Alarmierende Zahlen
Bundesländer vernachlässigen den Bodenschutz

Im Juni sollte die erste "Österreichische Bodenschutzstrategie" beschlossen werden. Nachdem sich die türkis-grüne Koalition jedoch auf keine Linie einigen konnte, wurde der Beschluss abermals vertagt. Eine aktuelle Berechnung des WWF zeigt nun, dass sämtliche Bundesländer weit von einer nachhaltigen Bodennutzung entfernt sind - der Verbrauch ist im Vorjahr insgesamt sogar nochmals angestiegen. | Foto: pixabay
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Im Juni sollte die erste "Österreichische Bodenschutzstrategie" beschlossen werden. Nachdem sich die türkis-grüne Koalition jedoch auf keine Linie einigen konnte, wurde der Beschluss abermals vertagt. Eine aktuelle Berechnung des WWF zeigt nun, dass sämtliche Bundesländer weit von einer nachhaltigen Bodennutzung entfernt sind - der Verbrauch ist im Vorjahr insgesamt sogar nochmals angestiegen. Negativer Spitzenreiter im Bundesländer-Vergleich ist Oberösterreich. Die NGO ruft die Politik abermals zum Handeln auf. 

ÖSTERREICH. Bereits im Jahr 2002 legte die damalige Bundesregierung ein "Nachhaltigkeitsziel" von 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag fest. Obwohl dieses Ziel immer noch verfolgt wird, wurden im vergangenen Jahr landesweit im Durchschnitt 12 Hektar pro Tag verbaut. Damit verfehlt man das selbstgesetzte Nachhaltigkeitsziel um beinahe das Fünffache, kritisiert WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. Er fordert daher ein "Maßnahmenpaket gegen den Flächenfraß in allen Bundesländern". Zudem ortet der WWF-Sprecher die Blockadehaltung der Landesregierungen:

"Die Bundesländer stellen sich bisher gegen verbindliche Ziele, bleiben selbst aber weitgehend tatenlos. Sie liefern damit selbst die besten Argumente für ein Bodenschutzgesetz auf Bundesebene."

Jährlicher Bodenverbrauch der Bundesländer seit 2018 in Quadratkilometer | Foto: WWF Österreich
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Oberösterreich neuer negativer Spitzenreiter

Den größten Bodenverbrauch verzeichnete laut WWF-Berechnungen im Vorjahr Oberösterreich, wo der Verbrauch um mehr als zwei Drittel gestiegen sei – von 2,48 (2021) auf 4,25 Hektar im Jahr 2022. Dies liege unter anderem an "der großflächigen Umwidmung von Grünland in Bauland in den vergangenen Jahren und an der mangelnden Regionalplanung", wie Pories erklärt. Zudem habe sich Oberösterreich auch pro Kopf gerechnet "zum Bundesland mit dem stärksten Flächenfraß katapultiert". Allein die Betriebsflächen seien im vergangenen Jahr in dem Bundesland um sechs Quadratkilometer gewachsen.

Bodenverbrauch der Bundesländer in Hektar pro Tag | Foto: WWF Österreich
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Steiermark und Niederösterreich folgen dahinter

Mit der Steiermark stagniert der bisherige negative Spitzenreiter in den WWF-Berechnungen auf hohem Niveau bei 2,54 Hektar Bodenverbrauch pro Tag. Damit verbraucht alleine "das grüne Herz Österreichs" so viel Boden, wie im Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung für das ganze Land vorgesehen wäre. 

An dritter Stelle sieht der WWF Niederösterreich, wo der Bodenverbrauch auf 2,3 Hektar pro Tag gestiegen sei. Pories rechnet vor, dass damit "im Schnitt alle sechs Tage ein neuer 'Sonnenweiher' verbraucht wird." Das viel kritisierte Mega-Bauprojekt in Grafenwörth (Bezirk Tulln), das auch als "Mini-Dubai" bezeichnet wurde, sei daher "nur die Spitze des Eisbergs". Der Bodenschutzsprecher verwies zudem auf die Zunahme an Verkehrsflächen:

"Niederösterreich ist außerdem das Bundesland mit der größten Zunahme der Verkehrsflächen. Allein 2,2 Quadratkilometer wurden für Straßen und Parkplätze verbaut, während Schienenflächen weiter rückläufig sind. Das zeigt dringenden Handlungsbedarf in der Verkehrspolitik, sonst werden weiter wertvolle Äcker versiegelt und der Klimaschutz sabotiert."

Der Sonnenweiher in Grafenwörth (Bezirk Tulln) ist ein Beispiel für die Verschwendung der Bodenfläche in Niederösterreich. | Foto: Christian Lendl
  • Der Sonnenweiher in Grafenwörth (Bezirk Tulln) ist ein Beispiel für die Verschwendung der Bodenfläche in Niederösterreich.
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Der Verbrauch in den übrigen Bundesländern

Auch für Kärnten (von 0,57 auf 0,87 Hektar pro Tag) und Vorarlberg (von 0,45 auf 0,73 Hektar pro Tag) berechnete der WWF einen Anstieg der verbauten Fläche. Tirol verbrauchte 2022 weiterhin rund 0,5 Hektar Boden pro Tag und das, obwohl das Land "aufgrund seiner alpinen Topographie über besonders wenige Dauersiedlungsraum" verfüge, kritisiert der WWF. 

Das Burgenland verzeichnete im vergangenen Jahr einen Rückgang auf 0,4 Hektar pro Tag. Das Bundesland halte jedoch bei der bisher insgesamt in Anspruch genommenen Fläche mit rund 1.316 Quadratmetern pro Kopf den Negativ-Rekord. In Salzburg sei der Bodenverbrauch nach einem besonders hohen Wert 2021 wieder auf 0,39 Hektar pro Tag gesunken. Damit liege das Bundesland wieder auf dem Schnitt der vergangenen Jahre. 

Sollte der Bodenverbrauch strenger reguliert werden?

Die Bundeshauptstadt Wien nimmt im Bundesländervergleich laut Pories eine Sonderstellung ein: 

"Als Großstadt hat Wien den geringsten Bodenverbrauch der Bundesländer, aber dafür einen besonders hohen Versiegelungsgrad. Daher braucht es groß angelegte Entsiegelungs-Programme in allen Bezirken, gerade angesichts der steigenden Hitzetage."

Landesregierungen werden zum Handeln aufgerufen

Der WWF-Sprecher verweist darauf, dass der Flächenfraß massive Folgen für Mensch und Natur nach sich ziehe. "Dennoch lassen die Bundesländer weiter Einkaufs- und Gewerbeparks auf der grünen Wiese zu – und das, obwohl tausende Hektar Leerstand ungenutzt bleiben und in vielen Gemeinden die Ortskerne veröden", kritisiert Pories.

Der WWF fordert die Landesregierungen daher auf, die jeweiligen Raumordnungsgesetze "massiv" nachzubessern und stärkeren Naturschutz zu verankern. Die Verantwortung für den Bodenschutz dürfe nach dem Scheitern der Bodenstrategie im Juni "nicht länger auf die jeweils andere politische Ebene geschoben werden."

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