Lassenberger-Interview
"Neuwahlen in Coronazeiten wären nicht sehr klug" & Stadtblatt-Umfrage

Angelobung in Coronazeiten: LhStv. Josef Geisler mit dem neuen Vizebürgermeister Markus Lassenberger | Foto: zeitugnsfoto.at
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  • Angelobung in Coronazeiten: LhStv. Josef Geisler mit dem neuen Vizebürgermeister Markus Lassenberger
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INNSBRUCK. Markus Lassenberger (FPÖ) als erster Bürgermeisterstellvertreter der Landeshauptstadt ist eine Überraschung. In einer geheimen Wahl hat der nicht amtsführende Stadtrat 18 Stimmen erhalten, die ebenfalls zur Wahl stehenden Stadträtin Elisabeth Mayr (SPÖ) hat 16 Stimmen erhalten, 6 Mandatare des Gemeinderats haben sich der Stimme enthalten. Das Stadtblatt hat den "blauen" Vize zum Interview gebeten.

Interview

Stadtblatt: Herr Vizebürgermeister, wir überrascht waren Sie nach der Wahlergebnisverkündigung von Bürgermeister Georg Willi?
Markus Lassenberger:
Ich war sehr überrascht. Es war mir bewusst, dass die Chance besteht die Wahl zu gewinnen. Dass es aber am Ende des Tages positiv für mich ausging, sehe ich nicht als Selbstverständlichkeit.

Bürgermeister Georg Willi hat vor der Wahl zahlreiche Punkte angeführt, die eine Zusammenarbeit mit der FPÖ seiner Meinung nach unmöglich machen. Hat diese Aussagen Auswirkungen auf die nötige Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und seinem Stellvertreter?
Georg Willi hat mehrmals kundgetan, dass er mit einer FPÖ nicht zusammenarbeiten kann oder will. Das sehen wir ganz anders. Es ist an der Zeit ideologisch bedingte verkrustete Denkweisen aufzubrechen und eine Zusammenarbeit nicht auszuschließen. Wir haben unsere Mitarbeit angeboten und sind überzeugt, dass dies auch gemeinsam mit der bestehenden Koalition funktionieren kann. Es würde dazu aber auch Gesprächsbereitschaft benötigen, die ich jedoch von Seiten Bürgermeister Willi vermisse. Wir werden jedenfalls nochmals das Gespräch suchen. Es muss ein gangbarer Weg gefunden werden.

Sehen Sie das Wahlergebnis auch als Auftrag für die Stadtregierung der FPÖ bzw. den im Stadtsenat vertretenen FPÖ-Mitgliedern eine Ressortverantwortung zu übergeben?
Das Ergebnis kann als Auftrag an den Herrn Bürgermeister verstanden werden, diese restriktive Ausgrenzung zu beenden. Wir wären bereit uns konstruktiv an einer Zusammenarbeit zu beteiligen. Die immer wieder angeführte Kontrolltätigkeit die wir nach Meinung des Bürgermeisters einnehmen sollen und auch wahrnehmen, gefällt ihm nämlich am Ende des Tages auch nicht, siehe temporäre Begegnungszone oder die nicht voranschlagswirksamen 4 Millionen beim Personal . Dies gab er uns mehrmals zu verstehen. Deshalb sind wir uns nicht sicher was Bürgermeister Willi von uns erwartet. Es kommt mir so vor als sind wir ihm generell nicht recht.

Die Einarbeitungszeit für die Funktion war kurz. Wenige Minute nach der Wahl haben Sie die Sitzungsführung im Gemeinderat übernommen, wie ist es Ihnen dabei ergangen?
Ich muss zugeben sehr nervös gewesen zu sein. Ich habe mir jedoch im Vorfeld Gedanken dazu gemacht und mir nochmals die letzten Gemeinderatssitzungen angesehen. Natürlich war ich nicht fehlerfrei, aber wer ist das schon.

Rechnen Sie mit vorgezogenen Neuwahlen in Innsbruck?
Vor der Wahl hätte ich damit gerechnet. Bürgermeister Willi hat das auch angedroht sollte ein Vizebürgermeister der FPÖ gewählt werden. Einen Tag nach der Wahl wurden seine Aussagen jedoch revidiert. Jetzt gehts lediglich nur noch darum die Lage neu zu bewerten. Von Neuwahlen keine Spur. In Zeiten der Pandemie wäre dies auch nicht sehr klug.

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    Markus Lassenberger (FPÖ) ist erster Bürgermeisterstellvertreter von Georg Willi (Grüne), links im Bild. (Foto: Stadt Innsbruck)
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    Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck) kritisiert Bürgermeister Georg Willi. (Foto: zeitungsfoto.at)
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    Bürgermeister Georg Willi verkündet das Wahlergebnis. (Foto: zeitungsfoto.at)
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    Uschi Schwarzl erhielt einige Ressorts zurück. (Foto: zeitungsfoto.at)
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    Der neue Vizebürgermeister leitet die Gemeinderatssitzung. (Foto: zeitungsfoto.at

Reaktion

Die Reaktionen auf die Wahl von Markus Lassenberger spiegeln vor allem die Überraschung über das Wahlergebnis. Im Vorfeld der Wahl konnte Elisabeth Mayr eigentlich mit 17 Stimmen (SPÖ, Grüne, NEOS und ALI) rechnen. Die Innsbrucker Grünen zeigen sich bestürzt, dass ein Teil der Stadtkoalition einen FPÖ - Vizebürgermeister gewählt hat. „Wir befinden uns in mehrfacher Hinsicht in einer der schwersten Krisen überhaupt und werden jetzt die Situation in den entsprechenden Gremien neu bewerten müssen“, erklärt Bürgermeister Georg Willi. Die Innsbrucker Stadtregierung hat zu hoch gepokert und sich selber in diese Situation gebracht, stellen die NEOS in einer Aussendung fest. „Es ist traurige Gewissheit, die Koalition ist gescheitert, die Stadträtin hat nicht einmal die Rückendeckung der Koalition,“ so die GR Dagmar Klingler-Newesely. „Das Ergebnis der geheimen Wahl ist zur Kenntnis zu nehmen. Die beschlossene Ressortverteilung findet unsere Zustimmung, da die Neuordnung der Kompetenzen jene Kritikpunkte berücksichtigt, die in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen geführt haben“, so ÖVP-Stadtparteiobmann KO Christoph Appler in einer ersten Reaktion zum Ergebnis der Vizebürgermeisterwahl und der neuen Ressortverteilung. „Mit der Wahl von Markus Lassenberger zum 1. Vizebürgermeister der Stadt Innsbruck ist auf alle Fälle die Opposition gestärkt, und die Stadtregierung geschwächt! Man darf gespannt sein, wie sich Bürgermeister Georg Willi aus diesem politischen Dilemma, in welchem er sich mit der Wahl von Lassenberger zum 1. Vizebürgermeister befindet, wieder herauswurtschteln will!“, meint GR Gerald Depaoli.  Als sinkendes Schiff betrachtet die Alternative Liste Innsbruck (ALI) die Koalition nach der Wahl des FPÖ-Abgeordneten Markus Lassenberger zum nicht-amtsführenden Vizebürgermeister: “Die Wahl eines blauen Vizebürgermeisters ist ein Dammbruch nach Rechtsaußen." SP-Gemeinderat Benjamin Plach schreibt auch seiner Facebook-Seite: "Die Wahl stellt für mich einen Tiefpunkt der bisherigen Gemeinderatsperiode dar. Offenbar ist es für Teile der Koalitionsfraktionen attraktiver gewesen die Zusammenarbeit in der Regierung endgültig zu destabilisieren und einen rechtsaußen-Politiker zu wählen, anstatt mit Elisabeth Mayr eine Kandidatin der Vernunft und des Zusammenhalts zu wählen." „Diese Koalition ist am Ende. Mit solchen Koalitionspartnerinnen und Partner, die mit einer Rechtsaußenpartei gemeinsame Sache machen, ist für uns klar: die SPÖ muss dieses Regierungsbündnis sofort verlassen“, so Tobias Köhle, Vorstandsmitglied des VSStÖ Innsbruck. FPÖ-Bundesparteiobmann NAbg. Norbert Hofer: „Ich freue mich riesig für Markus Lassenberger. Seine Wahl ist ein Beweis für die hohe Akzeptanz, die unser junger Kandidat im Gemeinderat der Tiroler Landeshauptstadt genießt." Der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger meint: „Bürgermeister Willi muss nun endlich seine Blockadehaltung ändern, es braucht in diesen Zeiten einen echten Zusammenhalt, daher müssen die beiden FPÖ-Stadtsenatsmitglieder mit ressortmäßiger Amtsführung ausgestattet werden."

Gemeinderatsfraktion (Anzahl der Mandate)
Georg Willi - die Innsbrucker Grünen (10)
FPÖ - Rudi Federspiel (8)
Christine Oppitz-Plörer - Liste für Innsbruck (7)
Die Volkspartei (5)
Sozialdemokratische Partei Österreichs (4)
NEOS - Innsbruck (2)
Bürgerforum Tirol - Liste Fritz (1)
Gerechtes Innsbruck (1)
Tiroler Seniorenbund - für Alt und Jung (1)
Alternative Liste Innsbruck (1)

Ressortverteilung

Die Ressorts der ehemaligen Bürgermeister-Stellvertreterin Uschi Schwarzl, die seit vergangenem Gemeinderat vorübergehend in die Zuständigkeit des Bürgermeisters fielen, wurden in der heutigen Sitzung mit 30 Prostimmen neu zugeteilt. Stadträtin Schwarzl erhält die Ressortverantwortung zurück, die Agenden des Verkehrs- und Straßenrechts bleiben beim Bürgermeister. Der Stadtsenat der Tiroler Landeshauptstadt besteht aktuell aus Bürgermeister Georg Willi (Grüne), dem ersten Vizebürgermeister Markus Lassenberger (FPÖ), dem zweiten Vizebürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber BSc, Stadträtin Mag.a Uschi Schwarzl (Grüne), Stadträtin Mag.a Elisabeth Mayr (SPÖ), Stadträtin Mag.a Christine Oppitz-Plörer (FI), und Stadtrat Rudi Federspiel (FPÖ). Die beiden Vertreter der FPÖ bleiben ohne Ressortzuständigkeit und sind somit nicht amtsführend.

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    Elisabeth Mayr bei der Stimmabgabe (Foto: zeitungsfoto.at
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    Markus Lassenberger bei der Stimmabgabe. (Foto: zeitungsfoto.at)
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    Mesut Onay (Alternative Liste Innsbruck). (Foto: zeitungsfoto.at)
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    (Foto: zeitungsfoto.at).

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