Armutskrise
Martin Schenk: Wie Kinder unterstützt werden können
Wie man Kinder gut durch die derzeitigen Krisen bringt, beschreibt Aktivist Martin Schenk, der gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Organisationen das Buch "Was Kindern jetzt gut tut" herausgebracht hat.
GRAZ. Corona-Nachwehen, Ukraine-Krieg, Teuerungen: Derzeitige Krisen gehen auch an Kindern nicht spurlos vorüber. Sozialarbeiterin Diana Holler vom Sozialmedizinisches Zentrum Liebenau (SMZ Liebenau) ist sich der Situation bewusst, verzeichnet man hier doch eine steigende Nachfrage in der Familienberatungsstelle. Etwa 50 Prozent der Anfragen im Jahr 2022 drehten sich um psychische Probleme und Überforderung im Alltag. 2021 waren es noch unter 40 Prozent. Auch Beratungen zu finanziellen Notständen stiegen von 272 auf 397, ein Plus von 46 Prozent.
Ein ähnliches Bild zeichnet die Caritas der Dözese Graz-Seckau, welche im Sozialzentrum Marianum in der Mariengasse armutsbetroffene Menschen berät und finanzielle Hilfe zur Verfügung stellt. Auch hier zeigt sich ein Anstieg der Nachfrage im Jahr 2022, wobei insbesondere Familien mit geringem Einkommen sowie alleinerziehende Personen betroffen sind. Dadurch nehmen die psychischen Belastungen bei Kindern zu, notwendige Therapien müssen mitunter unter Schwierigkeiten vorfinanziert werden und erst anschließend (oft nur teilweise) refundiert.
Armut als Faktor
Bei einem vom SMZ Liebenau organisierten Forum im Stadtteilzentrum Jakomini wurde über mögliche Lösungen diskutiert. Mit dabei war Martin Schenk, Psychologe und Mitbegründer der Armutskonferenz. Schenk hat gemeinsam mit der klinischen Psychologin Hedwig Wölfl das Buch "Was Kindern jetzt gut tut" veröffentlicht. Hierin kommen zahlreiche Expertinnen und Experten aber auch Betroffene zu Wort. Sie schildern Situationen und zeigen Lösungsansätze auf.
Wer früh hilft, hilft doppelt
"Die gute Botschaft ist: Die meisten Kinder und Jugendlichen bewältigen die Krise gut, sie haben genug Ressourcen in Form von Bezugspersonen und Freunden", erklärt Schenk, "aber leider gibt es einen Prozentsatz, der das nicht hat". Bei diesen Kindern braucht es ein Beratungs- und Therapieangebot, jedoch herrscht hier besonders am Land eine Unterversorgung. "Die meisten Anlaufstellen sind in der Stadt", berichtet Schenk, "aber selbst hier kann es zu langen Wartelisten kommen". Spätestens wenn sich psychische Beschwerden bei Kindern körperlich manifestieren, etwa in Form von Schafstörungen oder Kopfschmerzen, rät Schenk dazu Expertinnen und Experten aufzusuchen, denn: "Wer früh hilft, hilft doppelt."
Mögliche Lösungen
Lösungsansätze sind vielfältig und abhängig vom persönlichen Umfeld, aber auch von politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern. Ein wichtiger Faktor wäre es laut Martin Schenk Lücken im Gesundheitssystem zu schließen, indem beispielsweise Anlaufstellen geschaffen werden, die näher an Dörfern, Gemeinden oder im Bezirk liegen. So könnten Nachbarschafts-und Stadtteilzentren eine fehlende Ebene in der Gesundheitsversorgung substituieren. Schenk wünscht sich auch eine bessere Ausstattung an Schulen, insbesondere ein tägliches warmes Mittagessens, da derzeit viele Leute das Gefühl haben nur noch beim Essen sparen zu können.
Im persönlichen Umfeld sind laut Schenk Bezugspersonen für Kinder unerlässlich, die diesem das Gefühl geben geliebt zu sein. "Wenn das nicht die Eltern sein können, dann sollten es Anverwandte oder Personen aus dem Umfeld sein", so Schenk. Er rät dazu, auch in mitunter schwierigen Phasen, wie der Pupertät, Kontakt untereinander zu halten.
- Das Buch "Was Kindern jetzt gut tut" ist im Ampuls Verlag erschienen und unter www.ampuls-verlag.at um 26,90 Euro sowie in zahlreichen weiteren Buchhandlungen erhältlich.
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