Hausbrunnen gesperrt
Wasserverunreinigung in Tillmitsch ist großes Thema im Landtag

Als Quelle für die Verunreinigung des Grundwassers wurde die Feuerwehr- und Zivilschutzschule Steiermark lokalisiert. | Foto: Pixabay
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  • Als Quelle für die Verunreinigung des Grundwassers wurde die Feuerwehr- und Zivilschutzschule Steiermark lokalisiert.
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Die Verunreinigung von Hausbrunnen in Tillmitsch und Lebring, verursacht durch Übungen mit Löschschaum in der nahe gelegenen Feuerwehrschule in Lebring, war in dieser Woche großes Thema im Landtag. Alle Parteien meldeten sich zu Wort. Maßnahmen sind geplant, doch wie es definitiv weitergeht, ist derzeit noch offen.

TILLMITSCH. Trotz der vorgerückten Stunde wurde der letzte Tagesordnungspunkt der Sitzung des Landtages am vergangenen Dienstag hitzig diskutiert. Gegenstand der Debatte waren die Erkenntnisse rund um das durch eine erhöhte PFAS-Belastung verunreinigte Grundwasser im Leibnitzerfeld. Die Stoffe, die insbesondere im Bereich Tillmitsch und Lebring-St. Margarethen in den Hausbrunnen nachgewiesen wurden, machen derzeit bekanntlich zahlreiche Hausbrunnen unbenutzbar. 

Kurzfristig, gelöst, langfristig ein Problem

LAbg. Gerald Holler rollte die Ursachen für die Verunreinigung des Trinkwassers bei seiner Rede im Landtag nochmals auf: "Soweit es mein Wissensstand ist, ist das Wasser als Brauchwasser zu verwenden, aber es wird nicht geraten, es zu trinken. Ebenso sprach Holler die hohen Kosten an, die durch die Bereitstellung von Trinkwasser in der Gemeinde entstehen: "Kurzfristig ist durch die Versorgung mit Wasser in Tillmitsch keine Gefahr gegeben. Wie man das Problem jetzt langfristig löst und die Hausbrunnen ins Netz bekommt sowie die Stoffe aus dem Grundwasser herausbekommt, ist eine andere Geschichte und wird Jahrzehnte dauern."

Holler selbst bezeichnet sich selbst als "gebranntes Kind", was Wasserverunreinigungen im Leibnitzerfeld betrifft. Als ehemaliger Obmann der Landwirtschaftskammer in Leibnitz habe er sich zwei Jahrzehnte lang mit dieser Thematik beschäftigt.

"Man kann mit so einem Thema sehr schön Politik machen. Lösungen und langfristige Erfolge kann man damit nicht bekommen. Lösungen bekommt man nur dadurch, dass man sich zusammensetzt, diskutiert, nach einer Lösung sucht und diese in die Hand nimmt."
Gerald Holler, Landtagsabgeordneter (ÖVP)

Blick von zwei Seiten

LAbg. Bernadette Kerschler meldete sich als zweifach Betroffene, als aktive Feuerwehrfrau der FF Kaindorf an der Sulm und als Anrainerin, ans Rednerpult. Die Stadtgemeinde Leibnitz grenzt direkt an die Gemeinde Tillmitsch.

"Als sehr gut betraut mit der Thematik", beleuchtete Kerschler das Thema aus mehreren Blickwinkeln. Kerschler wies darauf hin, dass alle Feuerwehren in der Feuerwehrschule in Lebring ausgebildet werden und diesen Löschschaum verwenden, "weil gewisse Brände nur mit dem Schaum gelöscht werden können".

"Gewisse Brände müssen mit Schaum gelöscht werden und bis vor kurzem haben alle diesen Schaum verwendet. Alle 39.811 Feuerfrauen und Feuerwehrmänner werden in der Feuerwehr- und Zivilschutzschule Lebring ausgebildet und deshalb ist es dort so konzentriert aufgetreten. Das PFAS kann aus dem Wasser nicht abgebaut werden, es kann nur ausgeschwemmt werden. Leibnitz liegt relativ niedrig und deshalb ist es in das Grundwasser gekommen."
Bernadette Kerschler, Landtagsabgeordnete (SPÖ)

Kerschler ist es durchaus bewusst, dass die derzeitige Wasserthematik in Tillmitsch ein sehr großes Thema ist, "das zu Verunsicherungen führt". Im Unterschied zu Lebring besitzen in Tillmitsch bekanntlich sehr viele Haushalte einen Hausbrunnen.

"Das öffentliche Netz ist jetzt vorhanden und es kann angeschlossen werden, aber natürlich kosten diese Anschlüsse was - und das in der jetzigen Situation, aber es wird informiert und an einer Lösung gearbeitet", betont Kerschler und unterstreicht weiter, ohne es Herabspielen zu wollen: "Es ist keine Vergiftung, sondern eine Verunreinigung von Wasser." Dass die Situation für Tillmitsch eine große Herausforderung sei, steht auch für Kerschler außer Frage: "Es muss zu einer Lösung kommen."

Grund für die Verunreinigungen ist der Übungseinsatz von PFAS-haltigen Löschschäumen in der Vergangenheit. | Foto: Pixabay
  • Grund für die Verunreinigungen ist der Übungseinsatz von PFAS-haltigen Löschschäumen in der Vergangenheit.
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Finanzielle Hilfe gefordert

LAbg. Lambert Schönleitner wünscht sich, dass die Kosten für die Hausanschlüsse in Tillmitsch vom Land übernommen werden: "Wenn es so ist, dass wir hier offenbar ein großesökologisches Problem gehabt haben, das ursprünglich nicht jeder gewusst hat, dann müssen wir zumindest alles tun, um die Menschen zu unterstützen, damit sie wieder sauberes Wasser vorfinden."

"Unser Ziel wäre es, dass wir uns in diesem Fall darauf einigen können, dass das Land Steiermark alles tut, um die Menschen dabei zu unterstützen, um diese Gefährdung möglichst kostenneutral zu beheben."
Lambert Schönleitner, Grüne

Scharfe Kritik der FPÖ

„Die Landesregierung hat in dieser Causa bisher vollumfänglich versagt“, so FPÖ-Gemeindesprecher LAbg. Stefan Hermann. „Es ist skandalös, dass es nicht nur ein Jahr von der Feststellung der Belastung bis zur tatsächlichen Information der Bevölkerung gedauert hat, sondern auch, dass nunmehr absolut kein Wille zur Hilfe für die betroffenen Brunnenbesitzer zu erkennen ist. Wenn Abgeordnete aus dem Raum Leibnitz wie Gerald Holler im Landtag offen zugeben, dass durch das Brunnenwasser ‚alles, was Gott verboten hat‘ an Krankheiten ausgelöst werden kann, gleichzeitig aber versuchen zu beschwichtigen, man könne das Wasser ja immer noch als Brauchwasser verwenden, ist das ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen“, so Hermann weiter, der auch die bisher getroffenen Unterstützungsmaßnahmen kritisiert.

„Von echter Unterstützung kann keine Rede sein. Die Brunnenbesitzer erhielten einmal einen Gutschein über 100 Euro für den Ankauf von Trinkwasser. Seitdem müssen sie wie in einem Krisengebiet mehrmals wöchentlich zum örtlichen Bauhof pendeln und ihr Trinkwasser dort in Kanistern beziehen – diese Situation ist nicht tragbar.“
Stefan Hermann, Landtagsabgeordneter und Gemeindesprecher (FPÖ)

„Es braucht rasche und unbürokratische Hilfe für die Betroffenen in der Region. Die Verantwortung auf die Gemeinde abzuwälzen, hilft niemandem. Der Schaden ist angerichtet, nun müssen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um diesen wieder gut zu machen. Die Dimension scheint der Landesregierung offenbar noch nicht bewusst zu sein. Ein ähnlicher Fall rund um den Flughafen Salzburg dürfte Sanierungskosten von mehr als 100 Millionen Euro nach sich ziehen“, so Hermann abschließend.

Ursula Lackner: "Die Wasserverunreinigungen in Tillmitsch, verursacht durch Löschschaum, werden seitens des Landes sehr ernst genommen." | Foto: SPÖ/Sudy
  • Ursula Lackner: "Die Wasserverunreinigungen in Tillmitsch, verursacht durch Löschschaum, werden seitens des Landes sehr ernst genommen."
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Brauchwasser ja, Trinkwasser nein

Landesrätin Ursula Lackner betont, dass es sich bei der Wasserverunreinigung in Tillmitsch und Lebring um "ein ernstes Thema handelt, das von allen ernst behandelt werden muss".

Laut Lackner hat von Juli 2021 bis November 2022 ein Monitoring des Grundwassers im Leibnitzerfeld stattgefunden, wo es darum ging, den Verursacher für die Verunreinigung festzustellen. Danach wurde umgehend gehandelt.

"Nach Vorlage der Ergebnisse wurden laufend Untersuchungen weitergeführt und Maßnahmen ergriffen."
Ursula Lackner, Landesrätin (SPÖ)

Lackner verweist darauf, dass die Nutzung der Hausbrunnen als Brauchwasser in Tillmitsch ohne Einschränkung möglich ist. "Trinkwasser steht für die Bevölkerung von Tillmitsch nach wie vor gratis zur Verfügung", hebt Lackner hervor, die auch auf die Unterstützung mit Expertinnen- und Expertenwissen seitens des Landes verweist. "Brunnenuntersuchungen wurden den besorgten Bürgerinnen und Bürgern angeboten und die Brunneneigentümerinnen und Brunneneigentümer werden über die Ergebnisse auch laufend informiert", so die Landesrätin.

"Laut umweltmedizinischen Beurteilungen besteht keine aktute gesundheitliche Gefährdung, aber das Wasser soll nicht getrunken."
Ursula Lackner

Die nächsten Schritte

Lackner versichert, dass weitere Untersuchungen betreffend der Hausbrunnen durchgeführt und auch was die Verwendung des Wassers für den Ackerbau und die Tierzucht betrifft. "Es wurden Proben von Gemüsepflanzen, die mit PFAS-verunreinigten Wasser gezogen wurden, entnommen. Eine Aufnahme in die Gemüsepflanzen bzw. in deren Früchte konnten nicht festgestellt werden. Es wurden bereits das Sommer- und das Herbstgemüse untersucht. Derzeit wird das Wintergemüse einer Untersuchung unterzogen. Die Ergebnisse dieser Proben sind noch ausständig", informiert die Landesrätin.

Was die Nutztiere betrifft, ist es so, dass die Lebensmittelaufsicht derzeit Untersuchungen durchführt und eine Rückmeldung über das Ergebnis liegt bis dato noch nicht vor. "Aber wir haben umfassende Maßnahmen ergriffen, um das Thema gut einschätzen zu können und daneben sollten die Ergebnisse der sehr umfangreichen Untersuchungen nach dem Altlastensanierungsgesetz im ersten Halbjahr des Jahres 2023 vorliegen. Anhand dieser Ergebnisse werden dann alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden", lässt Ursula Lackner wissen.

Video aus dem steirischen Landtag
Hier geht es zum Video mit den Statements von LAbg. Gerald Holler (ÖVP), LAbg. Bernadette Kerschler (SPÖ), LAbg. Lambert Schönleitner (Grüne) und Landesrätin Ursula Lackner.

Update, 17. Februar:

Die Grünen werden einen Antrag einbringen, in dem sie Landesrätin Lackner auffordern, ein umfassendes Sanierungskonzept inklusive Darstellung der Kosten vorzulegen. Private müssen aus der Sicht der Grünen zu 100 Prozent vom Land Steiermark entschädigt werden, so ein weiterer Punkt des Antrags, wie Kontrollsprecher Lambert Schönleitner erklärt: „Es ist nicht einzusehen, dass die Bevölkerung mit Wassergutscheinen und halbherzigen Unterstützungen des Landes abgespeist wird. Die Menschen dürfen nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Auch wenn diese schwere Umweltbelastung ohne Verschulden entstanden ist, muss die öffentliche Hand die Verantwortung übernehmen und eine Sanierung und Übernahme aller Kosten sicherstellen.“

Darüber haben wir bereits im Herbst des Vorjahres berichtet:

Ortschef fordert Lösung für verunreinigte Hausbrunnen


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