Altersvorsorge
So zukunftsfit ist das österreichische Pensionssystem

Steht das österreichische Pensionssystem auf wackeligen Säulen? | Foto: stock.adobe.com / kasto
3Bilder
  • Steht das österreichische Pensionssystem auf wackeligen Säulen?
  • Foto: stock.adobe.com / kasto
  • hochgeladen von Rudolf Rutter

Steht das österreichische Pensionssystem auf wackeligen Säulen? Im Gespräch mit MeinBezirk.at erklärt die WIFO-Ökonomin Christine Mayrhuber, wie zukunftssicher das Pensionssystems ist, worin die größten Herausforderungen liegen und was Einzelne tun können, um sich abzusichern.

ÖSTERREICH. Das österreichische Pensionssystem basiert vor allem auf dem Generationenvertrag. Die jüngeren Erwerbstätigen zahlen in die Pensionskasse ein, die älteren beziehen daraus ihre Pensionsbezüge. Wer heute zahlt, bekommt morgen dann selbst seine oder ihre monatliche Rente – ein einfaches Modell, das sich über Jahrzehnte mehr oder minder selbst getragen hat. Nun gerät das System durch die überalternde Gesellschaft allerdings zunehmend ins Ungleichgewicht. Eine schrumpfende Zahl an Erwerbstätigen sollte eine wachsende an Pensionistinnen und Pensionisten finanzieren – es entsteht eine zunehmend größer werdende Lücke und die öffentliche Hand muss eingreifen.

Jedes Jahr subventioniert der Staat das öffentliche Pensionssystem mit Milliarden an Steuergeld. Für 2023 belaufen sich die anberaumten Pensionsausgaben laut Bundesbudget auf rund 25 Mrd. Euro – das sind knapp 22 Prozent des gesamten Budgets. Wie lange und bis zu welcher Summe es so weitergehen kann, erscheint fraglich.  

Laut WIFO-Ökonomin Christine Mayrhuber sind vor allem eine hohe Beschäftigungsquote und gute Löhne wichtig für die Zukunft des heimischen Pensionssystems. Gefordert sieht Mayrhuber hier sowohl Betriebe als auch die Politik. Erwerbstätigen, die sich zusätzlich absichern wollen, legt die Expertin eine freiwillige Höherversicherung nahe.  

"Hohe Beschäftigung und gute Löhne zentral"

MeinBezirk.at: Wie zukunftsfit ist das österreichische Pensionssystem? 
Christine Mayrhuber: Jedes Alterssicherungssystem ist eingebettet in die Gesamtwirtschaft und damit maßgeblich von der wirtschaftlichen Entwicklung mitbestimmt. Besonders in umlagefinanzierten Systemen, wo die Pensionsversicherungsbeiträge der Beschäftigten die Pensionszahlungen an die Pensionistinnen und Pensionisten sind, sind eine hohe Beschäftigungsquote und gute Löhne auch wichtig für die Finanzierung der Pensionen. 

Was braucht es hier also?
Im Haupterwerbsalter und ab dem 55. Lebensjahr ist das Beschäftigungspotential sicherlich noch nicht ausgeschöpft. Um die Beschäftigten länger im Beruf zu halten, braucht es entsprechende Arbeitsplatzstrukturen für ältere Personen. Nur so kann es gelingen, den Pensionsantritt nach hinten zu verschieben. Die Frauenbeschäftigungsquote könnte durch eine verbesserte Betreuungsinfrastruktur und -angebote erhöht werden.  

"Aktive Neugestaltung auf betrieblicher Ebene"

Welche Akteure sind hier gefordert? 
In der Alterssicherung gibt es zumindest drei Akteure: Die Politik als Gestalterin der Rahmenbedingungen, Betriebe als Gestalterin der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen und die Erwerbstätigen. Herausforderungen gibt es für alle drei, wobei vor allem auf betrieblicher Ebene vielschichtige Veränderungen aktiv eine neue Gestaltung brauchen.

Welche Bereiche sind das konkret?
Digitalisierung, Grüne Transformation sind hier nur zwei Bereiche. Darüber hinaus bedeutet der demografische Wandel die Anpassung der Arbeitsbedingungen an eine älter werdende Erwerbsbevölkerung, also mehr altersgerechte Arbeitsplätze. Die verbesserte Übereinstimmung von Anforderungen der Arbeitsplätze mit den vorhandenen Ressourcen der Erwerbstätigen stellt nicht nur die hohe Leistungskraft der Betriebe sicher, sondern ist auch eine Grundvoraussetzung für eine Verlängerung der Erwerbsphase bis zum Regelpensionsalter.

Was kann die Politik diesbezüglich beitragen?
Seitens der Politik gibt es bereits Förderinstrumente, wie beispielsweise die Eingliederungsbeihilfe oder Kombilohnbeihilfe, aber auch Beratungsleistungen, die diesen Prozess unterstützen. Diese sollten allerdings noch ausgebaut werden.

"Erwerbseinkommen Schlüssel zur Alterssicherung"

Wie sollte das Pensionssystem der Zukunft also gestaltet sein? 
Das Alterssicherungssystem ist kein System, das autonom abgesichert werden kann. Es ist dem Erwerbsarbeitsmarkt nachgelagert, der Arbeitsmarkt ist dem Pensionssystem vorgelagert. Ein finanziell sicheres Pensionssystem muss daher immer beide Bereiche im Blickfeld haben. Ein hohes Beschäftigungsniveau in den Altersgruppen vor dem Regelpensionsalter ist ein zentrales Gestaltungsfeld. Ein hohes Beschäftigungsniveau kann aber nicht durch das Pensionsrecht alleine erreicht werden. Vielmehr geht die Systemumgestaltung des späteren Pensionsantritts nur Hand in Hand mit strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt, in den Betrieben, die eine Verlängerung der Erwerbsphase auch unterstützen.

Sie erwähnen immer wieder eine Verlängerung der Erwerbstätigkeit, warum ist diese so wichtig?
Damit sind drei positive Effekte verbunden: Die Verlängerung der Beschäftigungsphase wirkt der Arbeitskräfteknappheit entgegen. Die länger Beschäftigten haben sowohl ein Erwerbseinkommen und finanzieren damit die Pensionen mit. Darüber hinaus erhöhen die steigende Anzahl von Erwerbsjahren die eigene Pension.

Was kann der oder die Einzelne tun, um sich abzusichern?
Erwerbseinkommen ist der Schlüssel zur Alterssicherung. Jungen Menschen in Ausbildung empfehle ich, dass sie bei einer geringfügigen Beschäftigung sich freiwillig voll sozialversichern lassen. Auch bei Teilzeitbeschäftigung ist ein höheres Lohnniveau durch mehr Arbeitsstunden immer auch im Hinblick auf die Pensionshöhe positiv zu bewerten. Darüber hinaus gibt es das Instrument der freiwilligen Höherversicherung wo auf Antrag, auch einmalige Einzahlungen ins Pensionskonto pensionssteigernd wirken.

Die drei Säulen des Pensionssystems


Die Altersvorsorge ist in Österreich nach dem "Drei-Säulen-Modell" aufgebaut:

Gesetzliche Pension

Bildet die Grundlage der Altersvorsorge und stellt die finanzielle Absicherung der Pensionistinnen und Pensionisten sicher.

Man spricht auch vom Umlagesystem oder Generationenvertrag.

Der Großteil aller Pensionsleistungen kommt aus der gesetzlichen Pension.

Leistungsvolumen des öffentlichen Pensionsaufwands (im Jahr 2020): 57,1 Mrd Euro.

Für 2023 budgetierte Pensions-Ausgaben des Staates: 25,5 Mrd. Euro – davon 14 Mrd. Euro für die Pensionsversicherung und 11,5 Mrd. Euro für die Pensionen von Beamtinnen und Beamten.

Betriebliche Pension

Die Betriebspension (zweite Säule) ist eine ergänzende Leistung zur gesetzlichen Pension.

Dieser Pensionszuschuss ist eine frei­­willige Sozialleistung der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen an ihre Angestellten. Es besteht also kein automatischer Anspruch darauf.

Die Zusage einer Betriebspension wird entweder im Einzelarbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Kollektivvertrag geregelt.

Es gibt verschiedene Arten von Betriebspensionszusagen – mehr dazu hier.

Private Altersvorsorge

Die dritte und letzte Säule des Pensionssystems

Kann nach der Pensionierung zur Beibehaltung des gewohnten Lebensstandards beitragen.

Es bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, etwa private Rentenversicherungen, der Nachkauf von Versicherungszeiten oder die freiwillige Höherversicherung.


Das könnte dich auch interessieren:

Was Frauen von der späteren Pension haben
Regierung setzt Aliquotierung von Pensionserhöhungen aus
NEOS wollen "Pensionsrevolution"
ÖGB fordert Aufwertung der Pensionen

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.