Mehr oder weniger Parkplätze?
Öffentliche Raumverteilung am Scheideweg

Die abendliche Parkplatzsuche in und um die Mandellstraße treibt so manchen Anwohner auf die Palme. Andere wünschen sich, dass die Autos komplett weichen. | Foto: ChL
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Platznot: Geht es ums öffentliche Parken und neue Raumverteilung, kochen in Graz die Emotionen hoch. Eine Lösung angesichts zunehmender Verbauung, Zuzug und "traditionell" schlechter Luftwerte verlangt nach einem Grundkonsens der hier lebenden Menschen.

GRAZ. Über 50 Jahre ist es her, dass die Straßenbahnlinie 2 im Jänner 1971 ihre letzte Fahrt vom Grazer Hauptbahnhof ins Univiertel und retour absolvierte. Grund für den damaligen Abbau der Schienen und die Umstellung auf Busverkehr war das Ziel der Stadtregierung, Graz autogerecht zu machen. Die politische Agenda der heute Verantwortlichen ist eine andere – wie auch die Voraussetzungen, die das Ergebnis teils erschreckender Entwicklungen der letzten Jahrzehnte sind.

Im letzten Jahrhundert erlangte der motorisierte Individualverkehr immer größere Bedeutung und erhielt zunehmend Platz (Aufnahme der "Hauptbrücke" von 1910 mit Blickrichtung Südtiroler Platz). | Foto: Sammlung Kubinzky
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Bei einer Einwohnerzahl von rund 300.000 Personen waren Anfang dieses Jahres insgesamt 182.901 Kraftfahrzeuge in der steirischen Landeshauptstadt gemeldet. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor lag die Zahl der Grazer bei 265.318 und die Zahl der gemeldeten Kraftfahrzeuge bei 156.682. Zunehmende Verbauung und steigende Einwohnerzahlen sorgen in Kombination mit über 100.000 Personen, die täglich – zum größten Teil mit dem Auto – nach Graz pendeln, nicht nur für regelmäßige Verkehrsinfarkte auf den Hauptstraßen, sondern auch für Knappheit einer für motorisierte Menschen nicht unwesentlichen Ressource: den Parkplätzen.

"Leute wissen nicht, wohin mit Auto"

Ein Beispiel dafür bildet der zentral gelegene Bezirk St. Leonhard, wo es für Parkplatzsuchende keine Seltenheit ist, mehrere und stetig größer werdende Runden drehen zu müssen, um ihr Vehikel abstellen zu können. Verwundert darüber ist Stefan Kompacher von der Initiative "Pro Bim Graz" nicht: "Ich wohne in der Nähe vom Schillerplatz und konnte im Home Office gut beobachten, dass es sich bei den meisten Fahrzeugen um Dauerparker handelt, die ihr Auto vielleicht einmal in der Woche bewegen."

Prinzipiell, beteuert er, stören ihn parkende Fahrzeuge in Nebenstraßen nicht – "wo sie aber Straßenbahnen behindern, wie in der Schillerstraße, sollte man Parkplätze reduzieren", da aufgrund des Platzmangels bei der Linie 3 nur noch die alten Cityrunner-Garnituren fahren. Seine Befürchtung: Dass dem "3er" irgendwann das Gleiche blüht wie einst dem "2er".

Neue Straßenbahnen (rechts) haben auf der Strecke der Linie 3 keinen Platz. Stattdessen kommt dort das Modell Cityrunner (links) zum Einsatz. | Foto: Regionalmedien Steiermark
  • Neue Straßenbahnen (rechts) haben auf der Strecke der Linie 3 keinen Platz. Stattdessen kommt dort das Modell Cityrunner (links) zum Einsatz.
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Nicht nachvollziehen kann eine Bewohnerin der Sparbersbachgasse die Forderung nach Parkplatz-Reduktion: "In der Gegend gibt es sicher zu wenig Parkplätze, zumal hier zu 90 Prozent Altbauten ohne Tiefgaragen stehen." Will man dort die neueren, breiteren Straßenbahnen einsetzen, müssten Stellplätze zwangsläufig weichen – wie es im kleinen Rahmen in der Leonhardstraße bereits der Fall war. "Die Leute wissen zum Teil ja jetzt schon nicht, was sie mit ihren Autos machen sollen", so ihr Fazit, weshalb sie Protesten wie jenen für eine autofreie Mandellstraße nichts abgewinnen kann: "Was soll das bringen? Wir leben immerhin in der Stadt."

Fakt ist: Von den rund 25.000 Parkplätzen aller Blauen und Grünen Zonen der Stadt sind über den Zeitraum von einem Jahr in etwa 300 weggefallen. Wie viele Stellplätze indes privat errichtet wurden, lässt sich hingegen nur schwer schätzen.

Grundsatzfrage für die Zukunft

In der Nähe der Grazer Oper sorgen gerade abends Fahrzeuge von Innenstadtbesucherinnen und -besuchern dafür, dass die Parkplatzsuche für Anwohnende vielfach zur Schnitzeljagd wird. Dass im Zuge der Umgestaltung des Kaiser-Josef-Platz Stellflächen weggefallen sind, um Platz für Gastronomie und geselliges Beisammensein zu schaffen, hat nicht nur seine Für- und Widersprecher, sondern ist Thema für sich und verlangt, um auf einen grünen Zweig zu kommen, letztlich, dass sich alle Grazerinnen und Grazer die Grundsatzfrage stellen: Welche Prioritäten setzt man in Hinblick auf ein harmonisches Zusammenleben in Zukunft?

Tagsüber Marktplatz, abends beliebter Treffpunkt: Dass am Kaiser-Josef-Platz nicht mehr geparkt werden darf, sorgte für eine deutliche Belebung. Doch nicht alle Anwohnerinnen und Anwohner stimmt das glücklich – teils fühlen sich Gastrobetrieb oder Skaterinnen und Skater gestört. | Foto: Regionalmedien Steiermark
  • Tagsüber Marktplatz, abends beliebter Treffpunkt: Dass am Kaiser-Josef-Platz nicht mehr geparkt werden darf, sorgte für eine deutliche Belebung. Doch nicht alle Anwohnerinnen und Anwohner stimmt das glücklich – teils fühlen sich Gastrobetrieb oder Skaterinnen und Skater gestört.
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"Natürlich ist es in dem Moment, wo man keinen Parkplatz findet, nervig – vor allem, wenn man etwas zum Tragen hat oder es spät am Abend ist", verrät Pädagogin Clara Eder, die im unweit gelegenen Herz-Jesu-Viertel zu Hause ist, und ergänzt: "Bevor aber ein schönes altes Haus weggerissen wird, um eine riesige Garage hinzustellen, nehme ich das gerne in Kauf.

Parkplätze: Deine Meinung ist gefragt

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