Graz ficht schon seit Jahrhunderten
Der Fechtsport hat eine lange Tradition in der Steiermark: Erste Schulen gab es schon vor über 400 Jahren.
Graz brachte im 20. Jahrhundert bekannte Fechtsportler wie Rudi Trost oder Robert Blaschka hervor. Doch die Anfänge reichen viel weiter zurück. „Nimm dein Schwert in beide Hände, wende dich gegen deinen Gegner und stich von innen her gegen sein Gesicht“, empfiehlt Hans Czynner in seinem 1538 verfassten Handbuch zum Schwertkampf.
Ob der aus Passau stammende Fechter diese und zahlreiche weitere von ihm niedergeschriebene Techniken tatsächlich in Graz unterrichtete, lässt sich nicht mit Sicherheit belegen. Die Tatsache jedoch, dass die einzige bekannte Originalhandschrift seiner Fechtlehre seit Generationen zu den Beständen der Grazer Universitätsbibliothek zählt, legt diese Vermutung zumindest nahe.
Czynners Manuskript ist heute das älteste historische Zeugnis für professionellen Schwertkampfunterricht auf steirischem Boden.
Begnadeter Fechtmeister
Wie zahlreiche andere Kampfkundige dieser Zeit verdiente wohl auch Czynner seinen Lebensunterhalt durch Ausrichtung von Fechtschulen, die Stadtbürgern Unterhaltung und Unterricht im Schwertkampf boten. Das reich illustrierte Werk dokumentiert die beliebtesten Kampftechniken des späten Mittelalters und zugleich die Künste Czynners, der sich auf den Kampf mit dem kurzen Schwert, mit dem Dolch und das damit untrennbar verbundene Ringen ebenso verstand wie auf das sogenannte Rossfechten, also den Kampf zu Pferd.
Erster Berufsfechter
Der erste unzweifelhafte Beleg für die Anwesenheit eines Berufsfechters in der Steiermark entstammt dem Jahr 1577, als der steirische Landtag einem gewissen Andreen Prukher auf dessen Ersuchen hin die Finanzierung der Abhaltung einer Fechtschule im Land gewährte. Sechs Jahre später stellten die Verordneten des Herzogtums eben diesem „Andre Pruckher von Rattenburg, ein schneidersgesel unnd freyfechter“, der in Graz „viel junge von adl mit sundern vleis in der ritterlichen khunst des fechtens in allen wehren“ unterwiesen hatte, einen an den Bürgermeister und die Räte der Stadt Nürnberg adressierten Geleitbrief aus, wo er sein Wissen in den Folgejahren weiterzugeben beabsichtigte.
Von der Fechtschule zum Verein
Eine regelmäßige Abhaltung von Fechtschulen in der Steiermark lässt sich ab dem frühen 17. Jahrhundert belegen. Denn 1623 beantragten die Verordneten des steirischen Landtags die Einsetzung eines eigenen landständischen Fechtmeisters. Mit der Ernennung von Andrä Felder zum Fechtmeister beginnt 1624 eine beinahe lückenlose Reihe von insgesamt 13 Inhabern dieses Amtes, die 1863 durch eine Verwaltungsreform bzw. 1876 mit dem Tod des letzten ständischen Fechtmeisters Antonio Vandelli endet.
Die von diesen Fechtlehrern unterrichteten Techniken der italienischen und französischen Schulen, den Vorläufern des modernen Fechtsports, unterschieden sich allerdings deutlich von jenen des Hans Czynner und seiner Zeit, dessen Tradition zum Teil im Mensurfechten studentischer Korporationen fortlebt.
Aus der im Jahr 1624 gegründeten Fechtschule unter Andrä Felder ging indessen der noch heute bestehende Steiermärkische Landesfechtclub Graz hervor.
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