Wann kommt die Pflegereform?
"Die Pflege-Helden der Corona-Krise benötigen mehr als Applaus"

Angesichts der demografischen Entwicklung wird die Zahl der zusätzlich benötigten Pflegekräfte bis ins Jahr 2030 auf 75.000 Personen geschätzt. Zuletzt waren in Österreich schon etwa 127.000 Menschen in der Pflege beschäftigt. „Die Personalfrage ist die Schlüsselfrage einer gelingenden Pflegereform“, betont Landau. „Wir brauchen ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die wachsende Zahl der pflegebedürftigen Menschen auch weiterhin gut pflegen und betreuen zu können.“
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  • Angesichts der demografischen Entwicklung wird die Zahl der zusätzlich benötigten Pflegekräfte bis ins Jahr 2030 auf 75.000 Personen geschätzt. Zuletzt waren in Österreich schon etwa 127.000 Menschen in der Pflege beschäftigt. „Die Personalfrage ist die Schlüsselfrage einer gelingenden Pflegereform“, betont Landau. „Wir brauchen ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die wachsende Zahl der pflegebedürftigen Menschen auch weiterhin gut pflegen und betreuen zu können.“
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Die Caritas fordert Lösungen für den Personalnotstand in der Pflege und verlangt eine Finanzierung sowie endlich das Schließen von Betreuungslücken in diesem Bereich. Caritas-Chef Michael Landau appelliert dabei an die Bundesregierung, die Pflegereform jetzt rasch weiter zu führen: "Es braucht jetzt nachhaltige Lösungen. Applaus und Sonderzüge sind nicht genug." Zuletzt waren in Österreich schon etwa 127.000 Menschen in der Pflege beschäftigt. Im Jahr 2030 werden dies 75.000 mehr sein. 

ÖSTERREICH. Mit der Corona-Krise kam die Pflege-Krise, und spätestens als die Grenzen im Osten dicht machten, war jedem in Österreich klar: Diese Land hat einen Pflegenotstand. Abhängig von ausländischen (Billig)-Pflegekräften beeilte sich die Politik, Sonderzüge  und Ausnahmeregelungen zu organisieren, um die dringend benötigten Rumäninnen, Bulgarinnen und andere Ausländer ins Land zu holen und einen vollständigen Kollaps der Betreuungssituation in Österreich zu vermeiden.  Mit der Aufhebung des Lock-Downs wurde es rasch wieder still um die unterbezahlten Helferinnen, man begnügte sich mit politischen Worten des Dankes und machte weiter wie bisher, kehrte die vor Augen geführte offensichtlichen Mangelsituation im Pflegebereich wie gehabt unter den Teppich.

"Pflege ist pflegebedürftig"

Nun erhöht die Caritas den Druck in Sachen anstehender Pflegereform. „Wie unter einem Brennglas hat die Corona-Krise die Stärken und Schwächen des bestehenden Pflegesystems offengelegt“, betonte Caritas Präsident Michael Landau am Donnerstag. Die vergangenen Monate hätten deutlich gemacht: Die Pflege selbst ist in einigen Bereichen nach Jahren schleppender Reformen pflegebedürftig geworden. „Fragen nach ausreichender Schutzausrüstung und Hygienemaßnahmen sind wichtig, doch sie dürfen uns jetzt nicht davon abhalten, die Pflege endlich auch für die Zeit nach Corona zukunftstauglich auszugestalten.“

„Wie unter einem Brennglas hat die Corona-Krise die Stärken und Schwächen des bestehenden Pflegesystems offengelegt“, betonte Caritas Präsident Michael Landau. | Foto: Caritas
  • „Wie unter einem Brennglas hat die Corona-Krise die Stärken und Schwächen des bestehenden Pflegesystems offengelegt“, betonte Caritas Präsident Michael Landau.
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Endlich mehr Personal statt Applaus

Im Fokus der von der Bundesregierung nun angekündigten Reform müsste aus Sicht der Caritas zu allererst die Personalfrage stehen. „Die Pflege ist systemrelevant. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben uns durch diese Krise getragen und benötigen mehr als Applaus. Wir schulden den Heldinnen und Helden der Corona-Krise nicht nur Dank und Anerkennung, sondern auch nachhaltige und längst versprochene Strukturreformen zur Attraktivierung ihres Arbeitsumfeldes“, so Landau. „Die Pflegereform, die im Sommer mit dem digitalen Beteiligungsprozess gestartet ist, muss jetzt zügig fortgesetzt werden, denn sonst drohen Langzeitschäden im Pflegebereich selbst. Wir müssen verhindern, dass die Pflege selbst zum Pflegefall wird.“

Ausbildungskosten abschaffen

Während die Zahl der pflegebedürftigen Personen in Österreich weiter steigt, rechnen Experten mit einem Rückgang von familiären Betreuungsressourcen. Nicht zuletzt auch angesichts der demografischen Entwicklung wird die Zahl der zusätzlich benötigten Pflegekräfte bis ins Jahr 2030 auf 75.000 Personen geschätzt. Zuletzt waren in Österreich schon etwa 127.000 Menschen in der Pflege beschäftigt. „Die Personalfrage ist die Schlüsselfrage einer gelingenden Pflegereform“, betont Landau. „Wir brauchen ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die wachsende Zahl der pflegebedürftigen Menschen auch weiterhin gut pflegen und betreuen zu können.“

Pflege muss mehr wert sein

Um dieses Ziel zu erreichen fordert die Caritas etwa eine Ausbildungs- und Jobgarantie für künftige Pflegekräfte, eine Abschaffung von Schulgeld und Studiengebühren, berufsbegleitende Ausbildungsformen und Möglichkeiten für BerufsumsteigerInnen. Auch beim Gehalt sieht Landau Handlungsbedarf: „Wir müssen uns als Gesellschaft insgesamt dafür einsetzen, dass die Pflege unserer Eltern das Ansehen und die Wertschätzung erhält, die sie verdient. Für eine solche Veränderung wird eine breite politische Debatte nötig sein. Für eine solche Debatte möchten wir werben. Denn diese Frage kann kein Pflegeträger im Alleingang lösen.“

Mehr Angebote in der mobilen Pflege

„Wir müssen vorhandene Betreuungslücken schließen. Mehrstündige Betreuungsformen würden die Lebensqualität Betroffener deutlich verbessern, Einsamkeit mindern und pflegende Angehörige entlasten“, so Landau. Es müsse das Motto gelten: Mobil vor stationär. „In Österreich sollte jeder Mensch die für sie oder ihn passende Form der Betreuung und Pflege erhalten können. Es braucht mehr Angebote in der mobilen Pflege sowie mehrstündige Unterstützungs- und Entlastungsdienste, mehr Kurzzeitpflege, Tageszentren und teilstationäre Einrichtungen“, so Landau.

Keine Pflegeroboter

Die fortschreitende Digitalisierung bringe hier durchaus auch Chancen mit sich: „Wenn wir in der Pflege von Digitalisierung sprechen, dann geht es nicht um Pflegeroboter. Denn der wichtigste Teil der Pflege wird auch künftig analog von Mensch zu Mensch stattfinden. Doch die Digitalisierung kann dazu führen, dass die MitarbeiterInnen mehr Zeit für die betroffenen Menschen haben anstatt mit Dokumentationsleistungen und Bürokratie beschäftigt zu sein.“

„Einheitliche Standards in ganz Österreich“

„Die Angebote in Betreuung und Pflege weisen in den einzelnen Bundesländern große Unterschiede in Sachen, Kosten, Leistungen, Verfügbarkeiten sowie Qualitätskriterien auf. Wir brauchen gleiche Standards bei gleichen Kosten vom Boden- bis zum Neusiedlersee. Die Betreuungsqualität darf nicht länger von der Postleitzahl abhängen“, bezieht sich Landau auf den Rechnungshofbericht vom Februar 2020 und schließt sich der Empfehlung des Rechnungshofes an, ein nachhaltiges Finanzierungssystem zu entwickeln: „Es braucht eine langfristige und vorausplanende Finanzierung, die berücksichtigt, dass alternde Gesellschaften besondere Anforderungen an eine öffentliche Ausgabenstruktur haben.“

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