Herz und Hausverstand – "Gefragte Frauen" mit Claudia Paulus

- <f>Management mit Engagement:</f> Claudia Paulus leitet das Diakoniewerk Steiermark und legt viel Wert auf qualitativ hochwertige Angebote, eine würdevolle Begleitung und Austausch auf Augenhöhe.
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Begleiten, betreuen und helfen: Diakoniewerk-Steiermark-Leiterin Claudia Paulus im WOCHE-Gespräch.
Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen und mit besonderen Bedürfnissen unterstützt das Diakoniewerk Steiermark. Was diese Organisation ausmacht und welche Herausforderungen es in der Pflege gibt, verrät Claudia Paulus, die das Diakoniewerk Steiermark seit 18 Jahren leitet.
WOCHE: Was war und ist in all den Jahren Ihre Motivation?
Claudia Paulus: Mir war es schon immer ein Anliegen, Menschen zu unterstützen. Ich war auch bereits davor in der Pflege tätig, wollte aber immer in eine Organisation, die nicht gewinnorientiert arbeitet. Der Träger des Diakoniewerks sitzt in Oberösterreich, ist aber in der Steiermark seit 1924 tätig. Zunächst arbeiteten nur Diakonissen in diesen Bereichen, die tolle Arbeit geleistet haben und die Organisation sehr geprägt haben. Daher ist es für mich etwas Besonderes, in einem Unternehmen mit so viel Tradition tätig zu sein.
Was macht das Diakoniewerk aus?
Bei uns ist stets der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Wir haben einen sehr wertschätzenden Umgang mit unseren Bewohnern und Klienten. Unsere Aufgabe ist es, ihnen zur Seite zu stehen, unter die Arme zu greifen und sie zu begleiten. Dabei ist uns immer Begegnung auf Augenhöhe wichtig. Grundwerte wie Nächstenliebe sind natürlich das Um und Auf. Wir akzeptieren alle Menschen in ihrer Besonderheit und Einzigartigkeit und nehmen sie so an, wie sie sind. Das spüren und schätzen Mitarbeiter wie Klienten und ihre Angehörigen sehr.
Welche Einrichtungen hat das Diakoniewerk in Graz?
Unser Haus am Ruckerlberg ist ein Wohnheim für Senioren, dort bieten wir auch Tagesbetreuung für Menschen mit Demenz an. In der Tagesstätte Moserhofgasse betreuen wir Menschen mit besonderen Bedürfnissen und in unserem Kindergarten in der Grabenstraße geben wir den Kleinen ein Rüstzeug für das Leben mit auf dem Weg. Zudem informieren wir in der LIFEtool-Beratungsstelle über Hilfsmittel und Spezialsoftware für Menschen mit Behinderung. In Summe werden in all unseren Einrichtungen in Graz rund 160 Menschen betreut.
Und wie groß ist der Personalstamm?
Wir haben 100 Mitarbeiter, die wirklich Großartiges leisten. Wir sind ein sehr buntes Team und haben auch viele Kollegen mit Migrationshintergrund. Es ist aber sehr schwer, geeignetes Personal zu finden. Die Arbeit ist sehr herausfordernd und kein Tag ist wie der andere. Das Hauptproblem ist das schlechte gesellschaftliche Image der Pflege. Ich wünsche mir, dass sich das in Zukunft ändert, denn Pflege ist enorm wichtig und sollte die Wertschätzung bekommen, die sie verdient.
Was muss man für einen Job in der Pflege mitbringen?
Natürlich die Fachausbildung, aber vor allem auch Herz und Hausverstand. Es gibt so viele Situationen, in denen man improvisieren und unsere Bewohner und Klienten an schlechten Tagen aufrichten muss. Da ist an erster Stelle Menschsein gefragt.
Der Schritt ins Seniorenheim ist sicher nicht immer einfach. Was raten Sie Betroffenen und Angehörigen?
Oft ist es schwierig, da die Entscheidung nicht selbst getroffen werden kann. Menschen werden entwurzelt und müssen sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden. Daher kann ich jedem nur raten, sich früh genug mit dem eigenen Altern auseinanderzusetzen und das Alter nicht zu tabuisieren. Angehörigen empfehle ich, auf sich zu achten und sich rechtzeitig Hilfe zu holen.
Was würden Sie als Ihren größten Meilenstein bezeichnen?
Früher gab es beispielsweise Badepläne und Menschen wurden gebadet, ob sie wollten oder nicht. Und die Dienstorganisation war an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst. Heute ist das zum Glück anders und es gab einen völligen Paradigmenwechsel. Ich hoffe, dass wir die Qualität auch künftig bieten können. Aber wahre Glücksmomente sind, wenn Menschen Fortschritte machen. Ein Reisebericht von Sarah, einer jungen behinderten Frau, etwa, die nun nach Italien gefahren ist. Jahre zuvor hat sie getobt, Gläser geschmissen und jetzt schickt sie mir ein Foto vor dem Prada-Shop in Italien. Da geht einem das Herz auf.
WOCHE-WORDRAP
Mein Job ist ... sinnvoll und erfüllend.
Zum Lachen bringt mich ... mein Enkelkind, wenn ich es sehe.
Meine Heldin aus der Kindheit ... Mary Poppins.
STECKBRIEF
Geboren am 9. September 1968
Verheiratet, 2 Söhne, 1 Enkerl
Psychologie- und Pädagogikstudium
Jahrelange Tätigkeit im Pflegebereich, seit 2000 Leiterin Diakoniewerk Steiermark
Hobbys: zwei Hunde, Freunde, Lesen, Reisen, Leben genießen
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