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"Foodsharing" Deutschlandsberg rettet Tonnen an Lebensmitteln

Freude bei Silvia Lang: Die Foodsharing-Botschafterin hat gerade wieder Aussortierte Ware abgeholt | Foto: Veronik
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Vier Milliarden Tonnen an Lebensmitteln werden weltweit jährlich produziert. Davon landen 1,4 Milliarden Tonnen im Müll. Ca. 40 Prozent davon wären in Europa noch genießbar. Allein in Österreich werden jährlich pro Haushalt genießbare Lebensmittel im Wert von 800 Euro weggeworfen. Ca. 60 Prozent der Verschwendung wären vermeidbar durch Hersteller, Betriebe und Privatleute. Gegen diesen Negativ-Trend setzt sich die freiwillige Initiative von "Foodsharing" bereits in vielen Ländern Europas ein. Auf Initiative von Silvia Lang aus St. Josef fasst "Foodsharing" jetzt auch im Bezirk Deutschlandsberg Fuß.

BEZIRK DEUTSCHLANDSBERG. Lebensmittel sind wertvoll und dennoch landen Millionen Tonnen davon im Müll. Vielfach sind es Artikel, die nahe am Mindeshaltbarkeitsdatum schrammen oder auch ein Überschuss an Lebensmitteln in Gastro-Betrieben, die dann vielfach weggeworfen werden.  Doch es gibt Menschen, die gegen diese Verschwendung ankämpfen: "Ich habe bereits zehn Tonnen gerettet", erzählt Silvia Lang aus St. Josef, eine von vier "Foodsharing"-Botschafterinnen im Bezirk Deutschlandsberg. "Begonnen hat für mich alles im Vorjahr, als ich zu Ostern, also mitten in der Pandemie, auf ein Posting in den sozialen Medien aufmerksam geworden bin. Dabei wurden Lebensmittel, die sonst weggeworfen wären, zur Verteilung kostenfrei angeboten. Da wollte ich mitmachen", erzählt die Pensionistin, die ebenfalls im Handel tätig gewesen ist.

"Mein Anliegen ist es nicht nur die Lebensmittel zu retten, sondern diese auch an Bedürftige unentgeltlich weiterzugeben. Wir arbeiten allesamt unentgeltlich und wir sind keine Konkurrenz zu anderen sozialen Einrichtungen, das ist mir sehr wichtig zu betonen."
Silvia Lang, "Foodsharing-Botschafterin im Bezirk Deutschlandsberg

Mehr Schwung für "Foodsharing" im Bezirk

Während "Foodsharing" in anderen Bezirken schon länger etabliert ist, hat man im Bezirk Deutschlandsberg erst im Februar des Vorjahres eine erste Initiative zur Rettung von Lebensmitteln gestartet, allerdings fehlten die Betriebe. So richtig in Schwung gekommen ist die Aktion dann erst im heurigen Jahr: "Wir haben 30 Betriebe angeschrieben, jetzt laufen schon einmal zwölf Kooperationen", hofft Lang, dass es noch mehr werden. Vor allem für Brot und Gebäck würde Lang noch dringend teilnehmende Betriebe im Bezirk suchen, "Bislang fahre ich  regelmäßig nach Graz, um dort Brot und Backwaren abzuholen."

65 Lebensmittelretter im Bezirk unterwegs

Wie funktioniert's? Nicht weniger als 65 eingeschulte Lebensmittelretter sind im Bezirk Deutschlandsberg ehrenamtlich zu den teilnehmenden Betrieben unterwegs, wo sie sich offiziell ausweisen und die Waren, die sonst auf dem Müll landen würden, abholen und selbst aussortieren, bei manchen Betrieben sogar täglich.
Aus den eingesammelten Lebensmitteln erstellt Silvia Lang Lebensmittelkörbe, die sie an Bedürftige und ebensolche Familien verteilt.

"Derzeit sind es bis zu acht Familien, die ich so völlig kostenfrei versorgen kann. Je mehr Betriebe dabei sind, desto mehr Lebensmittel kann man retten, desto weniger Müll fällt an und desto mehr Familien kann man unterstützen, auch wenn die Hemmschwelle unter den Menschen immer noch groß ist, etwas einfach so anzunehmen."
Silvia Lang, "Foodsharing-Botschafterin im Bezirk Deutschlandsberg

Ein Dutzend Betriebe ist dabei 

Unter den zwölf kooperierenden  Betrieben findet sich von der Apotheke bis zur Fleischmanufaktur, vom Gasthaus bis zu Automatenbetreibern eine enorm breite Branchen-Palette.
Der erste Betrieb, den Silvia Lang für "Foodsharing" Deutschlandsberg ins Boot geholt hat, war der Spar-Markt in Preding, wo Michael René Bergles aus Überzeugung sofort dabei war.  
Überzeugt ist auch Karl Puntigam, der den Spar-Markt in Groß St. Florian führt: "Selbst in einem kleineren Geschäft, wie dem unseren, fallen Lebensmittel an, die in Ordnung sind aber vielleicht einen Verpackungsfehler aufweisen oder nahe am Ablaufdatum sind. Diese Lebensmittel geben wir gerne an "Foodsharing" weiter, sowie auch Obst und Gemüse, das vielleicht optisch nicht zum Verkauf geeignet aber sonst einwandfrei ist. Daher war es für uns logisch, dass wir mitmachen und wir freuen uns, wenn wir damit auch Gutes tun können", betont Karl Puntigam.

Beim Spar-Markt in Groß St. Florian steht ein eigenes "Foodsharing"-Wagerl: Marktleiter Klaus Puntigam und Foodsharing-Botschafterin Silvia Lang.
  • Beim Spar-Markt in Groß St. Florian steht ein eigenes "Foodsharing"-Wagerl: Marktleiter Klaus Puntigam und Foodsharing-Botschafterin Silvia Lang.
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Sofort begeistert von der "Foodsharing-Idee" war Karin Hackl, Pächterin der Jet-Tankstelle in Stainz: "Mir hat es  schon immer weh getan, Lebensmittel wegzuwerfen. Es fällt bei uns im Shop allerhand an, also von Gebäck über vorgefertigte Jause bis zu Knabbergebäck, das ich ebenfalls aussortiere. Mit dem Engagement von 'Foodsharing" können wir intakte Lebensmittel retten und an Menschen verteilen, die es auch nötig haben."
Und wie erfolgt die Abholung? "Zu uns kommt täglich jemand aus dem Team von 'Foodsharing Deutschlandsberg, zeigt den offiziellen Ausweis dazu und holt die Lebensmittel ab. Ich habe also überhaupt keinen Aufwand, es entstehen keinerlei Kosten, dafür habe ich das gute Gefühl, unsere Lebensmittel an Menschen weiterzugeben, die sie gut brauchen können. Die Aktion ist absolut weiterzuempfehlen", betont Karin Hackl.

Aufwändig verpackte Lebensmittel aus dem Automaten

Michael Strohmeier vom Kirchenwirt in Wettmannstätten ist ebenfalls unter den zwölf kooperierenden Betrieben: "Wir haben schon immer darauf geschaut, möglichst keine Lebensmittel zu verschwenden. Wenn Gemüse übrig bleibt, dann geben wir es weiter. Daher entspricht die Initiative zu 'Foodsharing' genau unserem Tenor, wobei wir vor allem ein Augenmerk auf unseren Automaten legen, wo aufwändig verpackte Lebensmittel angeboten werden. Diese sind aber noch viel länger haltbar, als wir sie im Automaten zum verkauf belassen würden. Daher geben wir sie mit einem guten Gefühl an das "Foodsharing-Team" weiter.

Aus diesen Waren stellt Silvia Lang Essenskörbe zusammen, die sie an Familien weitergibt, die es nötig haben. | Foto: Lang
  • Aus diesen Waren stellt Silvia Lang Essenskörbe zusammen, die sie an Familien weitergibt, die es nötig haben.
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Mit an Bord ist u.a. "Christins Köstlichkeiten", nämlich mit den selbst gemachten Mehlspeisen von  Christine Krasser, die diese in einem Kühlschrank zur Selbstbedienung im Gewerbepark anbietet.  Der Abholmarkt in Wies ist ebenso aus Überzeugung dabei wie "Kilgers Fleischmanufaktur“ in Eibiswald, wo man sich dem  Grundsatz „From nose to tail“ verschrieben hat und alles von den Tieren aus eigener Zucht verwertet. In diesem Sinne gehört auch die Vermeidung von Lebensmittelabfällen dazu.
"Unsere Ressourcen sind kostbar und kein Lebensmittel sollte verschwendet werden. Daher unterstützen wir die wertvolle Arbeit von 'Foodsharing' Deutschlandsberg, wo das Team diese Waren an Bedürftige weitergibt oder Essenskörbe daraus erstellt, sehr gerne", heißt es bei Kilger.

Zum "Foodtruck"

"Foodsharing" Deutschlandsberg arbeitet außerdem mit Vinzenzgemeinschaft Graz Feldkirchen und mit "Children beyond of the World", eng zusammen. Dazu ist der gemietete "Foodtruck" in Österreich unterwegs und verteilt in neun Städten kostenlos warme, gesunde Mahlzeiten sowie Wasser und warme Getränke an Bedürftige. Die Aktion lebt ausschließlich von Lebensmittel- und Geldspenden sowie vielen ehrenamtlichen Helfern. 
Vom 21.bis 30. Mai macht der "Foodtruck" Halt in Graz, nämlich in der Triester Straße 40. Silvia Lang ist am Freitag ab 13.30 Uhr ebenfalls vor Ort, um vor allem Wurst-Waren auszugeben.

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Fakten zu "Foodsharing"

  • Die Foodsharing-Initiative entstand 2012 in Berlin. Mittlerweile ist sie zu einer internationalen Bewegung mit über 200.000 registrierten Nutzern in Deutschland, Österreich, der Schweiz und weiteren europäischen Ländern herangewachsen.
  • Die Lebensmittelretter organisieren sich über die Online-Plattform foodsharing.at und arbeiten ehrenamtlich.
  • Foodsharing ist keine Konkurrenz zu anderen sozialen Einrichtungen, sondern arbeitet vielfach ergänzend und kooperierend.
  • Im Bezirk Deutschlandsberg sind derzeit zwölf Betriebe aktiv dabei.
  • 65 Foodsharer sind unentgeltlich im Bezirk zur Abholung von Lebensmitteln unterwegs, also gemäß der Corona-Richtlinien und mit einem entsprechenden Ausweis.
  • Für die teilnehmenden Betriebe entstehen weder Unkosten noch Aufwand, es ist auch kein Vorsortieren der Waren nötig. Der jeweilige Betrieb kann sogar bei der Müllentsorgung einsparen.
  • Zur Verteilung: Während es in anderen Bezirken allgemein zugängliche Kühlschränke als "Fairteiler" gibt, erstellt Silvia Lang Essenskörbe, die sie an Bedürftige und ebensolche Familien weitergibt.
  • Bei Interesse kann man sich bei "Foodsharing"-Botschafterin Silvia Lang melden, Tel.: 0677/62022271.

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