Grabungen als Neuanfang

Arbeiten im Hof der romanischen Kernburg der Burg Deutschlandsberg. | Foto: Asist
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DEUTSCHLANDSBERG/SCHWANBERG. Mit Pinsel, Pinzette und Scheibtruhe in die Geschichte unserer Vorfahren in der Kelten- und Römerzeit eintauchen, das kann man bei archäologischen Grabungen. Da diese Grabungstätigkeiten oft nur sehr temporär möglich sind, sind flexible Leute für diesen Job gefragt. Daher ist schon seit 2009 über den Trägerverein ST:WUK, Steirische Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH, als soziales Integrationsunternehmen darum bemüht, Menschen, die schon länger auf Jobsuche sind, in einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt als Transitarbeitskräfte in solche Grabungs-Arbeiten einzugliedern. "Dieses arbeitsmarktpolitische Maßnahme kann gerade für Menschen, die schon über längere Zeit von Arbeitslosigkeit betroffen sind, einen Neuanfang bieten, um wieder in ein geregeltes Leben zu finden, in welcher Richtung auch immer," betont Michaelea Sahin, Leiterin des AMS Deutschlandsberg, wo die Transitarbeitskräfte zur Verfügung gestellt und auch während dieser Zeit sozial- und berufspädagogisch betreut werden. In unserem Bezirk sind zwei solcher Grabungsstätten in Arbeit, die allerdings jetzt, über die Wintermonate ruhend bleiben, nämlich die Altburg-Stelle in Schwanberg seit 2009 und die Burg Deutschlandsberg mit dem romanischen Burghof seit zwei Jahren.
"Burgenarchäologie ist auch deshalb so spannen, weil es z.B. auf der Burg Deutschlandsberg das 12./13. Jhdt. betrifft und damit gar nicht so weit weg ist.", betont Bgm. Josef Wallner. Gefunden wurden neben Muscheln, Scherben, Schildlkrötenpanzern u.a. auch Münzen, womit man mitten in die Lebensgewohnheiten der damiligen Zeit blicken kann. "Das sind keine Gräberfunde, hier geht es um das alltägliche Leben", so Wallner, der von einer 35-jährigen Tradition solcher arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in der Stadt Deutschlandsberg zu berichten weiß.

Die Leitung dieser Grabungen führt Archäologe Bernhard Schrettle von ASIST - Archäologisch Soziale Initiative Steiermark: "Wir sind seit 2009 auf der Altburg in Schwanberg dabei und seit dem Vorjahr gibt es auch Maßnahmen auf der Burg Deutschlandsberg. Ich bin sehr froh über die Verknüpfung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen mit unserer Forschungstätigkeit.

Altburg Schwanberg

"Es ist spannend, dass wir einmal das Projekt der Altburg mit Funden aus dem Frühmittelalter, also aus der Kelten und aus der Römerzeit, vorantreiben können, von der ja de facto nichts mehr zu sehen ist. Man hat ja einst für den Bau von Schloss Schwanberg einfach das ganze Baumaterial der Burgruine verwendet. Hier geht es vor allem darum, einen Eindruck zu vermitteln, wie diese Altburg einmal ausgesehen hat. Andererseits können wir so Menschen einen Wiedereinstieg in die Arbeitswelt und manchmal sogar eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen", so Schwanberg-Bgm. Karlheinz Schuster, der auch die 50+-Aktion des AMS als gute Möglichkeit für die Gemeinden sieht, gute Leute zu bekommen.
Dazu kommt, dass man so auf Arbeitskräften kommt, die verschiedenste Fähigkeiten und Kenntnisse haben. So sind Maurer ebenso dabei gewesen wie Gärtner u.v.a.
"Ziel ist, diesen Menschen eine Sprungbrett in die Arbeitswelt zu verschaffen", betont Sahin.

Karl Seiner

Einer dieser Transitarbeitskräfte ist Karl Seiner, der zurst vier Monate und dann über die Marktgemeinde Schwanberg für weitere 3,5 Monate auf der Altburg Schwanberg im Einsatz war. "Ich habe überhaupt keine Vorstellung von dieser Arbeit gehabt. Doch wenn man selbst die Schichten abträgt, bekommt man einen anderen Blick für Geschichte", so Seiner, der darin den großen Vorteil sieht, eine Struktur des Arbeitsalltages.

Claudia Unger

Dass dieser Grabungsjob auch für Frauen eine Option ist, beweist Claudia Unger, die für vier Monate zu den Grabungen auf der Altburg Schwanberg gekommen. "Ich habe mich bei Dr. Schrettle beworben und bin dann in das Grabungsteam bei der Altburg Schwanberg aufgenommen worden. Für mich war das völliges Neuland, In einem sehr netten Team haben wir Erdschichtungen abgegraben, die Mauer wieder aufgestellt und die Funde bearbeitet, was ich besonders spannend fand. Ich habe es genossen, mit diesem netten Team in der Natur zu arbeiten. Leider war es für mich zu kurz", so Unger, die dankbar für diese Erfahrungen und alles, was sie gelernt hat jetzt mit neuem Elan auf Jobsuche ist.

"Wir haben mit fünf Personen gestartet, jetzt sind es bereits zehn", lobt Hartmut Kleindienst als zuständiger AMS-Betreuer Hartmut Kleindienst die Kooperation mit ST:WUK und ASIST und hoffte auf noch mehr Beschäftigung für Transitarbeitskräfte mit der Baustelle auf der Burg Deutschlandsberg und betont den positiven Effekt: "So manche Weiterbeschäftigung hat sich schon über die jeweilige Gemeinde ergeben".
Die Grabungsprojekte wachsen somit zusehends, was in Form von Ausstellungen zu sehen ist.

Zur Finanzierung

Die Finanzierung der Personalkosten dieser befristet beschäftigten MitarbeiterInnen bestreitet des AMS zu zwei Dritteln, vom Land Steiermark kommt das restliche Drittel. Sach- und Materialkosten, Fahrtkosten, weitere Kosten für Restaurierungen etc. kommen projektbezogen von den Gemeinden Deutschlandsberg, Schwanberg, dem Komitee Altburg, fallweise von weiteren Sponsoren und Subventionsgebern.
Neben den wissenschaftlichen Entdeckungen, die im Rahmen der Grabungen stattfinden ist immer auch die Erschließung der Fundstellen und die Vermittlung der Funde z.B. in Ausstellungen an interessierte Menschen ein zentrales Anliegen.

Vorraussetzungen

Was sind die Vorraussetzungen, um in ein solche Transit-Arbeitsprogramm zu gelangen? Kleindienst: "Dazu kommen Personen über 50 Jahre mit entsprechenden Vormerkdaten, die in das AMS Programm "50 Plus" kommen ebenso in Frage, wie Langzeitvorgemerkte also Menschen, die mehr als zwölf Monate ohne Arbeit sind."

Weiter geht's im April - und das wieder mit einem neue aufgestellten Grabungsteam.

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