Queeres Hotel in Trahütten
Die "Absteige zur bärtigen Therese"

Mitte Februar feierten Itshe Petz und Io Tondolo die Eröffnung der "Absteige zur bärtigen Therese" in Trahütten. Es ist das erste dezidiert queere Hotel in ganz Österreich - was genau das bedeutet und was die Location so besonders macht, haben sie MeinBezirk.at im Interview erzählt.

TRAHÜTTEN. Die kreativen Köpfe Itshe Petz und Io Tondolo sind viel in der Welt herumgekommen, bevor es sie nach Trahütten verschlug. Itshe Petz ist in Deutschland geboren, Io Tondolo in Graz und verbrachte viel Zeit der Kindheit im Bezirk Deutschlandsberg - im Haus der Großmutter in Trahütten und auf der Landwirtschaft in St. Martin im Sulmtal. In Wien lernten sich die beiden schließlich bei einer freien künstlerischen Tätigkeit kennen. "Einen Monat nachdem wir uns kennengelernt haben sind wir zusammengezogen. Es war sofort ganz viel Kraft, Liebe und Zuneigung da", erinnert sich Io Tondolo.

Wegen eines Kunst- bzw. Design-Auftrages zogen die beiden nach Graz, kurz vor der Fertigstellung des Projektes tat sich dann die Möglichkeit auf, das alte Landgasthaus in Trahütten aus Io Tondolos Familie zu übernehmen. "Ich habe das Haus sofort geliebt und mich hier wohlgefühlt", so Itshe Petz. Die beiden unterschrieben den Vertrag und verbrachten im April 2020 die erste Nacht im Haus, mit dem sie seither untrennbar verbunden sind.

Io Tondolo (links) und Itshe Petz in ihrem neuen Hotel. | Foto: Löschnig
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Zur Identität

Itshe Petz und Io Tondolo sind eine Erscheinung, sie sind zum Beispiel jeden Tag ident gekleidet. "Wir sind nonbinäre Dragkings", verrät Io Tondolo. Was heißt das? Sie fühlen sich weder als Mann noch als Frau. Mit den langen Bärten sehen sie vielleicht aus wie Männer, doch dahinter steckt mehr. "Wir spielen Männlichkeit", so Itshe Petz. Ihre Identität zeigen sie auch in ihren Namen: Die Vornamen "Itshe" (eng. it, she, he) und "Io" (ital. ich) sind eine Anspielung auf die Pronomen. Auch die Nachnamen haben einen besonderen Grund: Denn die beiden Kunstschaffenden haben die Mädchennamen ihrer Mütter angenommen.

Offene Arme in Trahütten

Sehr früh nach ihrem Einzug in Trahütten lernten Itshe Petz und Io Tondolo den Bürgermeister Josef Wallner kennen. "Er hat gesagt, dass in Trahütten früher viel Tourismus und Kultur stattgefunden hat und dass er sich wünschen würde, dass das wiederbelebt wird. Da hat er natürlich sofort offene Türen eingerannt, weil wir das in Wien sowieso gemacht haben", erinnert sich Itshe Petz. Ihren großen Durchbruch in Trahütten haben die beiden mit ihren Veranstaltungen "Winterfrische" und "Almfrische" erreicht, bei denen auch die einheimischen Vereine dabei sind.

"Man muss Kunst und Kultur am Land viel weiter denken. Das muss eine Symbiose mit dem Tourismus und der Kulinarik sein. Man kann nicht einfach nur eine Ausstellung machen, sondern man muss ein Komplettpaket anbieten."
Io Tondolo

Zum nagelneuen Hotel

Von Beginn an war den Kunstschaffenden klar, dass sie die Zimmer im alten Landhaus in irgendeiner Art und Weise vermieten wollen. "Wir persönlich brauchen so ein großes Haus ja nicht. Wir brauchen ein Atelier und eine Wohnung - aber das ist ja viel mehr", so Itshe Petz. Sie beschlossen, ein Hotel zu eröffnen: Die "Absteige zur bärtigen Therese" ist nun das erste dezidiert queere Hotel in Österreich.

Was heißt "queer"?

Queer ist eine identitätsbejahende Sammelbezeichnung für sexuelle Orientierungen, die nicht heterosexuell sind. Der Begriff bezeichnet außerdem Geschlechtsidentitäten, die nichtbinär (nicht Mann oder Frau) oder transgender usw. sind.

"Wir sind ein Teil der queeren Community und wir wollen einen Raum schaffen, wo sich queere Menschen wohl fühlen und wo sie Urlaub machen können und so sein können wie sie sind", so Itshe Petz. Zwar sei es an vielen Orten und in vielen Hotels gar kein Problem mehr, queer zu sein und man werde dort gut aufgenommen - gleichzeitig sei es aber trotzdem noch so, dass man oft komisch angeschaut und anders behandelt wird. "Ein queerer Raum ist ein Raum, der sich stets im Wandel befindet. Da müssen wir viel Pionierarbeit leisten", ist sich Io Tondolo bewusst. Das Hotel heißt übrigens auch internationale Gäste willkommen.

"Wir möchten, dass Menschen in unserem Hotel so sein können, wie sie sind."
Itshe Petz

Bei der "Absteige zur bärtigen Therese" finden regelmäßig Themenwochenenden von Freitag bis Sonntag statt, die sich an unterschiedliche Gruppen richten. Mal sind nur schwule Männer eingeladen, dann nur Frauen und an einem anderen Wochenende dürfen alle Mitglieder der queer-Community und "Allies" kommen - also auch Menschen, die nicht queer sind, aber die Community unterstützen. Die ersten Wochenenden seien bereits sehr erfolgreich gewesen, beim Eröffnungswochenende waren zum Beispiel alle Zimmer belegt. "Wir wünschen uns, dass wir langsam wachsen. Wenn jetzt der große Ansturm kommen würde, wären wir ziemlich überfordert damit", so Itshe Petz.

Itshe Petz (links) und Io Tondolo (rechts) mit der "Pride-Flag". | Foto: Löschnig
  • Itshe Petz (links) und Io Tondolo (rechts) mit der "Pride-Flag".
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Gegenseitige Unterstützung

Die "Absteige zur bärtigen Therese" ist nicht nur Hotel und Event-Location, auch als Gasthaus hat sie hin und wieder geöffnet, zum Beispiel zum Sonntagsbrunch. Bei den Liefernden achten Itshe Petz und Io Tondolo darauf, dass die queer-Community aus der Region und darüber hinaus stark vertreten ist. Apfelsaft,  Kernöl und Eier kommen zum Beispiel zum Bauernhof Thonjörgl. Vom Weingut Holger Hagen, das von einem schwulen Winzer-Pärchen geführt wird, kommen die Weine. "Wir schauen einfach, dass wir uns gegenseitig unterstützen und dass wir uns auch präsent machen. Es gibt queere Leute, die Wein machen oder einen Bauernhof führen, es gibt queere Leute am Land", meint Itshe Petz.

"Die Zeit des Versteckens ist vorbei."
Io Tondolo

  • Interessiert? Alle kommenden Events bei der "Absteige zur bärtigen Therese" findest du online auf www.absteige.eu

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