Sommerinterview
Gudrun Kugler über Ukraine, Vertrauen und Sky Shield

Kugler bei der OSZE.  | Foto: Kugler
5Bilder
  • Kugler bei der OSZE.
  • Foto: Kugler
  • hochgeladen von David Hofer

Es sind turbulente Zeiten auch in Europa. Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler ist Österreichs Vertreterin bei der OSZE. Dort spaltete zuletzt die Einladung der russischen Deleagtion die Gemüter. Darüber und über den anstehenden Nationalratswahlkampf hat sie mit der BezirksZeitung gesprochen.

ÖSTERREICH. Die Donaustädter Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler (ÖVP) ist für Österreich in der OSZE im Einsatz. Im Sommergespräch mit der BezirksZeitung hat Kugler einen Einblick in die zuletzt aufgekommenen Spannungen rund um die Einladung der russischen Delegationen und einen Ausblick auf die kommenden Nationalratswahlen gegeben. 

Frau Kugler, Sie sind für Österreich bei der OSZE im Einsatz. Bei der Sitzung in Österreich kam es zu heftigen Debatten, warum Russland nicht ausgeladen wurde. Wie stehen Sie zu dieser Entscheidung?
GUDRUN KUGLER: Österreich hat als OSZE-Gastgeberland die völkerrechtliche Verpflichtung, alle Mitglieder der parlamentarischen Versammlung einreisen zu lassen. Die Hauptaufgabe der OSZE ist es, als Dialogplattform zu Sicherheit und Zusammenarbeit – insbesondere zwischen Ost und West – beizutragen. In der Geschichte der OSZE war es oft schwierig, mit Russland bzw. der Sowjetunion zusammenzuarbeiten. Wir dürfen die Tür der Diplomatie nicht zuschlagen! Für mich persönlich war es aber sehr schmerzhaft, von der russischen Delegation direkt zu hören, wie sie die Ukraine mit Hitler verglich und von einer notwendigen „Entnazifizierung“ sprach. Uns alle nannten sie „Feinde Russlands“- das ist eine Rhetorik, die Angst macht.

Die OSZE-Tagung im Schatten des russischen Überfalls auf die Ukraine. | Foto: NR.Abg. Gudrun Kugler
  • Die OSZE-Tagung im Schatten des russischen Überfalls auf die Ukraine.
  • Foto: NR.Abg. Gudrun Kugler
  • hochgeladen von David Hofer

Gibt es diesbezüglich noch Spannungen mit den baltischen Staaten, Polen und der Ukraine?
Wir werden vielleicht nicht gänzlich dafür verstanden, aber das sind weder die einzigen noch unüberbrückbare Unterschiede.

In der Ukraine selbst tobt weiter der Krieg. Wie soll und kann dieser Schrecken enden?
Nach 17 Monaten brutalem Angriffskrieg sind unsere Solidarität mit der Ukraine und die EU-Einigkeit ungebrochen und die Abstimmung mit den USA und anderen westlichen Partnern eng. Wir stehen an der Seite der Ukraine und somit an der Seite des Völkerrechts. Diese Unterstützung ist auch der beste Weg, damit es irgendwann zu Friedensgesprächen kommt. Dafür setzen wir uns mit Nachdruck ein. Beide Seiten müssten aber für Verhandlungen bereit sein – und es scheint leider, dass sie das noch nicht sind.

Österreich hat zuletzt sein Interesse an Sky Shield bestätigt. Viele sehen darin ein Abweichen von der Neutralität. Wie bewerten Sie diese Debatte?

Sky Shield ist keine Militärallianz mit fremden Stützpunkten auf österreichischem Boden sondern die Beteiligung an einem Schutzschirm zur Gefahrenabwehr. Die Bedrohungslage in Europa hat sich verschärft. Wir müssen Vorsorge treffen, um unser Land vor der Gefahr von Drohnen- und Raketenangriffen zu schützen. Das stellt unsere Neutralität nicht in Frage.
Wir alle – auch die Opposition – brauchen einen realistischen Blick auf aktuelle Gefahren. Wir sind froh, dass wir hier ein gutes Instrument gefunden haben.

Sicherheitsfragen haben in Europa wieder mehr an Gewicht gewonnen.  | Foto: Kugler
  • Sicherheitsfragen haben in Europa wieder mehr an Gewicht gewonnen.
  • Foto: Kugler
  • hochgeladen von David Hofer

Wenn wir uns dann Österreich zuwenden, geht der Fokus allmählich schon auf die nächsten Nationalratswahlen. Die politische Landschaft war in den vergangenen Jahren von einigen Skandalen gezeichnet. Glauben Sie, die Menschen sind dadurch von den politischen Parteien enttäuscht?
Parteipolitisch-motivierte Attacken geben den Menschen das Gefühl, dass alles schlecht und jeder böse ist. Sie nähern sich dann politischen Rändern – links und rechts. Die Menschen in Österreich erwarten sich von der Regierung zurecht, dass sie wirksam und kompetent arbeitet und Lösungen für Probleme findet. In den letzten Jahren stand die Krisenbewältigung im Vordergrund - von Corona über den Krieg in der Ukraine bis hin zur Teuerung. Trotz aller Schwierigkeiten ist viel weitergegangen, was man auch daran bemerkt, dass viele düstere Prognosen – von einem Insolvenz-Tsunami bis zu einem Winter ohne Heizung - nicht eingetreten sind. Nobody is perfect, und in Krisen passieren verständlicherweise auch Fehler. Doch der Weg der Vernunft und der Mitte erweist sich schlussendlich immer wieder als der richtige.

Wie lautet aber das Mittel, um entstandener Enttäuschung entgegenzuwirken?
Einerseits ist es wichtig, noch viel ehrlicher und ausführlicher zu kommunizieren. Da traditionelle und neue Medien verkürzen und zuspitzen, müssen wir den direkten Kontakt mit den Menschen stärker suchen. Wir müssen aufklären, Argumente bringen und vor allem zuhören, was die Leute besonders beschäftigt. Gleichzeitig müssen wir große und schwierige Zukunftsthemen angehen – ohne nur auf die nächsten Wahlen zu schielen.

Inzwischen aber geht es vorerst in die zweite Jahreshälfte. Was steht bei Ihnen da vor allem noch auf dem Programm?
Für die ganze Regierung steht natürlich die Bekämpfung der Teuerung sowie die Sicherheitslage in Europa im Vordergrund. Dazu kommt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Region angesichts der deutlich höheren Energiepreise. Ich werde im Herbst außerdem einen Fokus auf den Umgang mit künstlicher Intelligenz legen. Die Förderung von Kindern und der Familie ist ein roter Faden in meiner politischen Tätigkeit.

Das neue Parlament ist schon auf Interesse gestoßen. Sie selbst führen immer wieder Gruppen durch das Gebäude. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gesammelt?

Mittlerweile konnte ich in über 80 Führungen über 2000 Menschen das renovierte Parlamentsgebäude zeigen. Mein Jüngster ist mit seinen 9 Jahren wohl der Österreicher mit den meisten Besuchertickets. Für jede Gruppe nehme ich mir zusätzlich eine Stunde Zeit, um die Fragen, Gedanken und Kritik der Besucherinnen und Besucher zu hören. Für meine politische Arbeit ist das schön und wichtig, weil es meinen Blick auf das Wesentliche lenkt. Das Gebäude ist unser Lehrmeister: Die historische Bedeutung unserer parlamentarischen Arbeit wird offensichtlicher als im Übergangsgebäude. Und die Symbolik des Hauses erinnert uns an jeder Ecke an die Notwendigkeit, langfristig zu denken und umsichtig zu entscheiden. Wir sollten die im Gebäude dargestellten klassischen Tugenden wie Gerechtigkeit, Mut oder „die Leidenschaften zähmen“ nicht belächeln, sondern als Zielvorgabe ernst nehmen. Immer mit Blick auf das Gemeinwohl und den gesellschaftlichen Frieden.

Das könnte dich auch interessieren: 

"Rhetorik, die vielen Angst macht"
Täter sperren Hotelzimmer bis zur Kaution
Klimaaktivisten blockierten die Brenner-Autobahn

1 Kommentar

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.