Kritik an neuem Maßnahmenpaket
"Regierung holt kein Kind aus der Armut"

Oppositionsparteien und Sozialpartner beklagen das Fehlen struktureller Maßnahmen gegen die Armut in Österreich. | Foto: Shutterstock/Ralf Geithe
3Bilder
  • Oppositionsparteien und Sozialpartner beklagen das Fehlen struktureller Maßnahmen gegen die Armut in Österreich.
  • Foto: Shutterstock/Ralf Geithe
  • hochgeladen von Dominique Rohr

Die Bundesregierung präsentierte am Mittwoch ein Maßnahmenpaket für finanziell schwächer gestellte Menschen. Die Reaktionen fielen durchwachsen aus. Grundsätzlich wird das Paket zwar begrüßt, Oppositionsparteien und Sozialpartner beklagen jedoch das Fehlen struktureller Maßnahmen gegen die Armut in Österreich. Ihnen gehen die angekündigten Maßnahmen nicht weit genug. Die Rede ist vom "Tropfen auf den heißen Stein" oder einem "kleinen Pflaster für eine große Wunde".

ÖSTERREICH. Von den neuen Maßnahmen sollen vor allem Alleinerzieherinnen und -erzieher sowie Familien mit Kindern profitieren. Aber auch finanziell schlechter gestellte Menschen, die keine Kinder haben, erhalten bis Ende des Jahres einen monatlichen Zuschuss. Diese drei Säulen umfasst das Paket:

  • Familien mit Kindern, die Sozialhilfe, Notstandshilfe, Ausgleichszulage oder Arbeitslosengeld beziehen, erhalten bis Ende 2024 60 Euro pro Monat und Kind
  • Alle Sozialhilfebeziehende sollen bis Ende des Jahres den Zuschuss von monatlich 60 Euro erhalten. Sind Kinder im Haus, bekommen sie weitere 60 Euro pro Kopf.
  • Zudem soll das Schulstartpaket "Schulstartklar" erhöht werden. Dieses wird von 120 auf 300 Euro aufgestockt. Die erste Hälfte der Sonderzahlung soll zum Schulstart im Herbst ausbezahlt werden. Die restlichen 150 Euro werden zum Semesterstart im Februar zugestellt.

Insgesamt 500 Millionen Euro nimmt die Regierung für das neueste Maßnahmenpaket gegen (Kinder-)Armut in die Hand. Die Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) verwies am Mittwoch darauf, dass davon 400.000 Kinder profitieren würden. Zudem würden 200.000 Erwachsene unterstützt. Das Paket sei ein wesentlicher Schritt in der Armutsbekämpfung, so die Ministerin.

SPÖ: "Regierung holt kein Kind aus der Armut"

Anders sieht das SPÖ. Sie wirft der Regierung vor, nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Die Sonderzahlungen würden keinen einzigen Preis senken, beklagt SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer am Mittwoch in einer Aussendung. "Damit wird die Regierung kein Kind aus der Armut holen", ist sich die Sozialdemokratin sicher.

Laut Wimmer braucht es keine "Almosen-Zahlungen", sondern strukturelle Veränderungen, um die Kinderarmut in Österreich nachhaltig zu beenden. Sie fordert eine Kindergrundsicherung sowie einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Bildungsplatz.

FPÖ: "Kein Grund zum Jubeln"

Auch NEOS beklagen das Fehlen einer strukturellen Reform. Durch eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer wäre Alleinerzieherinnen und -erziehern geholfen, heißt es in einer schriftlichen Aussendung. Dass die Regierung diesmal die Gießkanne nicht ausgepackt habe, sei aber zu begrüßen, kommentiert NEOS-Familiensprecher Michael Bernhard das vorgestellte Paket.

"Keinen Grund zum Jubeln" gibt es für FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Sie kritisiert via Aussendung, dass auf den Mittelstand "völlig vergessen" wird. Zudem seien 60 Euro im Monat nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein". Drittens gebe es keine Garantie, dass der Zuschuss auch tatsächlich bei den Kindern ankomme, weil Eltern das Geld womöglich für sich selbst ausgeben würden. Sachleistungen hätten die Treffsicherheit erhöht, betont die freiheitliche Abgeordnete. 

Gewerkschaft: "Gut, aber Wesentliches fehlt"

Als ein "kleines Pflaster auf eine großer Wunde" bezeichnet Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl das Maßnahmenpaket. Es sei jedoch gut, "dass die Regierung hier in die Gänge kommt". Einen Aktionsplan gegen Kinderarmut und neue Sozialhilfe ersetze das Paket jedoch nicht, so die AK-Präsidentin.   

Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) begrüßt grundsätzlich die Maßnahmen gegen die Armut – Wesentliches fehle jedoch, so Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende. "Der Familienzuschlag für Arbeitslose ist seit Ewigkeiten nicht valorisiert worden. Zudem muss das Arbeitslosengeld dringend auf 70 Prozent der Nettoersatzrate erhöht werden. Hier braucht es dringend Absicherung gegen Armut", so Schumann.

Das könnte dich auch interessieren:

60 Euro Zuschuss für finanziell Schwächere
Sozialstaat schützt 946.000 Menschen vor Armut
Größere Armutsgefahr für alleinerziehende Mütter
Über 200.000 Menschen konnten 2022 wichtige Ausgaben nicht leisten

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.