1,3 Mrd. € Verlust
Mütter sind die Verliererinnen der Corona-Schließungen

Frauen reduzierten Arbeitszeit während
Corona-Schließungen stärker als
Männer, | Foto: Pixabay
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    Corona-Schließungen stärker als
    Männer,
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Lockdown, das ganz Land kämpft gegen die Corona-Pandemie. Das ganze Land? Ein paar wohl mehr als andere, wie eine aktuelle Studie beweist: Denn am meisten kostete es die Mütter hierzulande, sie verlieren durch die Schulschließungen ganze 1,3 Mrd. Euro an Lebenseinkommen. Männer hingegen beinahe nichts. Und das Problem verschäft sich mit einer drohenden zweiten Corona-Welle im Herbst.

ÖSTERRREICH.  Karin L. hat zwei Kinder, ihr jüngster Sohn geht noch zur Volksschule. Als die Schulschließungen im März erfolgten, reduzierte sie ihre Arbeitszeit, um ihre Kinder betreuen zu können. 20 Stunden Arbeit bedeutet auch nur mehr die Hälfte des Gehalts, also deutlich weniger Geld in der Haushaltskassa und am Pensionskonto. Warum sie das gemacht habe? "Was hätte ich sonst machen sollen? Ich musste mich um das Homeschooling kümmern, musste zuhause mit den Kindern lernen, mein Sohn ging in die vierte Klasse und ich musste ihn unterstützen, damit er den Sprung ins Gymnasium schafft." Natürlich tun Karin die finanziellen Einbußen weh, aber eine alternative Lösung gab es nicht. Sonderbetreuungszeiten sind kein Thema. Nicht in ihrer Firma. Bis heute nicht. Nun hat sie Angst vor einer Kündigung. "Was soll ich tun, wenn sie die Schulen im Herbst erneut schließen?"

Noch immer müssen die Mütter zuhause bleiben

So wie Karin geht es den meisten Müttern in Österreich. Laut Momentum Studie reduzierten jene 253.000 in Österreich erwerbstätigen Frauen mit Kindern bis 14 Jahren heuer ihre Wochenarbeitszeit um durchschnittlich 9,6 Stunden. “Zumeist sind es Frauen, die für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben und ihre Arbeitszeit verringern”, betont Ökonomin und Studienautorin Anna Hehenberger.

Schulschließungen: 1,3 Mrd. Euro weniger für Mütter

Laut Studie verlieren berufstätigen Müttern die CoV-bedingten Schließungen von Schulen und Kindergärten 1,3 Mrd. Euro an Lebenseinkommen. Zudem vergrößern Sie den Gender-Pay-Gap zwischen Müttern und Vätern. Das zeigt eine neue Analyse des Momentum Instituts.

Lebenseinkommen von Müttern sinkt um 5.100 Euro

Die Experten errechneten, dass Mütter bis Ende dieses Jahres rund 1,1 Mrd. Euro oder 4.400 Euro pro Kopf an Einkommen verlieren. Darin sind schon die sinkenden Pension eingerechnet, denn das Lebenseinkommen verringert sich um insgesamt 1,3 Mrd. Euro oder 5.100 Euro pro Frau.  Im Vergleich dazu  kommen die Papas echt billig davon:  Bei berufstätigen Vätern sind es “lediglich” 2.500 Euro pro Kopf oder kumuliert knapp 500 Mio. Euro. Bereits vor Corona belief sich der Unterschied beim Lebenseinkommen zwischen Müttern und Vätern auf durchschnittlich 326.000 Euro.

Rechtsanspruch auf Sonderbetreuung vor zweiten Welle

“Wir brauchen deshalb einen Rechtsanspruch auf bezahlte Sonderbetreuungszeit”, fordert Hehenberger. Dafür müsse den ArbeitgeberInnen 90% des Lohns von der öffentlichen Hand ersetzt werden. Denn, so Ökonomin Hehenberger: “Auch bei regionalen Schulschließungen im Herbst können wir die berufstätigen Eltern nicht noch einmal wie während des Lockdowns im Stich lassen.”
Denn Mütter müssen mit einer noch stärkeren Auswirkungen einer Arbeitszeitreduktion zur Erfüllung
von Kinderbetreuungspflichten auf ihr Lebenseinkommen rechnen. Neben dem bereits oben erwähnten zukünftigen Einkommensverlust durch niedrigere Pensionsversicherungsbeiträge, verweisen Studien immer wieder auf andere Faktoren wie die Schwierigkeit für Mütter, in berufliche
soziale Netzwerke Eingang zu finden. Dabei sind diese Netzwerke oft kritisch für das berufliche Vorankommen. Des Weiteren sind auch Unternehmenskulturen, die auf Überstunden und
Präsenz aufbauen, Grund für eine direkte Diskriminierung von Menschen mit Betreuungspflichten
– und damit überproportinal Frauen - in puncto Beförderung (Costa Dias 2018; Jones 2019).

Mütter werden nicht befördert

Demnach werden Mütter viel weniger häufig befördert als Nicht-Mütter und Männer, weil sie sich
um ihre Kinder kümmern. Die aktuelle Situation, in der wieder Mütter einspringen, verfestigt die Vorurteile gegenüber arbeitenden Müttern und ihrer Leistungsfähigkeit bzw. schmälert ihre Möglichkeit, sich so aktiv wie KollegInnen einzubringen, um Karriere zu machen. Eine Ausweitung der Möglichkeit, Sonderbetreuungszeit in Anspruch zu nehmen, reicht also nicht. Erwerbstätige Eltern müssen auch einen Rechtsanspruch für die Sonderbetreuungszeit erlangen. Gleichzeitig muss Unternehmen mehr als ein Drittel des ArbeitnehmerInnenentgelts erstattet werden – das Momentum Institut empfiehlt 90 %.

Sonderbetreuungszeit wurde fast nie gewährt

Zwar gab es bis Ende Mai die Möglichkeit eine Sonderbetreuungszeit zu beantragen – ein fehlender Rechtsanspruch und die Erstattung von lediglich einem Drittel der Lohnkosten machten diese Option jedoch stark vom Willen der ArbeitgeberInnen abhängig. Noch nicht einmal Urlaub wurde oft genehmigt: So gaben sogar 10 Prozent der Eltern an, während der Schulschließungen nicht einmal normalen Urlaub für Kinderbetreuungszwecke genehmigt bekommen zu haben (SORA im Auftrag des Momentum Instituts 2020). 

Von 400.000 Eltern nur 4.000 auf Sonderbetreuung

Die Möglichkeit einer dreiwöchigen Sonderbetreuungszeit für Arbeitnehmer die Kinder bis 14 Jahre haben wurde bis Ende September dieses Jahres ausgeweitet. Dich Voraussetzung bleibt noch immer das Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Gesamtzahl der Anspruchnehmer der Sonderbetreuungszeit (4.900) verglichen mit der Anzahl der betroffenen Eltern (über 390.000 Paare und über 41.000 AlleinerzieherInnen) wirkt sehr niedrig.  Während Eltern die Sonderbetreuungszeit also stark brauchen würden, wird sie in nur wenigen Fällen tatsächlich auch in Anspruch genommen. Bei einer Inanspruchnahme zeigt sich, dass es wieder die Frauen sind, die Betreuungspflichten wahrnehmen, wenn die herkömmlichen Betreuungsmöglichkeiten wegfallen.

Quelle: Momentum

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