Altsteirischer Allerseelenbrauch
Ab ins Beinhaus: feiern mit den Toten

Eines der größten Beinhäuser Österreichs, das heute noch existiert und sogar besichtigt werden kann, befindet sich in Hallstatt. | Foto: Christa Posch
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  • Eines der größten Beinhäuser Österreichs, das heute noch existiert und sogar besichtigt werden kann, befindet sich in Hallstatt.
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An Allerheiligen gedenken wir der Toten, an Allerseelen der Verstorbenen und jene, die im Fegefeuer gelandet sind. Rund um den Feiertag und den halben Feiertag haben sich hierzulande einige Brauchtümer entwickelt. Einer davon ist aber schon in Vergessenheit geraten.

STEIERMARK. Allerheiligen und Allerseelen sind Tage, an denen wir uns dem Tod widmen. Die Christinnen und Christen bekennen sich in ihrem Glaubensbekenntnis, an ein Leben nach dem Tod zu glauben und dass der Tod nicht das Ende, sondern erst der Anfang – bei Gott – ist. So schmerzlich der Abschied eines geliebten Menschen im irdischen Dasein ist, so hoffnungsvoll ist der Gedanke, dass sie oder er Frieden findet. Rund um Allerheiligen, ein Feiertag, und Allerseelen, ein sogenannter halber Feiertag, rückt das Sterben und das Gedenken an die Verstorbenen in den Mittelpunkt. Und es gibt einige Traditionen, die diesen Umstand erträglich machen. Anno dazumal wurde mit dem Tod noch ganz anders umgegangen, denn der Glaube saß noch tiefer.

An Allerheiligen und Allerseelen erleuchten die Friedhöfe. | Foto: Engelbert Lafer
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Bei den Toten sein

Fix verankert im Totengedenken sind zum einen das Friedhofbeten und das Gräberschmücken, zum anderen natürlich das Brauchtumsgebäck schlechthin: der Allerheiligenstriezel. In der Ausgabe Heft 4 der "Blätter der Heimatkunde" vom Jahr 1959, herausgegeben vom "Historischen Verein für Steiermark" lässt sich noch eine ganz andere altsteirische Tradition finden, die wohl nur noch die wenigsten von uns kennen. Hier steht geschrieben:

"Wenn auch z. B. jener altsteirische Allerseelenbrauch heute vergessen ist, daß [!] man, wie etwa zu Obdach [Anmerk. d. Red.: Marktgemeinde im Bezirk Murtal], am Nachmittag des Allerheiligenfestes und zu Allerseelen am Vormittage das Beinhaus (ossuarium) im Karner geöffnet hielt und während des Gebetes für die Toten Kerzen auf ihr Gebein kleben ließ, so ist doch der Lichterschmuck der Gräber immer noch das schlechthin kennzeichnende Allerseelenbrauchtum unserer Zeit."
Blätter für Heimatkunde aus "Ortschronik von Obdach", S. 97, 33. Jahrgang, Heft 4

Der Tod gehört zum Leben dazu, deshalb wird der "Dia de Muertos" auch groß gefeiert. | Foto: Dia de Muertos
  • Der Tod gehört zum Leben dazu, deshalb wird der "Dia de Muertos" auch groß gefeiert.
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Die Verfasser der Blätter für Heimatkunde führen diesen Brauch auf die "Bewirtung der Totenseelen" an ihren Ehrentagen zurück, wie es auch manche slawischen Völkern taten und tun. Auch die Mexikanerinnen und Mexikaner feiern ihre Verstorbene – und zwar richtig: Am 1. und 2. November kehren am "Dia de Muertos", so die Tradition, die Toten aus dem Jenseits kurz zurück, um die Verbliebenen zu besuchen. Brot in Form von Knochen, Plastikskelette, Lichter, bunte Farben und viele Speisen, die an die Gräber gebracht werden, gehören da einfach dazu. So wie der Tod zum Leben. 

Sorge um Umtrunk und Co.

Aber zurück in die Steiermark. Beim Besuch der Beinhäuser wurden den Seelen hierzulande auch Speisen mitgebracht, sie wurden aber den Armen weitergereicht. Nach einem Dekret unter Kaiserin Maria Theresia vom 1. März 1764 wurde das aber untersagt. Der Grund: "Die Mißbräuche [!], nämlich der Weinausschank bei den Leichen und die am Gedächtnistage der Armen [!] Seelen üblichen Illuminationen in Kirchen und die Beleuchtung der Grabstätten auf dem Kirchhofe wurden abgeschafft." (Blätter der Heimatkunde aus "Hofkanzleidekret vom 1. März 1764", S. 98)

Man hatte also Sorge, dass auch diesem Brauchtum, die Seelen zu begrüßen, ein "Trinkgelage" werden könnte. Das Verbot hat gewirkt und wohl auch deshalb, so die Verfasser der Blätter, kennt heute – und ihr Schreiben ist vom Jahr 1959 – kaum jemand noch den Brauch.

Spätes Allerseelenfest

Die Verfasser schreiben auch, dass das Allerseelenfest verhältnismäßig spät in das Festkalendarium der Kirche aufgenommen wurde. Bis in das frühe 11. Jahrhundert war es vorwiegend Allerheiligen – an dem eben nur die verstorbenen Heiligen im Vordergrund standen – von Bedeutung. Doch die Fürsorge für die Arme, die Kinder, die hilfsbedürftigen Seelen und die "normalen" Verstorbenen wurde wichtig. Aus dem Gedanken, dass man den armen Seelen das gibt, was man auch den Armen und den Kindern gibt und umgekehrt, entwickelte sich der Brauch, Speisen zu spenden – darauf wiederum das "Heiligenstriezelsammeln" in der Steiermark.

Einst wurde nach Brot gebeten, heute schenkt man sich gegenseitig einen Allerheiligenstriezel.  | Foto: pixabay/Alexandra Gorsche
  • Einst wurde nach Brot gebeten, heute schenkt man sich gegenseitig einen Allerheiligenstriezel.
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Eine Gruppe von sogenannten Heischegängern, also Menschen, die Gaben forderten, ein Einkehrbrauch, ging von Haus zu Haus und bat mit Bittsprüchen um Gaben. Meist Brot, das in wohlhabenden Bauernhäusern schon vorgebacken wurde. "Nun, heute gehen sie nicht mehr wie zu Peter Roseggers Jugendtagen, diese Armen des Allerseelentages. Wenigstens nicht mehr nach Brot. Nicht[,] daß [!] es keine Armen mehr gäbe! Aber die Zeit hat sich gewandelt." (Blätter der Heimatkunde, S. 101)

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