Lehrlinge und Unternehmer sind gefordert

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Auch wenn die regionale Lehrlingsstatistik einen durchaus positiven Trend ausweisen kann, erscheint die Situation aus Unternehmersicht nicht immer ganz so erfolgversprechend. In einigen Branchen ist es schwer, geeignete Lehrlinge zu finden, die dann als kompetente Facharbeiter die wirtschaftliche Zukunft mitgestalten sollen.

Bis vor rund zehn Jahren war es für mich kein Problem, Lehrlinge zu finden. Jetzt wird es immer schwieriger“, beschreibt der Feldbacher Tischlermeister Gerhard Koller das Problem, Lehrplätze in seinem Betrieb nachzubesetzen. Früher bildete er konstant drei Lehrlinge aus – in jedem Lehrjahr einen. Derzeit absolviert nur ein Tischlerlehrling im dritten Lehrjahr seine praktische Ausbildung bei Koller. Weder die Meldung beim Arbeitsmarktservice noch entsprechende Inserate haben bis dato Erfolg gebracht: Lehrling nach wie vor gesucht.
„Das AMS hat mir vier Bewerber zugewiesen, die als lehrstellensuchend gemeldet waren. Es ist aber keiner gekommen“, ist Koller von der Einstellung der Jugendlichen enttäuscht. Bei der Auswahl werfe er natürlich auch einen Blick auf das Zeugnis, denn Mathematik sei für seinen Beruf wichtig. „Gute Schüler gehen meist weiter in die Schule. Aber lernschwache Lehrlinge, die nicht top sind, können auch nicht die Zukunft der Branche sein“, ist Koller überzeugt.

Qualifizierte Lehrlinge

Die Tatsache, dass Jugendliche mit einem guten Hauptschulabschluss eher weiterführende Schulen besuchen – was meist auch von den Eltern gewünscht wird – lässt einen drohenden Facharbeitermangel in konjunkturell guten Zeiten befürchten. Um dem entgegenzuwirken, setzt sich die Wirtschaftskammer für die Qualifizierung des Berufsnachwuchses ein. „In unserer Region sind rund 1.400 Lehrlinge in circa 440 Betrieben in Ausbildung“, so Thomas Heuberger, Regionalstellenleiter der Wirtschaftskammer Steiermark, Regionalstelle Südost. Um den Lehrberuf attraktiver zu machen, werde das Ausbildungsmodul „Lehre und Matura“ forciert. Durch die Lehrlingsförderung können Betriebe ihre Lehrlinge auch zu Weiterbildungen und Spezialseminaren entsenden.

Schulen fördern Kontakte

Um das Image des Lehrberufes für Jugendliche ins rechte Licht zu rücken und falsche Vorstellungen auszuräumen, werden an Hauptschulen und Polytechnischen Lehrgängen für Schüler und Eltern Betriebe eingeladen, die die jeweiligen Lehrberufe vorstellen. „In der siebenwöchigen Orientierungsphase zu Schulbeginn kommen viele Wirtschaftstreibende aus der Region“, erklärt Renate Nagy, Direktorin des Poly Feldbach. Die Schüler wählen dann selbst einen von sieben Fachbereichen aus und absolvieren dann Fachtrainings bzw. Schnuppertage in den entsprechenden Betrieben. „Bei uns wird auch intensiv an sozialen Kompetenzen, Auftreten, Benehmen und am Bewerbungstraining gearbeitet“, so Nagy. Angehenden Lehrlingen werde auch geraten, sich selbstbewusst und eigenständig auf Lehrstellensuche zu begeben. Erst auf Wunsch der Firma solle der Kontakt mit den Eltern hergestellt werden. So wünscht sich das auch Gerhard Koller: „Die Lehrlinge sollen alleine zum Vorstellungsgespräch kommen und zeigen, dass sie selbstständig auftreten können.“
Gerne nimmt Andrea Legenstein die Einladungen von Schulen an, um dort die Lehrberufe vorzustellen, die sie in ihrem Hotelbetrieb in Bairisch Kölldorf anbietet. „Danach habe ich sofort zwei, drei Bewerbungen im Haus.“ Legenstein, die derzeit acht Lehrlinge ausbildet, räumt jedoch ein, dass es im Restaurantbereich im Gegensatz zum Koch- oder HGA-Lehrling (Hotel- und Gastgewerbe-Assistent) schwieriger geworden ist. „Ein Kellner hat bei uns halt keinen Stellenwert, hingegen ist Kochen derzeit in“, sucht Legenstein nach dem Grund. „Junge Leute müssen entsprechend geführt werden. Es muss uns bewusst sein, dass man als Ausbildner große Verantwortung hat. Es ist unsere Aufgabe, den Lehrlingen etwas beizubringen, deshalb bieten wir auch zusätzliche Schulungen in unserem Betrieb an.“

Spezifische Branchen

Fleischermeister Erwin Haiden aus Jagerberg arbeitet in einer Branche, die auf potenzielle Lehrlinge offensichtlich auch nicht so anziehend wirkt. „Ich habe lange vergeblich einen Lehrling gesucht, habe es dann aufgegeben. Jetzt hatte ich das Glück, einen Lehrling zu finden, der Freude an diesem Beruf hat – eine wichtige Voraussetzung“, so Haiden. Früher hätten auch die Schlachtungen viele abgeschreckt. Heute würden Lehrlinge als Fleischverarbeiter in Zerlege- und Produktionsbetrieben ausgebildet.
„Das persönliche Engagement und das Interesse am Beruf stehen auch bei Lehrlingen im Vordergrund. Wer arbeiten möchte, wird immer Arbeit finden“, ist Gerhard Winkler vom Autohaus Uitz in Feldbach überzeugt. Mittels AMS und Schulen bzw. Schnuppertage werden die Lehrlinge ausgewählt. Im Ersatzteilhandel sei es sehr mühsam Interessenten zu finden, für Kfz-Techniker würden die Ansprüche immer höher. Deshalb sei es auch für ihn nicht immer einfach, Lehrlinge zu finden.

Wünsche versus Angebot

Laut Arbeitsmarktservice Steiermark hat sich die Lehrlingssituation in der Region sehr positiv entwickelt. „Der Großteil der Jugendlichen lässt sich als lehrstellensuchend vormerken“, erklärt Marianne Suppan, Leiterin des AMS Feldbach. Im Bezirk stünden 38 gemeldete Lehrstellen 32 Lehrstellensuchenden gegenüber. Auch in den Bezirken Fürstenfeld und Radkersburg sei das Angebot größer als die Nachfrage. „Es gibt aber einfach Jugendliche mit Defiziten oder mit Wunschberufen, die wir nicht immer anbieten können.“
Freie Lehrstellen stünden im Gastgewerbe, im Metall- und Baubereich und im Handel zur Verfügung. In der Perspektivenwerkstatt werde mit Jugendlichen an eventuellen Defiziten gearbeitet. Mädchen in nicht traditionellen Lehrberufen seien weiterhin ein großes Thema – und sicher eine Überlegung wert.

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