Soldaten als Lehrkräfte
ÖH fürchtet Militarisierung im Schulsystem
Am Wochenende kündigte Bildungsminister Martin Polaschek gemeinsam mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) an, gezielt Milizsoldatinnen und -soldaten, Militärmusikerinnen und -musiker sowie Heeressportlerinnen und Heeressportler als Lehrkräfte anwerben zu wollen. Parallel dazu bekommt das Thema Landesverteidigung ab Herbst einen größeren Stellenwert im Unterricht. Die "Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft" (ÖH) kritisierte dieses Vorhaben am Montag und warnt vor einer "Militarisierung im Schulsystem".
ÖSTERREICH. Eine breite Informationskampagne in Stellungshäusern, Kasernen und Zielgruppenmedien des Bundesheeres soll potenzielle Quereinsteiger für den Lehrerjob gewinnen. Laut Verteidigungsministerin Tanner will man so gezielt die 32.000 Milizsoldatinnen und -soldaten sowie die rund 360 jährlichen Militärmusikerinnen und -musiker und 495 Heeressportlerinnen und -sportler ansprechen.
Neben der Personaloffensive betrifft die Kooperation zwischen Bildungs- und Verteidigungsministerium auch die Lehrinhalte. Ab September treten neue Lehrpläne in Volksschulen, Mittelschulen und AHS-Unterstufen in Kraft, in denen das Konzept der umfassenden Landesverteidigung verankert wird. So sollen die Schülerinnen und Schüler in ihrem schulischen Alltag mit den Aufgaben des Bundesheeres vertraut gemacht werden.
"Soldaten haben in Schulklassen nichts verloren"
Die ÖH hält dies für "höchst problematisch" und stellte sich in einer Presseaussendung klar gegen das Vorhaben. "Soldatinnen und Soldaten haben in Schulklassen nichts verloren. Der verstärkte Einfluss des Bundesheeres in Klassen und Lehrplänen ebnet den Weg hin zu einem militarisierten Bildungswesen", kritisiert Nina Mathies vom Vorsitzteam der ÖH. Anstatt die "Militarisierung im Schulwesen" voranzutreiben, fordert die ÖH die Regierung dazu auf, "endlich große gesellschaftlich relevante Themen wie die Klimakrise oder Antidiskriminierung in den Lehrplänen zu verankern".
Attraktivierung des Lehrberufes gefordert
Die Studierendenvertretung griff Polaschek in ihrer Aussendung auch direkt an: Dieser sei mit dem systematischen Lehrerinnen- und Lehrermangel überfordert. Anstatt die Probleme nachhaltig zu lösen, greife er lieber zu "Scheinlösungen" und "kurz gedachter Symptombekämpfung". Sarah Rossmann aus dem ÖH-Vorsitz forderte im Gegensatz dazu, eine Attraktivierung des Berufes, um potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten anzusprechen:
"Das Lehramtsstudium sowie der Lehrberuf müssen attraktiver gemacht werden. Es braucht bessere Arbeitsbedingungen, eine faire Bezahlung und kleinere Klassen."
Den Einsatz von Quereinsteigerinnen und -einsteigern in Schulklassen sieht die Studierendenvertretung im Generellen kritisch. So werte der Einsatz von Quereinsteigenden "nicht nur die Qualifikationen von Lehrpersonen massiv ab, er verleugnet die Wichtigkeit von pädagogischen Komptenzen", so Simon Neuhold aus dem ÖH-Vorsitzteam.
"Ideologische Scheuklappen ablegen"
Die ÖVP reagierte in Person des Generalsekretärs Christian Stocker auf die Kritik der ÖH: So riet er den Studierendenvertreterinnen und -vertretern ihre "ideologische Scheuklappen abzulegen". Zudem erklärte Stocker weiters:
"Die Aussagen der Vertreter der Österreichischen Hochschülerschaft zeigen, wie wichtig geistige Landesverteidigung ist, da offensichtlich viele immer noch nicht wissen, was ein Milizsoldat leistet. Fakt ist: Milizsoldaten sind Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft, die in erster Linie ihrem privaten Beruf und Alltag nachgehen"
Milizsoldatinnen und -soldaten würden durch ihre Tätigkeiten beim Bundesheer "wertvolle Kompetenzen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik und entsprechend ihrer militärischen Funktion auch im Bereich Teamarbeit und Führung" gewinnen. Dabei handle es sich nicht nur um Fähigkeiten, die im militärischen Bereich Anwendung finden.
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