Pamela Anderson – Das Leben einer Legehenne
Ein Nachruf, der die Opfer der (bunten) Eier thematisiert

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Hi! Ich bin Pamela Anderson, 3 Jahre alt und seit August 2021 am Lebenshof Gut Rannerjosl zuhause. Gemeinsam mit Natalie Portman (die leider letztes Jahr von uns gegangen ist) und Michelle Pfeiffer zählte ich zu den ersten Hühnern, die von Isabel & Thomas aufgenommen wurden. Obwohl meine Adoptiveltern zu diesem Zeitpunkt noch sehr unerfahren im Umgang mit uns Hühnern waren, haben wir gleich gemerkt, dass sie sehr bemüht sind, uns ein schönes Leben zu ermöglichen und zum Glück von der Vernachlässigung durch unsere „Vorbesitzer:innen“ und der dadurch entstandenen Qualen zu befreien.

Mein Leben begann nämlich als Hybrid-Huhn in einer großen Halle mit unzähligen Artgenossinnen. Das war wahrlich kein schöner Ort um erwachsen zu werden, denn es war stickig, eng und es gab praktisch keine Rückzugsmöglichkeiten. Und so musste ich ohne die Obhut meiner Eltern aufwachsen.
Irgendwann beschlossen die Menschen, mich los zu werden, denn – zu dem Zeitpunkt begriff ich bereits, wieso uns die Menschen (miss-)brauchten – ich war mittlerweile fast 1 Jahr alt und hatte meine erste richtige Mauser. In dieser Zeit wechseln wir Hühner unser Federkleid, was so viel Energie kostet, dass wir keine Eier legen können. (Wobei wir ohnehin nur deshalb so viele Eier legen, weil uns der Mensch dahin gezüchtet hat.) Weil dies mehrere Wochen dauert, sind wir für die Menschen nicht mehr rentabel und so kam es, dass sie einfach neue Hühner „nachproduzierten“ und ich gemeinsam mit einigen meiner Schwestern weggebracht wurde. Was mit den vielen anderen Leidensgenossinnen geschah, weiß ich leider nicht.

Folglich kam ich auf einen kleinen Bauernhof und hoffte, dass ich hier mein Glück finden würde. Anfangs schien dem auch so, denn zum ersten Mal sah ich die Sonne, spürte Gras unter meinen Füßen, konnte in der Erde scharren – also all die Dinge, die wir Hühner instinktiv gerne machen. Doch es währte nicht lange und das bisschen Platz wurde kahler und immer dreckiger. Kein Wunder wenn so viele Hühner am selben Ort sind, dass wir von „Parasiten“, Bakterien und Viren heimgesucht werden. Es dauerte nicht lange und ich merkte auch hier, dass die Menschen uns lediglich als Eierproduktionsmaschinen betrachten und uns diese wegnehmen um sie verkaufen oder selbst fressen zu können. Dabei legen wir Hühner doch aus demselben Grund Eier wie alle anderen Vögel – um Nachwuchs zu bekommen. Und das natürlicherweise max. 30 Mal im Jahr und nicht an die 300 Mal im Jahr , so wie uns leider der Mensch, der scheinbar in allem einen Profit sieht und keine Gnade kennt, hochgezüchtet hat, obwohl wir doch LEBEwesen sind, die fühlen, leiden, lieben können – genauso wie ihr.

Jedenfalls machten sich die Symptome und Krankheiten der widernatürlichen Eingriffe durch euch Menschen (Züchtung) sowie dem auf immer gleichen Raum immer stärker werdenden „Parasiten“druck bemerkbar. Jedoch interessierte das die Menschen hier nicht – denn solange wir Eier legen haben wir unseren Lebenszweck erfüllt. Doch die Folge von Krankheit und Vernachlässigung ist, dass wir Hühner keine oder weniger Eier legen und das wiederum ist ein Grund, warum wir für die meisten Menschen nicht nützlich sind, womöglich noch Kosten durch Untersuchungen und Medikamente verursachen könnten und so kam es, dass auch die damaligen BesitzerInnen uns loswerden wollten, um sich Kosten zu sparen.
Dieses Gefühl, nur wegen einer Sache nützlich zu sein und nicht weil wir einfach sind, wer wir sind, macht mich sehr traurig. Und als größten Hohn dieses Kapitels in meinem Leben, empfand ich immer das Schild in der Einfahrt der Menschen, die mich missbrauchten, mit der Aufschrift „EIER VON GLÜCKLICHEN HÜHNERN“. Ich fragte mich immer, wie die Menschen auf die Idee kommen, zu denken, dass ich glücklich wäre? Sie haben mich noch nie gefragt oder Zeit mit mir verbracht, sie haben mich noch nie liebevoll berührt, sie versorgen nicht einmal meinen geschundenen Körper und behandeln uns herablassend, was wir intelligenten Hühner sehr wohl merken.

Und dann kam – meine Freundinnen und ich haben bereits jede Hoffnung aufgegeben, dass es das Leben gut mit uns meinen könnte – plötzlich der Tag an dem Natalie, Michelle und ich schon wieder umziehen sollten, was uns großes Unbehagen bereitete. Diese Sorge war jedoch zum ersten Mal in unserem kurzen Leben umsonst, denn was uns bei unserem neuen Zuhause erwartete, war und ist nach wie vor wahrlich ein Paradies für uns Hühner. Schon ein paar Tage nach unserer Ankunft merkten unsere Adoptiveltern trotz ihrer Unerfahrenheit, dass mit uns Dreien etwas nicht stimmte. Ihr Einfühlungsvermögen muss groß sein, denn bis zu diesem Tag hatte sich noch nie jemand um unsere Gesundheit gekümmert. So ging es für uns zum ersten Mal in unserem Leben zu einem Tierarzt, der uns gleich mal mit Vitamincocktails, Entwurmungsmittel, Antibiotika und Antimilbenmittel versorgte.
Darüber hinaus werden wir vom ersten Tag an mit reichhaltigem und viel Liebe zubereiteten Speisen verwöhnt, dürfen in einem großen, sauberen Stall schlafen und das Beste: es gibt fast unendliche Weiten im Auslauf, den wir mit niemanden teilen müssen und unzählige Möglichkeiten, sich zu verstecken, zu scharren, usw. Ich beobachte außerdem, dass unsere Adoptiveltern sehr oft viel Zeit mit Recherchen verbringen, um uns weiterhelfen zu können.
Hier am Gut Rannerjosl liebe ich es ausgiebig sandzubaden, in der Sonnen zu liegen, mich im Dickicht zu verstecken, die reichhaltige Wiese abzugrasen, die Enten besuchen und allein im Wald spazieren und Nahrung suchen zu gehen (wobei ich aus Sorge meiner Adoptiveltern immer darauf achte mich dazwischen zuhause blicken zu lassen). Es ist wahrlich das Paradies auf Erden für uns.

Wenn da nur nicht unsere durch Gewinnmaximierung der Menschen angezüchteten Schwachstellen wären, die uns das Leben schwer machen. Zum Glück habe ich es ein wenig besser getroffen als meine Hühnerfreundinnen Natalie und Michelle. Ich habe „nur“ ein Geschwür am Bein, welches mich in meiner Vitalität zum Glück kaum einschränkt. Meine Adoptiveltern haben auch da in Erwägung gezogen, mich von der Last des Geschwürs zu befreien, haben sich allerdings auf anraten der Tierärzte dagegen entschieden, da so eine Operation gefährlich ist und dazu führen könnte, dass ich sterbe.
Durch das mir angezüchtete ständige Eier legen, ist mein Legedarm sehr oft beleidigt und das Eier legen an sich fühlt sich jedes Mal wie eine Geburt an.Von vielen Artgenossinen weiß ich, dass sie noch schlimmer leiden als ich und meist auch durch das exzessive Eier legen sterben. Das macht mir Angst.

Und in den letzten Wochen merke ich, dass ich immer müder und schwächer werde. Und seit Natalie von uns gegangen ist und auch meine neuen FreundInnen, James und Olivia nicht mehr hier sind, bin ich dazu depressiv. Weiters sind mir die neuen jungen Hühner, die wegen Tobey aufgenommen wurden zu quirlig und aufdringlich, sodass ich es mittlerweile vorziehe mich abzusondern.

Aber trotzdem liebe ich mein Leben hier am Gut Rannerjosl und bin dankbar, dass ich das Privileg habe, hier so frei wie nur möglich und doch beschützt zu sein. Dieses Privileg haben leider nur sehr wenige meiner Familie und Freunde, obwohl sie doch genauso ein Leben ohne Angst und Schmerzen verdient hätten.

Meine Adoptiveltern haben mir erzählt, dass immer mehr Menschen begreifen wie besonders und schützenswert wir Hühner (genauso wie alle anderen Mitgeschöpfe) doch sind und damit aufhören Fleisch, Eier, Milch und andere Dinge zu konsumieren, die uns gehören.

Zu guter Letzt habe ich noch zwei Wünsche an euch Menschen:

Bitte hört auf euer Herz wenn ihr das nächste Mal Fleisch, Eier oder Milchprodukte konsumiert und bedenkt, dass hinter all diesen „Produkten“ Ausbeutung und Tierleid steckt. Vergesst nicht, dass in jedem Tier wie ich es bin, eine Persönlichkeit steckt, die nur eines möchte: in Frieden leben, die natürlichen Bedürfnisse ausleben und nicht benutzt zu werden!

Und ich würde mir sehr wünschen, dass meine Adoptiveltern entlastet werden, damit sie weiterhin so viel Zeit für uns haben und für unsere leider häufig notwendigen Tierarztbesuche sowie Medikamente aufkommen können – deshalb finde ich die Idee mit den Patenschaften sehr gut.

NACHSATZ:

Aufgrund Pamelas fortgeschrittenen Alters (für Hybrid Legehennen ist dies bereits mit 3-5 Jahren der Fall) und ihrer Vorgeschichte war uns bewusst, dass Pamela vermutlich nicht mehr allzu lange unter uns weilen wird. Die Nachwirkungen ihrer Züchtung und Ausbeutung führten dazu, dass sie in den letzten Monaten immer mehr abbaute, schwächer wurde und weniger aktiv war als gewohnt. Kurz vor Ostern verstarb Pamela. Anlässlich ihres Todestags und passend zum jetzigen „Osterfest“ (bei dem die Opfer der bunten Eier in den Nestern der Menschen leider vergessen werden) möchten wir Pamela Andersons schicksalshafte Geschichte, die für alle von Menschen degradierten „Eierproduktionsmaschinen“ = Lebewesen steht, mit euch teilen.

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