Populismus als Strategie
ÖVP, FPÖ, SPÖ trotzen Kritik Van der Bellens

- Van der Bellen kritisierte die sprachliche Ausgrenzung in der Politik und mahnte zu mehr inhaltlicher Sacharbeit.
- Foto: DIETMAR STIPLOVSEK / APA / picturedesk.com
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Bezeichnungen wie "die Normaldenkenden", "das Volk" und "unsere Leute" werden in der politischen Debatte aktuell oft bemüht. Der Bundespräsident kritisierte diese Form der sprachlichen Ausgrenzung und mahnte zu mehr inhaltlicher Sacharbeit. Bei ÖVP, FPÖ und SPÖ stieß das offenbar auf taube Ohren.
ÖSTERREICH. Ins Rollen gebracht hatte die Debatte um ausgrenzende Rhetorik Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler. Ihm stieß sauer auf, dass Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zuletzt häufig damit argumentierte, "die große Mehrheit der Normaldenkenden" zu vertreten – etwa beim Klimaschutz oder beim Gendern. Gegenüber dem "profil" nannte er die bemühten Bezüge "brandgefährlich" und "präfaschistoid". Die ÖVP warf Kogler daraufhin "moralische Erhabenheit" vor und forderte eine Entschuldigung.
"Die Normaldenkenden", "das Volk" und "unsere Leute"
Während die innenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsparteien ihren weiteren Lauf nahm, meldete sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu Wort. Bei seiner Eröffnungsrede zu den Bregenzer Festspiele warnte er vor ausgrenzender und populistischer Rhetorik – Sprache dürfe nicht trennen, betonte Van der Bellen.
Damit spielte er nicht nur auf den Disput zwischen ÖVP und Grünen um "die Normaldenkenden" an. Das Staatsoberhaupt kritisierte auch die Begriffe "das Volk", oftmals von der FPÖ für sich reklamiert, sowie "unsere Leute", zuletzt immer wieder von der SPÖ bemüht.
ÖVP, SPÖ und FPÖ reagieren mit Trotz
Obwohl Van der Bellen in seiner Rede keine Parteien nannte, fühlten sich vor allem ÖVP, SPÖ und FPÖ von der Kritik angesprochen. Sie alle zeigten sich mehr oder minder uneinsichtig und rückten zur Verteidigung aus: Mikl-Leitner ortete in einer Stellungnahme eine "seltsame Entwicklung" sowie einen "Ablenkungskampf". Für Verwunderung sorgte die Rechtfertigung von ÖVP-Kanzler Karl Nehammer, der plakativ meinte: "Es muss erlaubt sein, weiterhin Schnitzel zu essen." In einem am Freitag veröffentlichten Video legte der Kanzler dann nochmals nach.
Auch SPÖ-Chef Andreas Babler wies die Kritik des Staatsoberhaupts von sich: "Die Spaltung der Gesellschaft passiert nicht in der Sprache", schrieb er auf Twitter. Erwartungsgemäß und in gewohnter Schärfe gegenüber Van der Bellen reagierte ebenso die FPÖ. So legte der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker dem Bundespräsidenten via Aussendung gar den Rücktritt nahe.
Ausgrenzung als politische Strategie
"Manche politischen Akteure, so scheint es, haben die Hoffnung verloren, dass man mit sachbezogenen Argumenten und inhaltlichen Konzepten durchkommt", bedauerte Van der Bellen in seiner Rede gegen den Populismus. Wenige Tage später muss der Bundespräsident mit Ernüchterung feststellen, dass seine mahnenden Worte vornehmlich auf taube Ohren gestoßen sind. Die Mehrheit der österreichischen Parteien glaubt offenbar daran, in der sprachlichen Aus- und Abgrenzung eine erfolgversprechende Strategie gefunden zu haben.
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