Autor und Journalist
Lucona-Skandal-Aufdecker Hans Pretterebner verstorben

- Die Cappenberg, das Schwesterschiff der Lucona
- Foto: Von Boman, J. Robert / Sjöhistoriska museet - Sjöhistoriska museet
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Der steirische Journalist Hans Pretterebner ist verstorben. Pretterebner ist vor allem auch als Autor bekannt, der sich besonders durch seine investigative Arbeit im Zusammenhang mit dem sogenannten Lucona-Skandal in den 1980er-Jahren einen Namen machte. Der Lucona-Skandal war eine der größten politischen Affären in der österreichischen Nachkriegsgeschichte, in die hochrangige Politiker und Unternehmer verwickelt waren.
STEIERMARK. Aus Medienberichten ist zu entnehmen, dass Hans Pretterebner am 12. Oktober verstorben ist. Er wurde am 8. April 1944 in Haselsdorf geboren und begann seine berufliche Laufbahn als Angestellter in einem Grazer Zeitungs- und Buchverlag. Später arbeitete er als Direktionsassistent in einem mittelständischen Industriebetrieb. Nebenbei war er stets als freier Journalist aktiv. 1975 wechselte er schließlich hauptberuflich in den Journalismus und trat ab Mitte der 1980er-Jahre auch als Sachbuchautor in Erscheinung.

- Hans Pretterebner ist am 12. Oktober verstorben.
- Foto: HOPI-MEDIA Medienservice GmbH.
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In seiner konservativ-liberalen Monatsschrift "Politische Briefe", die Pretterebner 1975 gründete, beschäftigte er sich mit dem Untergang des Frachtschiffes Lucona, im Jahr 1987 erschien nach aufwendigen Recherchen der "Fall Lucona" als Buch. Es wurde ein Bestseller. 1993 erschien "Das Netzwerk der Macht", sozusagen eine Ergänzung, die Machenschaften in der Politik aufdeckte. Kurze Zeit später versuchte er als unabhängiger Kandidat bei der FPÖ in den Nationalrat zu gelangen.
Der "Fall Lucona"
Man darf sagen, dass es durchaus auch Pretterebners Recherchen waren, die dazu führten, dass Udo Proksch, der im Mittelpunkt des Skandals stand, 1992 wegen Mordes verurteilt wurde. Worum geht es? 1977 verließ das Frachtschiff "Lucona" den Hafen in Oberitalien, mit dem Ziel, eine Uranerz-Aufbereitungsanlage nach Asien zu bringen. Frachtmieter Proksch, damals Prokurist des Wiener Kaffeehauses und Zuckerbäckerei Demel, ließ das Schiff aufgrund seines wertvollen Inhaltes bei der damaligen Bundesländer-Versicherung für rund 212 Millionen Schilling versichern. Laut Finanzrechner würde das aktuell eine Kaufkraft von 832 Millionen Euro unter Annahme der tatsächlichen Inflation in Österreich betragen.

- Dieses Bild des Erkennungsdienstes, angefertigt in der damaligen Polizeidirektion Schwechat, stammt aus dem Kriminalmuseum in Scharnstein. Es zeigt Udo Proksch, der sich optisch verändern ließ, nachdem er polizeilich gesucht wurde.
- Foto: Kurt Dvoran
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Nachdem der Crew angeordnet wurde, Irrfahrten und Umwege zu unternehmen, kam es zum Unglück: Am 23. Jänner 1977 versank das Schiff auf rund 4.000 Meter Tiefe in der Gegend der Malediven im Indischen Ozean. Es soll nur zwei Minuten gedauert haben. Sechs der zwölf Mitglieder kamen ums Leben. Erst nach zehn Stunden auf einem Rettungsboot wurden die Überlebenden von einem zufällig vorbeifahrenden türkischen Tankschiff entdeckt und gerettet.
Proksch pochte recht schnell auf die Auszahlung der Versicherungssumme, doch die Versicherung weigerte sich. Und das hatte mehrere Gründe. Zum einen lag es an den Aussagen der überlebenden Zeuginnen und Zeugen, die von einem Knall berichteten, der dazu geführt habe, dass das Schiff sank. Zum anderen konnte Proksch nicht nachweisen, dass es sich bei der wertvollen Fracht tatsächlich um eine Uranerz-Aufbereitungsanlage handelte. Und beides führte schlussendlich zu einem Skandal, der sehr weite Kreise zog: Tatsächlich befand sich keine Anlage an Bord, sondern tonnenschwerer Schrott, hauptsächlich Alteisen, der mit einer aus den österreichischen Heeresbeständen stammenden Sprengladung versehrt wurde. Es handelte sich also bei dem Unglück um einen geplanten Versicherungsbetrug, bei dem Proksch das Leben von zwölf Menschen in Kauf nahm. Der Sprengstoff war eine Zeitbombe – das erklärt wiederum den Standort des Untergangs und die Anordnung für die Umwege.
Der "Club 45"
Nun muss man zu diesem Fall wissen: 1973 gründeten die SPÖ-Politiker Leopold Gratz, Hannes Androsch und Fritz Marsch den "Club 45", ein Herrenclub mit führenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik und Personen aus staatsnahen Firmen sowie staatsnahe Journalisten. Bei der Suche nach einem Clubhaus kam Proksch ins Spiel, der die Räumlichkeiten des Kaffeehauses anbot. Die Männer trafen sich im zweiten Stock hinter verschlossenen Türen.

- Die berühmte k.u.k.-Hofzuckerbäckerei Demel war damals Clubhaus.
- Foto: Birgit Winkler
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Nachdem sich ein Privatdetektiv des Lucona-Unglücks angenommen hatte, wurde der Fall ein öffentliches Thema. Doch: Der damalige Justizminister Harald Ofner, FPÖ, wies zunächst mehrere Anträge der Staatsanwaltschaft auf Einleitung gerichtlicher Voruntersuchungen zurück. Politische Einflussnahmen vor und während der 1985 verhängten Untersuchungshaft verzögerten das Verfahren erheblich. So bestätigte der damalige Außenminister und enge Vertraute von Proksch, Gratz, vor Gericht fälschlicherweise, dass eine Uran-Aufbereitungsanlage verladen worden sei. Letztlich konnte der Skandal aber aufgedeckt werden und Proksch 1991 zu lebenslanger Haft verurteilt.

- Ex-Justizminister Harald Ofner von der FPÖ spielte bei der Aufklärung des Falles eine wichtige Rolle.
- Foto: Rainer Hirss
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In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wurden die politischen Eingriffe des "Club 45"-Freundeskreises thematisiert, wobei insbesondere das Verhalten von Innenminister Karl Blecha, SPÖ, Außenminister Gratz, Justizminister Ofner sowie des bereits verstorbenen Verteidigungsministers Karl Lütgendorf, SPÖ, kritisiert wurde. Das Club-Netzwerk zeigte auch Beziehungen zu führenden Politikern der FPÖ auf, die bis 1986 als kleinere Partei in einer Koalition mit der SPÖ die Regierung bildeten.
Pretterebner und der Journalist Gerald Freihofner, er schrieb für die "Wochenpresse", waren durch ihre hartnäckige Recherchearbeit maßgeblich an der Aufdeckung des Falles und den Machenschaften dahinter beteiligt.
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