Facharbeiter: „Desaströs und miserabel“ – Scharfe Kritik an Bezahlung für die jungen Nachwuchskräfte
Der Tiroler Bürgeraktivist und Politiker Fritz Gurgiser redet wieder einmal Klartext. Dabei geht es um unsere Lehrlinge und jungen Facharbeiter und ihre Bezahlung.
35 Lehrlinge aus Österreich treten bei der Berufsweltmeisterschaft von 11. bis 16. August im brasilianischen Sao Paulo an (unseren Beitrag dazu können Sie auf www.meinbezirk.at/WorldSkills15 nachlesen). Bei der letzten WM wurden unsere Lehrlinge Dritter und bei der Europameisterschaft im Vorjahr gab es sogar Platz eins! Das Fazit in der Österreich-Chefredaktion der Regionalmedien Austria lautete dazu: Unsere Lehrlinge sind super!
"Wie schaut es nun tatsächlich mit der sprichwörtlichen Wertschätzung aus?"
„Stimmt einerseits“, lässt uns Fritz Gurgiser in seiner Reaktion dazu wissen, „aber wie schaut es nun tatsächlich mit der sprichwörtlichen Wertschätzung aus, wenn unsere Lehrlinge gar so super sind?“ Und dann gibt uns Gurgiser einen Einblick in die reale Arbeitswelt. Wobei die meisten Menschen hierzulande Gurgiser als Transitgegner der ersten Stunde, Politiker und Bürgeraktivist kennen. In seinem „Zivilberuf“ arbeitet er seit knapp 35 Jahren bei der Stahlbau Fritz GmbH in Innsbruck; zuständig für die FIBU, Personal und die Ankerproduktion.
„Die Entlohnung ist für die jungen Burschen und ab und zu auch Mädchen wichtig."
Im Schnitt beschäftigt das 83-jährige Unternehmen sechs bis acht Metalltechnikerlehrlinge. „Früher hießen sie ja noch ganz normal und verständlich Schlosserlehrlinge. Und jeder hat gewusst, was Schlosser für ein Beruf ist“, so Gurgiser. Dann habe die Politik beschlossen, das schlechte Image der Lehrlinge zu heben, indem man die Berufsbezeichnung änderte. Und so sei aus dem Schlosser ein Metalltechniker geworden. Dabei, so Gurgiser, habe man jedoch übersehen „was für junge Burschen und ab und zu auch Mädchen wirklich interessant ist: Die Entlohnung.“
Gurgiser weiter: „Nach 3,5 Jahren Lehrzeit und einem erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung ist dann der Metalltechniker-Facharbeiter geboren. Jung, engagiert, motiviert und mit all dem Biss ausgestattet, der notwendig ist, um seinen Beruf oder Job - wie es heute heißt - mit Freude auszuführen.“
Von 2.640,15 € bleiben dem jungen Facharbeiter 1.416,35 €
Dann rechnet er uns vor: Der Kollektivlohn im Metallgewerbe beträgt derzeit 2.016,00 €. Für den Betrieb kommen Lohnnebenkosten von 624,15 € dazu. Sprich: Der junge Facharbeiter kostet den Betrieb 2.640,15 €. Und was bleibt dem jungen Facharbeiter? Von seinen 2.016,00 € werden 366,91 € für die Krankenkasse und 232,74 € für die Lohnsteuer abgezogen. Bleiben netto 1.416,35 €.
Gurgiser: „Von den Kosten für den Betrieb in Höhe von 2.640,15 € kommen beim Mitarbeiter also 1.416,35 € an. Das sind gerade einmal 53,64 Prozent. Für den Betrieb noch gar nicht die Kosten für Urlaubsgeld, Weihnachts-renumeration, Krankenstand und sonstige entgeltpflichtige Freistellungen eingerechnet.“
"Mit seinen 1.416,35 € darf der junge Facharbeiter hier die höchsten Lebens- und Wohnkosten finanzieren."
„So viel also“ kritisiert Gurgiser „zur Super-Wertschätzung des Lehrlings beziehungsweise jungen Facharbeiters.“ Gurgiser weiter: „Und wenn er das Glück hat, in einem der schönsten Länder der Welt daheim zu sein – in Tirol – hat er natürlich auch das zweifelhafte ‚Glück‘, mit seinen 1.416,00 Euro die höchsten Lebens- und Wohnkosten finanzieren zu dürfen.“
Vor 35 Jahren, als er in seinem Betrieb angefangen habe, habe man die jungen Schlosser noch 30 bis 40 Prozent über den Kollektivlohn bezahlt. Nach dem Prinzip: Wer gute Leistung bringt, soll auch ordentlich bezahlt werden. „Heute können wir gerade noch den Kollektivvertrag zahlen, der kaum für das Leben reicht“ und bei öffentlichen Aufträgen sind wir dafür nicht mehr wettbewerbsfähig“, berichtet Gurgiser. „Weil wir mit unseren Vollzeitarbeitsplätzen von jenen Betrieben ausgelacht werden, die auf Sub-Sub-Sub, Leasing, Teilzeitbeschäftigte oder geringfügig Beschäftigte setzen.“
Gurgiser: Das monetäre System muss sich dringendst ändern
Fazit für Gurgiser: „Unsere Lehrlinge sind super. Die monetäre Wertschätzung der Facharbeiter durch die Politik – denn die schafft die Rahmenbedingungen wie das für uns katastrophale Billigst- statt Bestbieterprinzip und nicht wir – sind desaströs und miserabel. Und das ist nach dem Prinzip Leben und leben lassen dringendst zu ändern!"
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