Doppelinterview: Schwarz-grüne Ehe im Deutschlandsberger Gemeinderat

Marc Ortner (l.) von den Grünen und Vizebürgermeister Jürgen Kovacic (ÖVP) wollen gemeinsam für die Stadt Deutschlandsberg und den Hauptplatz was tun.
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  • hochgeladen von Simon Michl

Marc Ortner brachte in der Deutschlandsberger Gemeinderatssitzung einen Antrag zu den Bauernmarktgebühren ein, Vizebürgermeister Jürgen Kovacic lehnte diesen sofort ab. Mittlerweile haben sich der grüne und schwarze Gemeinderat nicht nur ausgesprochen, sondern arbeiten auch gemeinsam an Projekten um den Deutschlandsberger Hauptplatz.

Von wem ist diese Annäherung ausgegangen?
JÜRGEN KOVACIC: Ich hab dem Marc ein Mail geschrieben, dass ich gerne mit ihm reden würde.
MARC ORTNER: Ich wollte mich eigentlich auch melden, hab aber an dem Tag keine Zeit gehabt.

Die Diskussion um Gebühren von 2,18 Euro scheint einen Stein ins Rollen gebracht zu haben.
KOVACIC: Gott sei Dank, weil dadurch haben wir einen anderen Kontakt zueinander gekriegt. Ich hab mich damals beim Marc entschuldigt. Er hat gedacht, das war ein persönlicher Angriff, das war es nicht. Dann haben wir uns einfach auf einen Kaffee getroffen und festgestellt, dass wir im Grunde in die gleiche politische Richtung gehen, nur andere Ausprägungen haben. Da ist es gescheiter, wir arbeiten die Gemeinsamkeiten heraus und stimmen uns in gewissen Vorhaben miteinander ab.
ORTNER: Ich glaube, abseits der Politik, verstehen wir uns auch gar nicht so schlecht.

Und innerhalb der Politik?
KOVACIC: Ich glaube, dass wir beide davon ausgegangen sind: Der eine ist der radikale Grüne und der andere der erzschwarze Konservative. Auf Gemeindeebene geht’s in erster Linie aber um die Bürger. Wir sind keiner Partei verpflichtet, sondern der Stadtgemeinde.

Welche Gemeinsamkeiten habt ihr?
KOVACIC: Wir wollen in erster Linie was für den Hauptplatz tun. Das Biofest, das Marc initiiert hat, war eine super Idee, darauf wäre keiner gekommen. Ich glaube, das war auch der Grundstock für das Regionalitätsprojekt am Hauptplatz.
ORTNER: Ich will ja nur, dass ich mich mit meinen Fähigkeiten einbringen kann und das geht mittlerweile immer besser. Es ist auch viel gewichtiger, wenn man sich inoffiziell trifft und gemeinsam arbeitet.
KOVACIC: Bei Sitzungen steckt oft mehr Show als Substanz dahinter. Bei der blauen Fraktion fällt mir das auf.
ORTNER: Das ist schon schade. Sie haben eigentlich viele Gemeinderäte, aber eigene Ideen sind so gut wie nie der Fall. Es werden immer nur von Landesebene Sachen vorgegeben.
KOVACIC: Von der FPÖ ist noch nichts gekommen, was die Stadtgemeinde direkt betreffen würde. Marc macht sich im Bereich der Ökologie wenigstens Gedanken. In den Ausschüssen entsteht aber schon vieles. Wenn die nicht regelmäßig zusammen kommen, müssen wir halt schauen, dass wir uns so treffen.

Was braucht es am Hauptplatz?
ORTNER: Wir sollten uns auf alle Fälle vom FMZ abgrenzen. Für jeden muss ersichtlich sein: dort ist Shopping und am Hauptplatz gibt es qualitativ Hochwertiges, Regionales, Nachhaltiges.
KOVACIC: Die Leute müssen sagen können, das ist ein schöner Hauptplatz. Gastronomie und Ambiente müssen passen. Die Voraussetzung ist aber immer, dass alle, Unternehmer und Hausbesitzer, mitarbeiten.
ORTNER: Man darf nicht vergessen, dass die Gemeinde hier nicht alleine ist. Toll wäre, wenn das ehemalige Kaufhaus Pieber gekauft werden würde. Unten eine Art Kaufhaus, das nachhaltige Sachen anbietet, und oben am Dach eine Weinbar, das würde die Leute anlocken.
KOVACIC: Oder ein Buschenschank mit Blick über die Stadt. Aber das kann nur ein Privater machen, darauf haben wir keinen Einfluss.

Gibt es Interessenten für das Haus?
ORTNER: Ich weiß nur, dass Gerhard Kuess Interesse hätte, aber nicht, was er damit vorhat. Wohnungen waren geplant, das geht aber nicht, weil eine Seite vom Haus direkt an der Grundgrenze steht, deswegen kann man dort keine Fenster einbauen.

Welche Projekte habt ihr geplant?
KOVACIC: Meine Idee von einem Co-Working-Space hat Marc mal in einem Leserbrief angeschnitten. Ich hab mich schon Wochen davor schlau gemacht, wie man sowas in Deutschlandsberg etablieren könnte. Das wollen wir ab Herbst am Hauptplatz machen, die Gespräche laufen schon.
ORTNER: Im Ausschuss Bildung/Familie/Jugend haben wir uns darauf geeinigt, dass wir eine Reparaturwerkstatt initiieren möchten. Die Jugendarbeit beim Regionalmanagement Südweststeiermark bietet da Unterstützung an, in Leibnitz gibt es das seit kurzem. Das möchten wir bei uns auch machen. Daraus könnte man eventuell einen zweiten Co-Working-Space im Reparatur- und Handwerkbereich anbieten.

Wo seid ihr am weitesten auseinander?
KOVACIC: Im Grunde gehen wir oft in die gleiche Richtung. Ich hab Variante A, Marc Variante B und wenn man das zusammenfasst, treffen wir uns bei Variante C.
ORTNER: Das müssen wir noch schaffen. Dass wir diese Synthese jedes Mal zusammenbringen und nicht Variante A einfach verwerfen und nichts machen.
KOVACIC: Durchs Reden kommen die Leute zusammen. Marc ist nicht jemand, der eine Idee von vornherein als schlecht abtut. Wir beide müssen in unserem Alter auch eine Vorbildfunktion haben. Die Politikverdrossenheit bei den Jungen ist ja schon riesengroß und wir müssen zeigen, dass Zusammenarbeit bei uns beiden funktioniert. Selbst in einer Ehe ist es zwar immer ein Miteinander, aber du hast oft Diskussionspunkte. Aber du raufst dich immer zusammen.

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