Tatort Bahnhof: Strafzettel, Chaos und ein bisserl Menschlichkeit

Grüße aus Schilda! Jene Tafeln, die besagte LKW-Ladezone kennzeichnen (rechts im Bild) sind ausschließlich von der Seite zu lesen, aus der man als normaler Autofahrer überhaupt nicht einfahren darf. Aus Fahrrichtung absolut unsichtbar!
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  • Grüße aus Schilda! Jene Tafeln, die besagte LKW-Ladezone kennzeichnen (rechts im Bild) sind ausschließlich von der Seite zu lesen, aus der man als normaler Autofahrer überhaupt nicht einfahren darf. Aus Fahrrichtung absolut unsichtbar!
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Bereits bei der Einfahrt auf das Bahnhofs-Areal merke ich eine gewisse Unruhe hochkommen. Hierfür sorgt der Taxifahrer, der ob seines halb auf dem Gehsteig abgestellten Fahrzeuges, die Kenntnisse um die Breite meines motorisierten Untersatzes auf die Probe stellt. Damit verbunden stellt sich auch schon die erste Problematik ein. Wo parken? Neben dem Ford Mondeo, von Rostflecken, bunten Lackierungsflächen aus der Spraydose und – „Dellen“ wären angesichts dieser Krater der falsche Ausdruck – Blechtälern übersät, mal sicher nicht! Auch scheint der nächste freie Parkplatz als ungeeignet, nachdem ein Q7 zu einem Drittel darauf abgestellt war. Das war es dann aber auch schon mit den freien Stellflächen. Nach drei Runden durch den Schilderwald ziehe ich von dannen, verlasse das Bahnhofsgelände und parke in der nächstgelegenen Seitengasse.

Der Weg in Richtung Bahnhof-Eingang versetzt mich in Erstaunen. Wurde das komplette Areal nicht erst kürzlich umgebaut und einige Parkflächen dem zusätzlichen Grünraum gewidmet? In ein Meter Höhe abgesägte und bereits vertrocknete Baumstümpfe haben aber nichts mit Grünflächen zu tun. Aber gut, vielleicht erfolgt ja im kommenden Frühling eine neuerliche Aufforstung.

„Issa Amsterdam not Graz better Stadt. From the Politicians nothing!“ Dies und weiteres schreit Demba allen Passanten entgegen. Demba, so ruft ihn sein mit einer Dose Pittinger „bewaffneter“ Partner, dem man aufgrund seiner knallroten Backen und schwammigen Aussprache eine leichte Trunkenheit unterstellen könnte. Es ist 10 Uhr vormittags.
Er, nennen wir ihn einfach Horst, prahlt vor Demba, er hätte drüben bei der Bim-Haltestelle gerade dem Jack (oder so ähnlich; schwammige Aussprache, wir erinnern uns) einen „Arschtritt“ verpasst, weil er „blöd dreinschaute“. Beide lachen.

Ich lehne am Gebäude, beobachte Demba und Horst, lausche deren Geschichten, betrachte das Treiben rundherum. „LKW-Ladezone“ steht auf der Zusatztafel geschrieben, direkt unter dem Halte- und Parkverbotsschild. Die Ordnungswache fährt vor. Nicht aber, um sich etwa der beiden Herren anzunehmen, sondern um dem jungen Mann, mit seinem Bundesheer-Gepäck behilflich zu sein. Ein Bus fährt vor. Die Ordnungswächter und der Rekrut gehen in Richtung Haltestelle. Der silberne Skoda der beiden verweilt unbemannt in besagter Ladezone.

Inzwischen taucht Walter auf. Jener Mann, den ich die nächsten Stunden begleiten werde. Jener Mann, der heute bereits seit acht Uhr morgens „Herr über die Bahnhofs-Parkzone“ ist. Einer jener Mitarbeiter des Grazer Parkraum-Service, die sich tagtäglich berufsbedingt mit Falschparkern ärgern, Vorurteile gefallen lassen und mit Anfeindungen umgehen müssen. Walter zieht seine Runde, ich folge. Im Park sitzen zahlreiche Männer mittlerer und älterer Semester, spielen Karten, reden. Ein Fahrer gibt seinem Parkplatznachbarn Starthilfe. Das sich wiederholende Scheppern des Skatebords, mit dem ein Junge seine Tricks neben dem Fahrrad-Abstellplatz probiert, hallt über den Platz. Er selbst hört davon nichts. „Beats by Dre.“ sei Dank. Autofahrer drehen ihre Runden, wieder und wieder.

„Ist Auto da Problem?“ fragt ein junger Mann, der seinem BMW mit slowenischem Kennzeichen entsteigt. Walter klärt ihn freundlich ob der maximal 10 Minuten auf, der junge Slowene bedankt sich lächelnd und eilt Richtung Spar. Freundlichkeit? Eigentlich etwas, dass man jetzt nicht unbedingt mit den „Parksheriffs“ in Verbindung bringt. Zu viele negative Erlebnisse und Geschichten schwirren im Kopf herum. Vor allem die oft propagierte, aber niemals bestätigte „Abschussquote“, ähnlich jener jüngst kritisierten Quote der Verkehrspolizisten. „Nein, von mir wurde noch nie eine derartige Quote gefordert“, widerlegt Walter meine Vermutung, ergänzt aber, dass es gerade hier am Bahnhof höchst ungewöhnlich wäre, kein Ticket zu schreiben. „Die Vorgesetzten würden halt fragen, ob ich überhaupt gearbeitet habe, wenn es keinen Vorfall gäbe.“ Die Bestätigung folgt in Form eines kurzen Piepstones aus dem Handcomputer auf den Fuß. Wieder jemand, der keinen Parkschein gelöst und die 10-Minuten Frist nicht eingehalten hat. Wieder einer der 15 bis 20 Erlagscheine, die pro Schicht an den Windschutzscheiben landen.

Die Sonne scheint. Eine leichte Brise streicht über den Platz. Die Ordnungswache verlässt, nach einem kurzen Deut mitsamt „A bissel leiser, gö“ in Richtung Demba und Horst, den Parkplatz in der LKW-Ladezone. Gestoppte 23 Minuten stand der Skoda widerrechtlich (?) darin. „Alles mit Blaulicht dürfen wir nicht“, kommentiert Walter schulterzuckend meinen Blick auf die Uhr, als könnte er die Gedanken lesen.

Ein Zug dürfte demnächst abfahren, denn plötzlich steht alles. Stau! Zu viele Autofahrer wollen auf das Areal bzw auch wieder runter. Die Ampel an der Ausfahrt bremst ein. „Ich mag den Bahnhof nicht. Viel zu klein, zu wenig Fläche, eine zu kleine Einfahrt, eine schlechte Ausfahrt, oft herrscht Chaos hier“, kommentiert Walter die Fahrzeugschlange. Heute ist es vergleichsweise ruhig. Nicht so am Eingang zum Terminal. Demba erzählt lauthals seine Geschichten, inzwischen bei der geschätzt fünften Dose Pitt.

Der nächste Pieps, das Nächste Ticket. Diesmal erwischt es ein Weizer Kennzeichen. Warum hier neben dem Merkur? Hier steht doch nur ein Schild, das eine Ladezone von Montag bis Freitag, respektive Samstag kennzeichnet? Warum Sonntag? Ein Blick um die Ecke bringt die Aufklärung – eine Tafel, Zonen-Ende. Dass diese aber für die Autofahrer absolut nicht ersichtlich ist, bemängelt auch der sympathische „Parksheriff“.
Vier Mädchen steigen aus einem schwarzen Polo, eine geht schnurstracks in Richtung Ticket-Automat. „Halt, wir müssen hier weg!“, ruft ihr eine Freundin hinterher. Gerade noch rechtzeitig, denn die Damen stehen im Parkverbot. Deren unsichere Nachfrage bei dem Mann in knallgelber Jacke bestätigt ihren Verdacht. Zehn Minuten Halten ist erlaubt, mehr nicht. Egal ob mit gelöstem Parkschein oder nicht.

Zwei Runden, zwei Strafzettel und unzählige verunsicherte, Fragen stellende Autofahrer – im Schnitt konsultiert jeder zweite Lenker den Experten, ob der verwirrenden Parksituation – später, verspüre ich erste Müdigkeit in den Beinen. Bis zu 20 Kilometer legt ein Mitarbeiter des Parkraum-Service pro Schicht, je nach Reviergröße, zurück. Bei jedem Wetter! Walter verlor seit Job-Antritt binnen kürzester Zeit satte 15 Kilogramm.

Zurück beim Hot Spot „LKW-Ladezone“. Walter beantwortet etwas abseits wieder Fragen, ein Mercedes fährt vor. E-Klasse. Junger Fahrer. Sehr junger Fahrer. Ich blicke auf die Tafel, auf den Fahrer, auf die Uhr, mache Notizen für diese Reportage. Ein forsches „Wos is? Wos willscht du? Steh nur Minute do“ reißt mich aus den Gedanken. Ja, der junge Mercedes-Fahrer meint mich, deutet mir etwas, kommt auf mich zu. Ich ziehe ab.
„Ja, es gibt hin und wieder Handgreiflichkeiten“, wird mir dann von Walter bestätigt. „Ich bin bis dato jedoch immer gut mit den Menschen ausgekommen. Es ist immer eine Frage wie man einem Lenker gegenübertritt. Bin ich freundlich, zeige Verständnis erkläre jedoch die Sachlage, so bekomme ich auch Verständnis zurück. Egal welcher Nationalität die Menschen sind. Dies ist gerade bei solch einem emotionalen Thema wie Parken enorm wichtig!“

Nach den letzten Stunden mit Walter ist eines klar: „Parksheriffs“ sind nicht die bösen, Autofahrer hassenden Abzocker, für die man sie bisher oftmals hält. Mentor, Lehrer, Aufklärer, Gesprächspartner, Mensch – es ist soviel mehr. Zumindest bei Walter.

Die Sonne verschwindet langsam hinter dem Bahnhofsgebäude, es wird kühl. Noch eine Stunde bis Feierabend. Autos drehen ihre Runden, wieder und wieder. Horst ist weg. Demba singt.

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