Steirische Stimmen
Mit Quarantäne-Ende sind nicht alle einverstanden
Jetzt ist es also fix: In ganz Österreich fällt mit dem 1. August die Quarantäne-Pflicht für Covid-Erkrankte und die vielerorts geforderte Eigenverantwortung tritt in Kraft. Ein Strategiewechsel in der Corona-Politik, aber ist es auch ein Strategiewechsel zur Eindämmung der Pandemie?
STEIERMARK. Bei den Bund-Länder-Gesprächen zur Frage, wie man mit der Quarantäne zukünftig umgeht, kam man zum Entschluss, das "Zuhause-Bleiben" gänzlich abzuschaffen. Stattdessen werden Verkehrsbeschränkungen eingeführt. Gesundheitsminister Johannes Rauch und Arbeitsminister Martin Kocher präsentierten am Dienstagnachmittag, 26. Juli, diese Maßnahme und stellten ein Strategiepapier mit vier Szenarien vor. "Wer krank ist, bleibt zu Hause", erteilt Rauch diversen Spekulationen der Wirtschaft eine klare Absage.
Landeshauptmann Christopher Drexler begrüßt dieses Vorhaben, weil es einen Schritt in die richtige Richtung, einen Schritt in die Normalität bedeutet.
"Klar ist, wer krank ist, soll zuhause bleiben. Ich halte es aber in der aktuellen Situation, in der es hohe Infektionszahlen und verhältnismäßig niedrige Belagszahlen in den Krankenhäusern gibt, für plausibel, die Quarantänepflicht auszusetzen. Es muss aber jedenfalls sichergestellt sein, dass Schutzmaßnahmen, die jetzt zurückgefahren werden, rasch wieder hochgefahren werden können, wenn sich zeigen sollte, dass der Druck auf das Gesundheitssystem wieder steigt."
- Wir haben uns umgehört und nachgefragt, was steirische Stimmen zu dieser neuen Verordnung sagen.
Stimmen aus der Politik
Bei dieser Entscheidung ziehen alle Bundesländer mit, egal, ob die ÖVP oder SPÖ den Landeshauptmann stellen. Schon vor der Pressekonferenz sickerte durch, dass die rot geführten Bundesländer Wien, das Burgenland und Kärnten weniger erfreut sind – und auch keinen Sonderweg einschlagen dürfen.
Für den steirischen Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang ist klar:
"Der Schritt des Bundes ist zur Kenntnis zu nehmen und stellt einen deutlichen Strategiewechsel dar, für den die Bundesregierung die volle Verantwortung übernehmen muss. Entscheidend ist für mich, dass unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird und nun rasch alle Vorkehrungen für den Herbst getroffen werden, damit wir auf eine mögliche Welle im Herbst vorbereitet sind."
Aus Sicht der Wirtschaft
Das Gesundheitsministerium meldete mit heutigem Stand (26. Juli) 9.216 Neuinfektionen. Eine Zahl, bei der man 2020 und 2021 schon längst im Lockdown war. Bislang war es die Strategie, andere vor einer Infektion zu schützen, indem man selbst in Quarantäne ist. Ob symptomlos oder nicht. Das soll sich nun ändern, denn mit 1. August fällt die Quarantäne.
"Aus Sicht der Wirtschaft wäre eine Aufhebung der Quarantänepflicht eine wesentliche Erleichterung, vor allem aufgrund des akuten Personalmangels, der in vielen Betrieben herrscht", teilt Josef Herk, der steirische Wirtschaftskammer-Präsident mit. Doch er fügt hinzu:
"Die Letztentscheidung darüber müssen aber die Experten fällen, denn eine neuerliche Überlastung des Gesundheitssystems muss in Blickrichtung Herbst auf jeden Fall vermieden werden. Darum plädieren wir auch für klare, nachvollziehbare und vor allem gesamtstaatliche Regelungen, die ein größtes Maß an Normalität ermöglichen."
Ähnlich klingt der Ton vonseiten der steirischen Industriellenvereinigung (kurz: IV). Man richtet den Blick allerdings auch auf Regelungen und ein verantwortunsvolles Miteinander. So sagt Geschäftsführer Gernot Pagger gegenüber MeinBezirk.at:
"Im Sinne einer Flexibilisierung der Regelungen unterstützt die IV die Initiative des Gesundheitsministeriums, die bestehenden Quarantäneregelungen durch Verkehrsbeschränkungen zu ersetzen. Sie bringt bei verantwortungsbewusster Handhabung eine Entlastung für eine wahrscheinlich herausfordernde Situation im Herbst. Klar ist aber auch, dass alle rechtlichen Fragen, insbesondere hinsichtlich der Fürsorgepflicht der Arbeitgeber, in der Verordnung eindeutig geregelt sein müssen."
"Epidemiologisch nicht nachvollziehbar"
Josef Harb, Obmann der Österreichische Gesundheitskasse in der Steiermark, sieht dem Vorhaben mit Skepsis entgegen. Gegenüber MeinBezirk.at sagt er:
"Die Quarantänebestimmungen für positiv getestete Personen aufzuheben ist ein Kniefall vor Arbeitgeberinteressen, der epidemiologisch nicht nachvollziehbar ist. Diese Entscheidung steht diametral gegen viele überschießende Maßnahmen aus der Vergangenheit. Man ist geneigt einen bekannten Ausspruch zu zitieren: 'Zu wenig und zu viel, ist aller Narren Ziel! Möge uns das nicht noch bitter auf den Kopf fallen."
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