Renaturierungsgesetz
EU-Debatte schlägt Wellen bis in Steiermark
Großteils mit Sorge, aber teils auch befürwortend betrachtet man in der Steiermark die Geschehnisse rund um das EU-Renaturierungsgesetz, das kürzlich im Umweltausschuss des EU-Parlaments keine Mehrheit gefunden hat. Unabhängig vom Gesetz soll der Umweltschutz in der Steiermark aber natürlich nicht zu kurz kommen, wie man betont.
STEIERMARK. Auch in der Steiermark ist das EU-Renaturierungsgesetz derzeit Thema. Dieses hätte zum Ziel, bis 2030 mindestens ein Fünftel der geschädigten Land- und Wasserflächen in der Europäischen Union auf Vordermann zu bringen. Es geht also kurz gesagt um die Wiederherstellung von Naturflächen.
44 zu 44
Im Umweltausschuss des EU-Parlaments hat das Gesetz kürzlich in einer Abstimmung mit 44 zu 44 Stimmen keine Mehrheit gefunden. Im Vorfeld hatten sich die Umweltministerinnen und Umweltminister auf eine gemeinsame Ausrichtung einigen können – allerdings mit Abschwächungen des ursprünglichen Kommissionvorschlags.
Die nun nicht erreichte Mehrheit hat zur Folge, dass dem Plenum des EU-Parlaments im Juli die Ablehnung des Kommissionsvorschlags empfohlen werde.
"Besorgniserregende Haltung"
Zur aktuellen Lage gibt es auch Stimmen aus der Steiermark. Der südoststeirische Landtagsabgeordnete Andreas Lackner, Landwirtschaftssprecher der steirischen Grünen und Obmann der Grünen Bäuerinnen und Bauern Steiermark, verfolgte die Abstimmung vor Ort.
Er zeigt sich enttäuscht. Als "besorgniserregend" stuft er die Haltung der Europäischen Volkspartei ein, die vor allem mit dem Aspekt der Ernährungssicherheit gegen das Gesetz argumentiert: „Allen ist klar, dass wir im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder und im Kampf gegen die Klimakrise der Artenvielfalt und der Natur wieder Raum geben müssen. Deshalb hat die Europäische Kommission den Gesetzesvorschlag auf Basis wissenschaftlicher Fakten vorgelegt. Doch die Europäische Volkspartei torpediert das Vorhaben seit Wochen mit der Sorge um die Ernährungssicherheit“. Über 3.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie rund 60 multinationale Unternehmen hätten dieses Argument laut Lackner entkräftet und als unwahr bezeichnet.
"Die Europäische Volkspartei torpediert das Vorhaben seit Wochen mit der Sorge um die Ernährungssicherheit“.
LAbg. Andreas Lackner, Landwirtschaftssprecher der steirischen Grünen
Doch was sagt denn Steiermarks Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ) dazu bzw. zum Gesetz an sich? "Grundsätzlich ist der Vorstoß der EU wichtig und zu begrüßen. Denn es ist von zentraler Bedeutung, dass wir Maßnahmen zum Schutz und zum Ausbau der natürlichen Artenvielfalt treffen. Im Kern geht es immerhin um den Erhalt unserer Lebensgrundlage", so Lackner, die weiter ins Detail geht: "Der erste Entwurf der Union war leider nicht praxistauglich. Viele Fragen waren offen – unter anderem, wie die Herausforderungen finanziell, rechtlich und organisatorisch gemeistert werden sollen. Deshalb haben wir als Bundesländer eine Stellungnahme abgeben, die auf die fehlenden Aspekte hinweist und diese einfordert."
Steiermark nimmt Thema ernst
Lackner findet es schade, dass sich die Fraktion der Europäischen Volkspartei grundsätzlich gegen jegliche Verhandlungen verwehrt. Und wenn das Gesetz jetzt tatsächlich nicht kommt? Dies wäre laut der Landesrätin ein Rückschlag.
Aber ganz unabhängig von europäischen Vorgaben würde man den Naturschutz in der Steiermark natürlich sehr ernst nehmen. Lackner nennt Beispiele: "So haben wir in den letzten Jahren den letzten Urwald des Alpenbogens im Lassingtal mit der Auszeichnung als Wildnisgebiet unter strengsten Schutz gestellt, wir haben viele neue Schutzgebiete ausgewiesen, das Naturschutzbudget stark aufgestockt, den Naturschutz personell verstärkt und vieles mehr. Und wir haben noch viele weitere Schritte vor – denn der Erhalt der Artenvielfalt ist mir auch persönlich ein großes Anliegen."
Seitinger sieht Teilerfolg
Ein glasklares Statement kommt auch von Landesrat Johann Seitinger (ÖVP) als Zuständiger in Sachen Landwirtschaft: „Wir brauchen eine EU mit Hausverstand und Realitätssinn, besonders wenn es um Entscheidungen für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz geht. Die Absage an diesen unausgegorenen Gesetzesvorschlag ist ein wichtiger Teilerfolg, denn es muss jedem klar sein: Wenn wir unsere Lebensmittel nicht bei uns und unter unseren hohen Standards produzieren, werden sie aus anderen Weltgegenden importiert. Dort gelten dann aber nicht so strenge Tier- noch Umweltschutzstandards und unsere Abhängigkeit vom Ausland steigt. Unsere nachhaltige Wirtschaftsweise muss ein globales Vorbild sein, aber Europa darf nicht zum Freilichtmuseum werden. Wer es mit dem Klimaschutz wirklich ernst meint, stärkt unsere Bauern und die regionale Lebensmittelproduktion!“
"Wir brauchen eine EU mit Hausverstand und Realitätssinn, besonders wenn es um Entscheidungen für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz geht."
Agrarlandesrat Johann Seitinger
Initiative für Ökoflächen der Grünen
Quasi im Windschatten der aktuellen Debatte um das EU-Renaturierungsgesetz haben die Grünen eine steiermarkweite Naturschutzinitiative gestartet: Darin fordern sie die zuständigen Bezirkshauptmannschaften auf, Ökoflächen im jeweiligen Bezirk zu geschützten Landschaftsteilen zu erklären.
Der Hintergrund des Bestrebens: Ökoflächen wurden laut Grünen ursprünglich als Ausgleich für landwirtschaftlich genutzte Flächen geschaffen, um natürliche Lebensräume zu erhalten, die Artenvielfalt zu fördern und Ökosysteme zu schützen. In der Regel handle es sich dabei um Böschungsflächen, Heckenstreifen, Feldraine oder Biotope und andere Feuchtflächen.
Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass viele dieser Flächen nicht fachgerecht gepflegt, sondern zum Beispiel als Grünschnittlager oder Sperrmüllabladeplatz genutzt werden würden. „Im Sinne des Naturschutzes müssen die Bezirkshauptmannschaften dieser Zweckentfremdung einen Riegel vorschieben. Mit der Ausweisung der Flächen als geschützte Landschaftsteile geht das schnell und einfach“, erklärt die Grüne Klubobfrau Sandra Krautwaschl.
Vollste Unterstützung in der Südoststeiermark
Krautwaschl wird von den Grünen Bezirksgruppen unterstützt, die Anträge inklusive Liste betroffener Grundstücke an die Bezirkshauptmannschaften richten. „Entschlossenes Handeln in dieser Sache ist gerade in der Südoststeiermark von großer Bedeutung. In unserem Bezirk finden sich die meisten Ökoflächen“, so beispielsweise die südoststeirische Bezirkssprecherin Marianne Müller-Triebl.
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