Trotz Fußball und Deutschkursen: Integriert oder bald abgeschoben?

Trotz einer drohenden Abschiebung sind Adel Hachoud (r.) und Peter Löschnig positiv eingestellt: "Wir wissen nicht, warum es nicht passen sollte."
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  • Trotz einer drohenden Abschiebung sind Adel Hachoud (r.) und Peter Löschnig positiv eingestellt: "Wir wissen nicht, warum es nicht passen sollte."
  • hochgeladen von Simon Michl

Mit 16 Jahren flüchtete Adel Hachoud aus seiner algerischen Heimat nach Europa. Wäre er geblieben, würde er vielleicht nicht mehr leben - nur weil er mit seiner Freundin intim wurde. Im Islam ist Sex aber nur innerhalb der Ehe erlaubt und die muslimischen Brüder des Mädchens wollten Rache an Adel. Er floh in eine andere Stadt, während sein Zuhause verwüstet wurde. Seine Mutter riet ihm, zu flüchten, brachte das Geld zustande, damit er in die Türkei fliegen konnte. Von dort ging Adel zu Fuß bis nach Bulgarien, wo er 18 Monate in Schubhaft war. „Ich wurde von Polizisten geschlagen, habe dann zwölf Tage lang nichts gegessen, um rauszukommen“, erzählt Adel. Er wurde in ein Krankenhaus überstellt, haute aber zu Fuß nach Serbien und dann Ungarn ab. Mit dem Zug kam er im Mai 2015 nach Wien und ist mittlerweile in Deutschlandsberg gelandet, da in Voitsberg, wo er eigentlich untergebracht werden sollte, kein Platz mehr war.

Drohende Abschiebung

Man möchte meinen, dem heute 19-Jährigen hätte nichts besseres passieren können: Seit Juli 2016 spielt Hachoud in der zweiten Kampfmannschaft des Deutschlandsberger SC. Ein Freund aus Deutschlandsberg würde ihn bei sich zuhause aufnehmen, sogar eine Lehrstelle in der Fleischerei Kollar-Göbl hätte er. Er darf aber nicht arbeiten, denn: Adel besitzt keinen positiven Asylbescheid. Nun steht er sogar kurz vor der Abschiebung.

Fehlende Integration?

Ebenfalls im Juli des letzten Jahres hatte Hachoud sein erstes Interview mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Die Antwort bekam er erst heuer im Februar: Der Asylantrag wurde abgelehnt, auch weil Algerien als sicherer Herkunftsstaat gilt, in dem kein Krieg herrscht. Weitere Begründen waren fehlende Integration und keine Deutschkenntnisse. Seit dem Interviewtermin vor über sieben Monaten absolvierte Adel aber drei Deutschkurse. Er besitzt das Zertifikat der Stufe B1, die Stufe darüber entspricht etwa der Muttersprache.

Adel kann die Entscheidung des BFA genauso wenig verstehen wie sein Teamkollege Peter Löschnig. „Keiner, der ihn kennt, kann behaupten, er würde sich nicht integrieren“, erzählt er. Löschnig setzt sich zusammen mit Sonja Kiendl vom „Verein für Willkommenskultur und Solidarität“ für einen Verbleib des Algeriers ein. Sie sammeln Unterschriften (schon über 200) und Spenden (siehe unten) zur Bezahlung eines geeigneten Anwalts, um gegen den Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht vorzugehen. Nach Algerien oder Bulgarien (sein EU-Ersteintrittsland) kann Adel nicht zurück, ein zweites Interview beim BFA hat er bereits angefordert. Trotz dieser Beschwerde könnte er inzwischen abgeschoben oder in Schubhaft genommen werden.

Freund statt Flüchtling

Das Innenministerium begründet die lange zeitliche Differenz zwischen Interview und Bescheid damit, dass man nach der Einvernahme vor allem die Angaben des Asylwerbers prüfen und in Vergleich stellen muss. Das kann individuell unterschiedlich aufwändig sein. Die angegebene fehlende Integration kann man bei Hachouds Verein nicht erkennen. „Adel hat Fußball im Herzen, jeder in der Mannschaft kommt super mit ihm aus und steht hinter ihm“, so Löschnig. Jeden Tag fragen ihre Mitspieler die beiden, ob es was Neues gibt, viele sind noch Schüler und spendeten schon bis zu 100 Euro. Adel und Peter haben trotz allem ein gutes Gefühl. Löschnig drückt die Unterstützung, die Hachoud erfährt, wohl am besten aus: „Ich setze mich nicht für einen Flüchtling ein, ich setze mich für einen Freund ein.“

Spendenkonto
Wer für Adel Hachoud und andere Flüchtlinge vom Deutschlandsberger "Verein für Willkommenskultur" spenden möchte, kann das unter AT61 3804 3000 0405 6156 tun.

Trotz einer drohenden Abschiebung sind Adel Hachoud (r.) und Peter Löschnig positiv eingestellt: "Wir wissen nicht, warum es nicht passen sollte."
Adel Hachouds Mannschaftskollegen beim DSC unterstützen den Algerier. | Foto: Peter Löschnig
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