und und Sexualpädagogin Barbara Rothmüller von der Sigmund Freud Uni Wien (SFU). Etw haben Meinungsverschiedenheiten zu den Maßnahmen der Regierung verstärkt zu Zerwürfnissen unter Freunden und Familien geführt, wie ihre Studie zeigt.

ÖSTERREICH. Die Wissenschaftlerin beobachtet in der Studie „Intimität, Sexualität und Solidarität in der COVID-19-Pandemie“ die psychosoziale Stimmungslage seit Beginn des ersten Lockdowns. Für den Zwischenbericht, der von der SFU, der Stadt Wien und der Arbeiterkammer kofinanzierten Studie wurden von 10. November bis 10. Dezember des Vorjahrs 2.569 Personen in Österreich (78 Prozent) und Deutschland (22 Prozent) online befragt. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, da Frauen und Akademiker über-, Jugendliche und Ältere hingegen unterrepräsentiert sind.

Weniger Kontakte als im Sommer

Insgesamt gaben die Befragten an, ihre Kontakte gegenüber den Sommermonaten sowohl online als auch offline stark reduziert zu haben. Unter Freunden gab es eine Kontaktreduktion um ganze 70 Prozent, bei der Familie um die Hälfte, bei intimen Beziehungen um rund ein Drittel. Geändert hat sich auch die Art und Weise, wie Kontakte gepflegt wurden: 41 Prozent trafen mindestens einmal pro Woche einen Freund oder eine Freundin bei Spaziergängen, rund ein Drittel in Privaträumen.  Rund ein Fünftel der Befragten hat demnach im Zuge der Krise den Kontakt zu Vertrauenspersonen verloren oder aktiv abgebrochen. Dabei gab mehr als ein Drittel an, dass Meinungsverschiedenheiten zum Umgang mit der Pandemie ausschlaggebend gewesen seien. Fast ebenso oft wurde Enttäuschung über mangelnde Zuwendung während der Krise als Grund genannt.

Ausschlaggebend war für zwei Drittel auch, dass sie ihre Vertrauenspersonen nicht mehr treffen können. Dass gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Sport, Hobbys und Barbesuche nicht mehr möglich sind, sah rund die Hälfte als (Mit-)Grund für den Kontaktverlust. Auch die digitale bzw. telefonische Kommunikation spielte eine Rolle: 40 Prozent empfinden diese als zu mühsam. 

Auch weniger sexuelle Begehren

 

Die Kontakte nahmen insgesamt ab, auch sexuelles Begehren und Berührungen wurden weniger. Das ergab der zweite Teil der Onlinebefragung. Konkret hat sich bei fast einem Drittel der Befragten  das sexuelle Begehren reduziert. Allerdings zeichnete sich bei sexuellen und romantischen Beziehungen eine Intensivierung ab. Vor allem bei Singles sei hingegen ein Mangel an Berührungen ein großes Thema. Jeder zehnte Befragte gab an, dass die letzte Umarmung zum Zeitpunkt der Befragung mehr als drei Monate zurücklag. Bei Menschen ohne romantische oder sexuelle Beziehungen war rund die Hälfte betroffen. 

Von Coronahysterikern und Verschwörungstheoretikern

Auffällig ist auch, dass gruppenbezogene Ansteckungsängste und Stigmatisierungen zugenommen haben. Rund ein Viertel der Befragten gab an, bereits Ausgrenzung aufgrund der Haltung zur Pandemiebekämpfung erlebt zu haben. Darunter sind sowohl Menschen, die von ihrem Umfeld sanktioniert werden, weil sie sich sehr streng an die Maßnahmen halten („Coronahysteriker“), als auch Menschen, die die Regeltreue ihres sozialen Umfelds für übertrieben halten und dafür als „Verschwörungstheoretiker“ gemieden werden.

In den offenen Antworten würden sich laut Rothmüller bei Differenzen zu den CoV-Maßnahmen „massive“ soziale Sanktionen durch Bekannte, Familienmitglieder, Arbeitsumfeld oder in Sozialen Netzwerken zeigen. Das Spektrum der beschriebenen negativen Erfahrungen reiche von Streitdiskussionen, Lächerlichmachen und „lustig gemeinten“ abfälligen Kommentaren, Anfeindungen, sozialer Isolierung und Kontaktabbruch bis zu Beschimpfungen und körperlichen Angriffen im öffentlichen Raum bei Aufforderung einer Person, eine Maske zu tragen.

Bestimmte Menschengruppen werden gemieden

Zudem zeichne sich ab, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgrund einer vermuteten erhöhten Ansteckungsgefahr vermehrt gemieden würden. Dazu zählen einerseits „Coronaleugner“ und „Menschen, die Party machen“, aber auch Jugendliche und ältere Personen bzw. Hochrisikogruppen. Verstärkt gemieden würden auch Menschen, die im Gesundheitswesen oder in Schulen und Kindergärten sowie in anderen Risikoberufen tätig sind. Das komme bei den Betroffenen auch an: Ein Drittel des befragten medizinischen Personals habe im zweiten Lockdown das Gefühl gehabt, dass sich Menschen aufgrund ihres Berufs von ihnen distanzieren.

Auch Nachbarschaftshilfe ging flöten

Auch solidarische Praktiken wie Nachbarschaftshilfe habe im zweiten Lockdown abgenommen. Erneut ergab sich, dass die krisenbedingte Mehrfachbelastung vor allem bei Frauen zu Überforderung und Erschöpfung führt. „Ganz wenige Leute haben noch das Gefühl einer solidarischen Stimmung wie im April, als es noch Konzerte am Balkon gab“, so Rothmüller zur APA. Nur ein Drittel war der Ansicht, dass es zu einem Anstieg des Zusammenhalts in der Gesellschaft als Folge der Pandemie kam.

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