Teilzeitdebatte
Arbeitszeitverkürzung für AMS-Chef keine Lösung

Dass ein attraktiveres Arbeitszeitmodell mehr Arbeitssuchende ansprechen würde, steht für Kopf außer Frage. Doch das würde voraussetzen, dass es genügend Arbeitskräfte gibt. Die jetzige Situation würde jedoch zeigen, dass es "demografisch bedingt" zu wenig Arbeitskräfte gibt.  | Foto: Screenshot Zeit im Bild/orf.at
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  • Dass ein attraktiveres Arbeitszeitmodell mehr Arbeitssuchende ansprechen würde, steht für Kopf außer Frage. Doch das würde voraussetzen, dass es genügend Arbeitskräfte gibt. Die jetzige Situation würde jedoch zeigen, dass es "demografisch bedingt" zu wenig Arbeitskräfte gibt.
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Die Frage nach Vollzeit oder Teilzeit ist nicht ganz so einfach zu beantworten, findet Johannes Kopf, Chef des Arbeitsmarktservice (AMS). Dafür ist er für eine Änderung des Geringfügigkeitsmodells. Außerdem plädiert er für mehr Kinderbetreuung und eine gerechtere Arbeitszeitverteilung zwischen Mann und Frau.

ÖSTERREICH. Die Debatte über Teilzeit geht weiter. Während sich die Gewerkschaften für eine Arbeitszeitverkürzung aussprechen, möchte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP), dass wieder mehr Vollzeit gearbeitet wird. Für AMS-Chef Johannes Kopf ist diese Frage nicht so eindeutig zu beantworten.

Gewerkschaft fordert geschlossen Arbeitszeitverkürzung

Gerade im IT- oder Dienstleistungsbereich könne Kopf sich eine Verkürzung der Arbeitszeit oder eine Vier-Tage-Woche gut vorstellen. Das wäre jedoch individuell zu entscheiden. "Die Frage ist, ob es auch funktionieren würde, wenn alle eine Vier-Tage-Woche hätten. Da kommt dazu, dass es in vielen Bereichen gar nicht geht", so Kopf im Interview mit der ZiB 2. Als Beispiel nennt er dabei etwa Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, oder U-Bahn-Fahrerinnen und -Fahrer.

"Demografisch" bedingter Arbeitskräftemangel

Dass ein attraktiveres Arbeitszeitmodell mehr Arbeitssuchende ansprechen würde, steht für Kopf außer Frage. Doch das würde voraussetzen, dass es genügend Arbeitskräfte gibt. Die jetzige Situation würde jedoch zeigen, dass es "demografisch bedingt" zu wenig Arbeitskräfte gibt. Derzeit gebe es in Österreich die niedrigste Arbeitslosenrate seit 15 Jahren. "Es stimmt schon, dass wir in vielen Bereichen einen Arbeitskräftemangel haben. Da glaube ich nicht, dass Arbeitszeitverkürzung die Gesamtantwort sein kann", so der AMS-Chef.

Für sinnvoll hält es Kopf, dass Menschen weniger Stunden arbeiten, dafür jedoch auch später in Pension gehen. Das sieht er jedoch politisch als schwierig an. Keine Partei außer den NEOS würde derzeit etwas an dem Pensionsmodell ändern wollen. Außerdem würde so eine Änderung vor allem die jungen Menschen betreffen. Ein Modell über die nächsten 40 Jahre auszuarbeiten sei für die Politik nicht einfach, so Kopf.

Anreize für mehr Stunden richtig

Die Überlegung der Regierung, Anreize für mehr Stunden oder längeres Arbeiten im Alter zu setzen, findet der AMS-Chef richtig. Tatsächlich gebe es ohnehin freie Wählbarkeit, Teilzeit oder Vollzeit zu arbeiten. Auch wäre es an der Zeit, eine sinnvolle Lösung in der Arbeitszeitverteilung zwischen Mann und Frau zu finden:

"Da geht es vor allem um die Verteilung zwischen Vater und Mutter, eine fairere Teilung der Familienarbeitszeit und da macht es keinen Sinn, dass Männer oftmals mit Überstunden wahnsinnig viel arbeiten und Frauen viel zu wenig."

Geringfügigkeitsgrenze überdenken

Zu überdenken sei laut Kopf auch die Geringfügigkeitsgrenze. Diese sei mit 500 Euro sehr hoch angesetzt und würde dazu führen, dass viele Menschen in Geringfügigkeit bleiben würden. Denn sobald sie über der Grenze verdienen, würden sie bereits 15 Prozent Sozialversicherung zahlen. Da schlägt Kopf vor, eine Mindestabgabe für die Sozialversicherung von etwa 70 Euro einzuführen.

Ganzjährige kostenlose Kinderbetreuung

Kopf plädiert für flächendeckende, kostenlose Kinderbetreuung. Diese müsste auch ganzjährig verfügbar sein, denn gerade die Ferienzeiten wären für Eltern besonders schwierig. Viele Kinderbetreuungseinrichtungen hätten 50 Schließtage, das ginge für alleinerziehende Eltern "gar nicht". "Das ist nicht mehr zeitgemäß", so der AMS-Chef.

Für die Arbeitslosenzahlen prognostiziert Kopf im März einen leichten Anstieg. Doch werde Österreich auf dem derzeitigen niedrigen Niveau bleiben. Bleiben werde jedoch das Problem des Arbeitskräftemangels.

Gehört die Geringfügigkeit überdacht?

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