Sachwalterschaft: Die neuen Modelle im Überblick

Laut Justizminister Wolfgang Brandstetter hat das Erwachsenenschutzgesetz zum Ziel, betroffenen Menschen trotz ihrer Beeinträchtigung ein "Höchstmaß an Selbstbestimmtheit zu belassen." | Foto: Jentzen
  • Laut Justizminister Wolfgang Brandstetter hat das Erwachsenenschutzgesetz zum Ziel, betroffenen Menschen trotz ihrer Beeinträchtigung ein "Höchstmaß an Selbstbestimmtheit zu belassen."
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ÖSTERREICH. In knapp einem Jahr, am 1. Juli 2018, tritt das sogenannte Erwachsenenschutzgesetz in Kraft. Dieses neue Gesetz löst die bisherige Sachwalterschaft ab. "Damit wird das System der Rechtsfürsorge für schutzbedürftige Erwachsene reformiert", sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter im Gespräch mit den Regionalmedien Austria.

Ziel ist es laut Brandstetter, den betroffenen Menschen trotz ihrer Beeinträchtigung ein "Höchstmaß an Selbstbestimmtheit zu belassen." Betroffen vom neuen Gesetz sind rund 60.000 Personen, deren Angehörige bzw. ihre Sachwalter.

Erwachsenenschutzgesetz: Die wichtigsten Punkte

  • Bei dem Gesetz geht es wie bisher um den Rechtsschutz von erwachsenen Menschen mit Beeinträchtigung der Willensbildung und Entscheidungsfähigkeit. Also nicht um Menschen rein mit körperlichen Einschränkungen.
  • Die Sachwalter heißen ab 1. Juli 2018 Erwachsenenvertreter. Die Sachwaltervereine werden in Erwachsenenschutzvereine umbenannt.
  • Die Erwachsenenvertreter werden wie bisher vom zuständigen Bezirksgericht bestellt.
  • Die Anwendungsgebiete bleiben unverändert. Es geht etwa um Vertretung bei Geldangelegenheiten, im Spital gegenüber Ärzten, bei Operationsentscheidungen, bei Behörden und Gerichten.
  • Bisher erfolgte die Bestellung eines Sachwalters nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip. Sprich: Entweder war die Entscheidungsfähigkeit einer betroffenen Person noch voll gegeben oder eben überhaupt nicht. In diesem Fall war die betroffene Person völlig rechtlos. Das neue System räumt damit auf. Jetzt, so Brandstetter, gibt es entsprechend dem Ausmaß der Beeinträchtigung vier Abstufungen.

Modell 1: Die Vorsorgevollmacht

Die gibt es schon bisher. Hier kann man im Vorhinein eine Vertrauensperson (Angehörige, Freunde, Nachbarn) bestimmen, die einen für den Fall des Falles (etwa bei eintretender Altersdemenz) vertritt.

Die Vollmacht muss beim Notar, Rechtsanwalt oder beim Erwachsenenschutzverein verfasst werden. Die Vollmacht gilt unbefristet.

Die Vertrauensperson ist aber kein Sachwalter bzw. kein Erwachsenenvertreter. Sprich: Vertrauenspersonen müssen ihre Entscheidungen, die ihre Schützlinge betreffen, nicht vom Gericht absegnen lassen (außer im Streitfall bei medizinischer Behandlung). Und sie müssen auch keine Angaben über die Ein- und Ausgaben, die ihre Pflegebefohlenen betreffen, vorweisen.

Modell 2: Gewählte Erwachsenenvertretung

Dieser Punkt ist völlig neu. Hier kann man für sich zeitlich unbefristet einen Erwachsenenvertreter bestimmen, wenn man teilweise eingeschränkt ist. Gewählt werden können, wie Brandstetter erläutert, Angehörige, Freunde oder andere nahestehende Personen.

Bei diesem Modell kontrolliert das Gericht jährlich die Lebensumstände sowie die finanzielle Situation der betroffenen Person.

Modell 3: Gesetzliche Erwachsenenvertretung

Sie entspricht der bereits jetzt möglichen Vertretung durch nächste Angehörige. "Wobei anders als bisher in Zukunft dazu auch Geschwister, Neffen und Nichten gezählt werden", so Brandstetter.

Diese Form der Vertretung ist für Personen gedacht, die ihre Vertretung nicht mehr selbst wählen können. Die Vertretung muss alle drei Jahre bestätigt werden.

Modell 4: Gerichtliche Erwachsenenvertretung

Sie entspricht der bisherigen Sachwalterschaft. Also mit gerichtlicher Bestellung und jährlichem Bericht über Lebenslage und Finanzen der Betroffenen. Künftig muss diese Form der Vertretung aber alle drei Jahre bestätigt werden und die Anwendungsgebiete sollen nicht automatisch alle rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten umfassen.

Informieren Sie sich schon jetzt

Auch wenn der 1. Juli 2018 noch weit weg erscheint, so rät Brandstetter den betroffenen Familien, sich schon jetzt zu informieren. Er selbst geht dazu ebenfalls auf österreichweite Informationstour.

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