Treffen mit Van der Bellen
Herbert Kickl will als Kanzler regieren

- Bundespräsident Alexander Van der Bellen und FPÖ-Chef Herbert Kickl trafen sich am Freitag für ein persönliches Gespräch in der Präsidentschaftskanzlei in Wien.
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Bereits am Wahlsonntag kündigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen an, Gespräche mit allen Vorsitzenden der Parlamentsparteien zu führen. Den Anfang machte am Freitag der Wahlsieger und FPÖ-Chef Herbert Kickl. Nachdem sich zunächst weder die Freiheitlichen noch die Präsidentschaftskanzlei zu dem Treffen geäußert hatten, meldete sich Kickl am Samstag mit einer persönlichen Stellungnahme zu Wort.
von Maximilian Karner und Marlene Graupner
ÖSTERREICH. Noch am Mittwoch versuchte der FPÖ-Chef vor Medienvertretern, seine Gemeinsamkeiten mit Van der Bellen hervorzuheben. So seien ihm Demokratie, Menschen- sowie Grund- und Freiheitsrechte ebenso wichtig wie dem Staatsoberhaupt. Da das angespannte Verhältnis zwischen Van der Bellen und Kickl jedoch kein Geheimnis ist, wurde der Termin in der Präsidentschaftskanzlei mit Spannung erwartet.
Schlussendlich herrschte nach dem Gespräch jedoch beidseitiges Schweigen. Während Kickl eine Stellungnahme am Samstag ankündigte, erklärte die Präsidentschaftskanzlei, dass sich Van der Bellen erst nach seinen Treffen mit den restlichen Parteichefs zu Wort melden werde. Unklar blieb damit weiterhin, ob das Staatsoberhaupt Kickl mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Bisher war es in Österreich zwar üblich, dass der Bundespräsident dem Wahlsieger diesen Auftrag zukommen lässt, verfassungsmäßig ist das aber nicht festgelegt.
Neue politische Landkarte
Am Samstagvormittag äußerte sich FPÖ-Chef Kickl schließlich im Rahmen einer Pressekonferenz zu seinem Gespräch mit Van der Bellen. Er begann mit einem Dank an die Österreicherinnen und Österreicher und betonte, dass die FPÖ erstmals zur stärksten politischen Kraft des Landes gewählt wurde. Mehr als 1,4 Millionen Menschen hätten die Freiheitliche Partei unterstützt, was für ihn ein „klares und unmissverständliches“ Votum für seine Partei sei. Dieses Wahlergebnis sei ein eindeutiger Auftrag, Österreich in eine positive Zukunft zu führen, voller „Optimismus, Zuversicht, Sicherheit und Chancen.“

- Die FPÖ feiert ihren historischen Wahlsieg.
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Kickl hob hervor, dass die Wählerinnen und Wähler mit ihrem Stimmverhalten nicht nur die politischen Handlungen der letzten Jahre bewertet, sondern auch Hoffnungen und Erwartungen für die kommenden fünf Jahre zum Ausdruck gebracht hätten. Er sah darin eine klare Verschiebung des Vertrauens und Misstrauens, die sich auch in der geänderten politischen Landkarte Österreichs widerspiegele. Er betonte die Bedeutung des Wahlergebnisses als Auftrag für eine starke, patriotische Regierung und sprach von der Verantwortung, die kommende Regierung anzuführen.
Im weiteren Verlauf seiner Rede kritisierte Kickl das Verhalten anderer Parteien nach der Wahl. Er sprach von „bizarren und wirklichkeitsfremden Reaktionen“ und bemängelte, dass einige Politiker trotz historischer Wahlniederlagen so aufgetreten seien, als hätten sie einen großen Triumph gefeiert. Für Kickl war dies ein Zeichen für mangelnde Einsicht und Demut. Er appellierte an die unterlegenen Parteien, die Realität des Wahlergebnisses anzuerkennen und Einsicht statt Sturheit walten zu lassen.
"Wir brauchen einen Partner"
Weiters sprach er über die großen Herausforderungen, vor denen Österreich stehe, wie steigende Schulden, eine drohende Rezession, illegale Zuwanderung und ein angeschlagenes Gesundheits- und Pflegesystem. Kickl zeigte sich entschlossen, diese Probleme gemeinsam mit einem stabilen Koalitionspartner anzugehen: "Eines ist klar, alleine werden wir das nicht können. Wir brauchen einen Partner dafür". Allerdings betonte er, dass es einen Partner brauche, der Stabilität und breite thematische Übereinstimmung garantiere.
In einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe er seine Position dargelegt, dass die FPÖ die nächste Regierung anführen wolle, und betont, dass er eine Koalition der Verlierer für ein "ganz fatales Signal" an die Wählerinnen und Wähler halte. Eine solche Konstellation wäre ein „Schlag ins Gesicht des Souveräns“, der sich klar für die Freiheitlichen ausgesprochen habe. Zudem macht er deutlich, dass er selbst als Bundeskanzler regieren will. "Der Bundespräsident weiß jetzt auch aus erster Hand, dass wir als FPÖ die kommende Regierung anführen wollen. Mit mir als unserem freiheitlichen Spitzenkandidaten an der Spitze als Bundeskanzler."

- FPÖ-Chef Herbert Kickl will die kommende Regierung anführen – mit ihm als Kanzler.
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Abschließend erklärte der Bundesparteiobmann, dass die FPÖ bereit sei, Österreich mit „ruhiger und sicherer Hand“ zu führen und die Kluft zwischen Bevölkerung und Regierung zu verkleinern, um Klarheit, Verlässlichkeit, Stabilität und Optimismus zu schaffen.
Van der Bellen geht "mit nötiger Ruhe" in die Gespräche
Nachdem Van der Bellen am Mittwoch die bestehende Regierung offiziell entlassen und anschließend mit der Fortführung der Verwaltung beauftragt hatte, prophezeite er, dass die Bildung einer neuen Regierung eine Herausforderung darstellen werde. Er appellierte daher an die Parteien, sich dafür Zeit zunehmen, um miteinander zu sprechen und zueinanderzufinden. Dieser Prozess werde Zeit brauchen, wobei diese "gut investiert" sei. Das Staatsoberhaupt kündigte an, dass er "mit der nötigen Ruhe und der nötigen Tiefe" in seine persönlichen Gespräche mit den Parteichefs gehen werde.
Nach dem Gespräch mit Kickl stehen für Bundespräsident Van der Bellen noch vier weitere Termine mit den Chefs der Parlamentsparteien an. Am kommenden Montag empfängt das Staatsoberhaupt zunächst den Noch-Bundeskanzler und Chef der ÖVP, Karl Nehammer (10.30 Uhr), anschließend ist SPÖ-Parteiobmann Andreas Babler (13.30 Uhr) in die Präsidentschaftskanzlei geladen. Am Dienstag folgen die Gespräche mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger (10.30 Uhr) und dem derzeitigen Vize-Kanzler und Bundessprecher der Grünen Werner Kogler (13.30 Uhr).
Mögliche Koalitionsvarianten
Wie vom Bundespräsidenten prognostiziert, wird die Bildung einer neuen Bundesregierung wohl einige Zeit in Anspruch nehmen. Schließlich ist aufgrund der Mandatsverteilung im neuen Nationalrat lediglich eine Zweierkoalition mit der FPÖ wahrscheinlich. Ein potenzieller Partner bietet sich den Freiheitlichen allerdings bisher nicht an: Die SPÖ schließt eine Zusammenarbeit mit der FPÖ kategorisch aus; die ÖVP unter ihrem Vorsitzenden Nehammer erteilte zumindest einer Koalition mit Herbert Kickl eine Absage.
In der Theorie könnten ÖVP und SPÖ auch eine klassische "Große Koalition" wieder aufleben lassen, da sie zusammen auf eine Mehrheit von 92 Mandaten im Nationalrat kommen. In der Praxis dürfte ein solches Szenario aber äußerst unwahrscheinlich sein, da diese Variante aufgrund der haarscharfen Mehrheit kaum abgesichert wäre: Sobald ein Abgeordneter der ÖVP bzw. SPÖ in einer Sitzung fehlen würde, hätten die beiden Parteien keine Mehrheit mehr und könnt daher alleine auch keine Gesetze beschließen. Wahrscheinlicher wäre somit eine Dreiervariante aus ÖVP, SPÖ und den NEOS bzw. Grünen. Sowohl mit den Pinken (zusammen 110 Mandate) als auch mit den Grünen (108 Sitze) gebe es eine klare Mehrheit im Hohen Haus.
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