Ibiza U-Ausschuss
Finanzminister muss E-Mails seiner Mitarbeiter vorlegen
Knalleffekt im Ibiza-Untersuchungsausschuss: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hätte begründen müssen, warum er die Informationen von Ressortbediensteten im Untersuchungsausschuss für nicht relevant hält und daher die Vorlage verweigert, heißt es am Donnerstag in einem Richterspruch des Verfassungsgerichtshofs (VfGH).
ÖSTERREICH. Der Bundesminister für Finanzen ist verpflichtet, dem Ibiza-Untersuchungsausschuss die E-Mail-Postfächer sowie lokal- oder serverseitig gespeicherte Daten namentlich genannter Bediensteter des Ministeriums vorzulegen. Ebenso sind alle E-Mails an Ministeriumsbedienstete vorzulegen, die von bestimmten Absendern stammen. Dies hat der VfGH in einem am Donnerstag zugestellten Erkenntnis entschieden.
Laut SPÖ geht es konkret um um die E-Mail-Postfächer der Leiterin und von Bediensteten des Beteiligungsmanagements im Finanzministerium (BMF) und um von BMF-MitarbeiterInnen empfangene Mails von Thomas Schmid und anderen KabinettsmitarbeiterInnen vom damaligen Finanzminister Löger. SPÖ, NEOS und FPÖ haben gemeinsam beim VfGH auf das Recht des U-Ausschusses gepocht, dass Blümel diese Akten und Unterlagen liefern muss.
Keine Begründung von Blümel
Gemäß Art. 53 Abs. 3 B-VG sind unter anderen alle Organe des Bundes verpflichtet, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung vorzulegen. Die Frage, ob für einen U-Ausschuss angeforderte Akten oder Unterlagen vom Gegenstand der Untersuchung umfasst sind, ist zunächst vom vorlagepflichtigen Organ – in diesem Fall also vom Bundesminister für Finanzen – zu beurteilen, heißt es in der Begründung. Das vorlagepflichtige Organ kann die Vorlage mit der Behauptung verweigern, dass die betreffenden Akten oder Unterlagen für den Gegenstand der Untersuchung nicht einmal abstrakt relevant sein können. Eine solche Behauptung wäre dem U-Ausschuss gegenüber im Einzelnen zu begründen. Dieser Begründungspflicht ist der Finanzminister dem U-Ausschuss gegenüber nicht nachgekommen.
"VfGH weist Vertuscher in der Regierung in die Schranken"
Der SPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, Jan Krainer, hält die Entscheidung des VfGH für richtungsweisend: "Der Verfassungsgerichtshof weist die Vertuscher in der Regierung unmissverständlich in die Schranken." Der Verfassungsgerichtshof habe mit der Entscheidung dem Antrag der Oppositionsparteien recht gegeben. "In dieser Entscheidung geht es um Blümel. Er muss die bisher rechtswidrig zurückgehaltenen Akten und Unterlagen an den U-Ausschuss liefern. Aber diese höchstgerichtliche Judikatur wird es auch für Kurz sehr schwer machen, weiter dem Parlament die dem U-Ausschuss zu Recht zustehenden Akten und Unterlagen zu verweigern", betont Krainer.
Beschwerde einer Auskunftsperson gegen Beugestrafe lehnt VfGH ab
Auf Antrag des Ibiza-Untersuchungsausschusses hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über eine Auskunftsperson wegen Nichtbefolgung einer Ladung eine Beugestrafe in Höhe von 2.000 Euro verhängt.Gegen diese Entscheidung erhob die Auskunftsperson Beschwerde an den VfGH. Darin machte sie geltend, dass das BVwG ihre Sorge um die Gesundheit ihres betagten (noch nicht gegen COVID-19 geimpften) Ehemannes zu Unrecht nicht als Entschuldigungsgrund für ihr Fernbleiben anerkannt habe; dies verstoße u.a. gegen das Recht auf Leben.
Mit einem ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Beschluss hat der VfGH die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Das BVwG ist bei seiner Entscheidung von einer vertretbaren Rechtsansicht ausgegangen. Auch hat der VfGH keine Bedenken dagegen, dass eine Befragung der Auskunftsperson per Video von ihrem Wohnort aus abgelehnt worden war.
Akten wurden geliefert – mit Sicherheitsstufe 3
Das Justizministerium hat am Mittwoch für den Ibiza-U-Ausschuss die Akten geliefert. Die Dokumente im Umfang eines Aktenorders, die unter anderem Kurznachrichten zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache beinhalten, unterliegen der Klassifizierungsstufe drei und sind damit geheim.
Im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen und der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste regelt das Informationsordnungsgesetz (InfOG), wie mit schutzbedürftigen Informationen im Bereich des Parlaments umzugehen ist. So sieht das Informationsordnungsgesetz grundsätzlich vor, dass besonders schutzbedürftige Informationen einer von vier Klassifizierungsstufen zuzuordnen sind. Je nach Einstufung sind unterschiedliche Personenkreise zugangsberechtigt. Detaillierte Infos dazu hier.
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