Woche der Landwirtschaft (+ Video)
Appell unserer Bauern: "Sei fair und iss heimisch"

Setzen sich für eine faire Verteilung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Produkten ein: Thomas Rosegger, Milchbauer in Leoben-Donawitz, Matthias Zitzenbacher, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Leoben-Bruck, Andreas Steinegger, Kammerobmann, Johanna Hafellner, Bezirksbäuerin, und Richard Judmaier, Sprecher der jungen Landwirtschaft und Kammerobmann-Stellvertreter.  | Foto: Klaus Pressberger
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  • Setzen sich für eine faire Verteilung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Produkten ein: Thomas Rosegger, Milchbauer in Leoben-Donawitz, Matthias Zitzenbacher, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Leoben-Bruck, Andreas Steinegger, Kammerobmann, Johanna Hafellner, Bezirksbäuerin, und Richard Judmaier, Sprecher der jungen Landwirtschaft und Kammerobmann-Stellvertreter.
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Während die Landwirtschaft wesentlich zum Wohlstand beiträgt, ist ihr Anteil an der Wertschöpfung verschwindend gering. Unter dem Motto "Sei fair und iss heimisch" rufen die Bauern zum Kauf regionaler Produkte und zu mehr Fairness auf. 

BEZIRK LEOBEN. 3,67 Euro. Das ist jener Betrag, der von 100 Euro, die in Österreich für Lebensmittel ausgegeben werden, auf die heimische Landwirtschaft entfällt. Zu diesem Ergebnis kam unlängst eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO. Die Studie zeigte weiter, dass nur 46 der 100 Euro auf die inländische Wertschöpfung und der Rest auf Steuern und Importe entfällt. 

Hoher Importanteil

Während die Landwirtschaft also einerseits wesentlich zum Wohlstand in unserem Land beiträgt, ist ihr Anteil an der gesamten Wertschöpfung verschwindend gering. Mit ein Grund ist die enorme Menge an zum Teil Billigstimporten von Agrargütern. In der Steiermark wurden im Jahr 2019 beispielsweise Fleisch, Milch und Eier im Wert von 280 Millionen Euro importiert. Lebensmittelindustrie und Handel tragen mit ihren wachsenden Eigenmarken-Segmenten, in denen zusehends ausländische Agrargüter verarbeitet werden, ihr übriges zu dieser Negativentwicklung bei. 

Auswirkungen auf die Landwirte

Doch was bedeutet es tatsächlich, wenn lediglich 3,67 Euro auf die heimischen Landwirte entfallen? Andreas Steinegger, Obmann der Landwirtschaftskammer Leoben, bringt die Sache im Rahmen der "Hofgespräche", die anlässlich der Woche der Landwirtschaft durchführt werden, auf den Punkt: "Davon kann man kaum leben und wird man auch in Zukunft nicht mehr leben können."

Thomas Rosegger besitzt einen für steirische Verhältnisse durchschnittlich großen Milchviehbetrieb in Leoben-Donawitz. Von den Erträgen leben kann gerade einmal er selbst.  | Foto: Klaus Pressberger
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Thomas Rosegger, Milchbauer in Leoben-Donawitz, bewirtschaftet 27,8 Hektar Grünland, hat 21 Milchkühe und produziert jährlich rund 140.000 Liter Milch – ein durchschnittlicher landwirtschaftlicher Betrieb in der Steiermark. Davon leben kann aber gerade einmal er. Auch Richard Judmaier, Sprecher der Jungen Landwirtschaft und selbst Milchbauer in Trofaiach, sieht die Landwirte zusehends unter Druck: "Es gibt zwar viele junge Bauern, die motiviert sind, aber auf lange Sicht ist Motivation allein nicht genug. Am Ende des Tages braucht es auch das nötige Geld im Geldtascherl." Die Auswirkungen all dessen beobachtet Matthias Zitzenbacher tagtäglich in seiner Funktion als Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Leoben-Bruck, denn die Zahl der Vollerwerbs-Landwirte nimmt stetig ab. "Ein Trend, der sehr beunruhigend ist", wie er erklärt.

Trendumkehr gefordert

Eine Trendumkehr ist dringend notwendig. Damit es eine faire Verteilung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Produkten gibt, braucht es laut Steinegger das entschiedene Handeln dreier Akteure: Aufgabe der Lebensmittelindustrie ist es, regionalen Produkten Vorrang zu geben – dies gilt auch für verarbeitete Lebensmittel wie Wurst, Nudeln und Co. Den Handel wiederum fordert der Kammerobmann auf, der Rabattschlacht und der "Aktionitis" ein Ende zu setzen und stattdessen auf gute, regionale und nachhaltige Produkte zu setzen. Letztendlich geht es aber nicht ohne der Politik. Von den politischen Entscheidungsträgern wird eine klare Herkunftsbezeichnung gefordert – und das sowohl für verarbeitete Lebensmittel als auch für Essen in Großküchen.

Bist du bereit, für regionale Lebensmittel mehr Geld auszugeben?

Jeder Einzelne kann etwas beitragen

Schlussendlich ist es wichtig, "die Bevölkerung als Verbündete zu gewinnen", stellt Bezirksbäuerin Johanna Hafellner fest und erklärt weiter, dass jeder Einzelne zur Trendwende beitragen kann. Sie appelliert an die Konsumenten, sich beim Lebensmitteleinkauf mehr Zeit zu nehmen und gezielter auf die Herkunft zu achten. Auch in anderen Bereichen des täglichen Lebens, wie etwa beim Besuch im Gasthaus, könne man als einzelner Konsument etwas bewegen und anfangen nachzufragen, wo denn die Produkte herkommen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Möglichkeiten, regional einzukaufen: Das Angebot reicht von Bauernmärkten, dem ab-Hof Verkauf bis hin zu Selbstbedienungskühlschränken und Co.

3,50 Euro pro Monat

Tatsächlich hätte schon eine kleine Änderung des Einkaufsverhaltens der Steirerinnen und Steirer eine große Wirkung. Die bereits erwähnte WIFO Studie kam nämlich auch zum Ergebnis, dass eine Steigerung der Nachfrage nach heimischen Produkten um lediglich ein Prozent die Wertschöpfung in der Steiermark bereits um 18 Millionen Euro erhöhen und 500 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen würde. "Jeder Haushalt, der um nur 3,50 Euro im Monat ausländische durch heimische Lebensmittel ersetzt, schafft Arbeitsplätze und stärkt die Landwirtschaft in den Regionen", stellt Steinegger abschließend fest.

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