Neuer ÖVP-Kommunikationschef
Fleischmann-Rückkehr sorgt für Irritation

Gerald Fleischmann (links im Bild) war jahrelang an der Seite von Sebastian Kurz. Nun ermittelt die WKStA gegen ihn, dennoch holte ihn Bundeskanzler Karl Nehammer diese Woche als Kommunikationschef zurück in die ÖVP-Zentrale.  | Foto:  ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com
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  • Gerald Fleischmann (links im Bild) war jahrelang an der Seite von Sebastian Kurz. Nun ermittelt die WKStA gegen ihn, dennoch holte ihn Bundeskanzler Karl Nehammer diese Woche als Kommunikationschef zurück in die ÖVP-Zentrale.
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Gerald Fleischmann kehrt in die ÖVP-Zentrale zurück und übernimmt dort die Leitung der Medienarbeit. Das Comeback sorgt allerdings für breite Verwunderung und Stirnrunzeln – sowohl parteiintern als auch beim Grünen Koalitionspartner –, war Fleischmann doch ein enger Vertrauter und Weggefährte von Altkanzler Sebastian Kurz. Von der WKStA wird Fleischmann als Beschuldigter geführt.

ÖSTERREICH. Nachdem diese Woche bekannt wurde, dass Gerald Fleischmann als neuer Kommunikationschef in die Parteizentrale zurückkehrt, war die Verwunderung groß. Immerhin gehörte Fleischmann zu den engsten Vertrauten von Sebastian Kurz – mehr noch, Fleischmann galt als Kurz' "Mann fürs Grobe". Wie der Altkanzler ist aber auch er mittlerweile im Fokus von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Auch er steht im Verdacht der Untreue und Bestechlichkeit und wird von der WKStA als Beschuldigter geführt. Fleischmann selbst bestreitet jegliche Verfehlung und es gilt die Unschuldsvermutung. Dennoch sorgt die Entscheidung des amtierenden ÖVP-Bundeskanzlers und Kurz-Nachfolgers Karl Nehammer für Irritation und Stirnrunzeln. Die Regierungskoalition steht vor einer neuerlichen Belastungsprobe. 

"Verheerendes Bild"

Erst kürzlich sorgten die publik gewordenen Aussagen des ehemaligen Staatssekretärs und ÖBAG-Chefs Thomas Schmid bei der WKStA für Unruhe in der Partei, vor allem aber auch in der Regierungskoalition – von ihm beschuldigt: u. a. Sebastian Kurz und Gerald Fleischmann. Die Stimmung zwischen Grünen und ÖVP erreichte damals einen neuen Tiefpunkt – wir berichteten. Der "kleine" Koalitionspartner" wartet seither vergeblich auf eine klare Distanzierung der ÖVP von Kurz und seinem politischen Treiben.

Statt eine Trennlinie zu ziehen, beordert die ÖVP nun den Kurz-Vertrauten Fleischmann zurück in die Parteizentrale, um dort die Medienarbeit der Partei zu übernehmen. Dass das dem Koalitionspartner nicht gefallen kann, ist klar. Am Donnerstag ließen die Grünen ihr Missfallen öffentlich via Aussendung wissen: "Das fragwürdige Bild, das dadurch nach außen entsteht, ist verheerend."

Gegenüber der WKStA sagte Thomas Schmid u. a.: "Fleischmann sagte, dass die Inserate des Ministeriums ,auf Kurz zu buchen‘ sind. Damit meinte er, dass Kurz vorgeben konnte, welche Themen und welche Berichterstattung als Gegenleistung dafür in der Mediengruppe Österreich platziert würde." | Foto: ÖBAG
  • Gegenüber der WKStA sagte Thomas Schmid u. a.: "Fleischmann sagte, dass die Inserate des Ministeriums ,auf Kurz zu buchen‘ sind. Damit meinte er, dass Kurz vorgeben konnte, welche Themen und welche Berichterstattung als Gegenleistung dafür in der Mediengruppe Österreich platziert würde."
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Verwunderung auch in der ÖVP

In der ÖVP selbst scheint man zwiegespalten zu sein. Einige in der Partei begrüßen das Comeback, allen voran Kanzler Nehammer, der die Entscheidung schließlich getroffen hat. Fleischmann gilt als Medienprofi und Meister der umstrittenen "Message Control". Mit seiner Arbeit war er maßgebliche am Aufstieg von Sebastian Kurz und der türkisen Bewegung beteiligt. Vor dem Hintergrund schlechter Umfragewerte hofft nun wohl auch Nehammer auf eine Art Fleischmann-Effekt. Gegenüber der ZIB sagte der Bundeskanzler am Mittwoch: "Ich halte ihn für einen guten Kommunikationsprofi, der zur rechten Zeit wieder beginnt, in der Volkspartei zu arbeiten." Auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zeigte sich über die Personalentscheidung erfreut. In einer Aussendung bezeichnete er Fleischmann als "absoluten Vollprofi“ und Gewinn für die Volkspartei.

Dass das alle ÖVP-Mitglieder so sehen, erscheint fraglich – ebenso, ob die personelle Neuaufstellung der eigenen Partei nicht mehr schadet, als sie ihr womöglich hilft: Fleischmann, gegen den aktuell von der WKStA ermittelt wird, an die Spitze der Partei-Kommunikation zurückzuholen, sich gleichzeitig aber von vermeintlich korrupten Machenschaften der Vergangenheit abgrenzen zu wollen – dass das bei einigen Wählerinnen und Wählern ein schiefes Bild abgeben könnte, liegt wohl auf der Hand. Kärntens ÖVP-Landesgeschäftsführerin Julia Löschnig erklärte gegenüber der APA, sie sei "sehr überrascht" gewesen, als sie von der Rückkehr Fleischmanns als Leiter der Medienarbeit der Bundes-ÖVP erfuhr. Aber: "Die Bundespartei wird schon wissen, was sie tut", so Löschnig – sehr überzeugt, klingt das nicht.

Politologe ortet Belastung der Koalition und Schwächezeichen der ÖVP 

Der Politologe Thomas Hofer ortet jedenfalls eine Belastungsprobe für die Koalition. "Es ist ein weiterer Mosaikstein, der deutlich macht, dass eine gemeinsame Strategie in der Regierung in Richtung der Bekämpfung auch nur von Korruptionsanschein" weiter entfernt sei denn je, so Hofer am Donnerstag gegenüber Ö1. Parteiintern sei es laut dem Politberater eher ein Schwächezeichen, auf Gerald Fleischmann zurückzugreifen – "das zeigt natürlich, dass die Parteizentrale völlig ausgedünnt ist personell." 

Den Vorgängen rund um vermeintliche Veruntreuung und Korruption innerhalb der Volkspartei widmet sich seit geraumer Zeit der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. | Foto: Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen
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Von Niederösterreich in die Parteizentrale

Fleischmann war zunächst als Pressesprecher der niederösterreichischen ÖVP und ab 2007 der Bundespartei tätig. Später arbeitete er unter Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, ehe er zu Kurz ins Integrationsstaatssekretariat wechselte. Ihm folgte Fleischmann bis ins Kanzleramt, wo er u. a. stellvertretender Kabinettschef und Medienbeauftragter war. Nach dem Rückzug von Kurz wechselte er als Referent in den ÖVP-Parlamentsklub, von wo aus er nun wieder als Kommunikationschef in die Bundes-ÖVP zurückkehrt.

Es wird sich weisen, was die umstrittene Personalentscheidung für die Partei selbst und auch die Koalition bedeutet – im Nachhinein ist man schließlich immer schlauer.

Für die genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

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