Deutschlandsberg/Leibnitz
Immer mehr Bauern setzen auf Naturschutz und Biodiversität

- Die Landwirtschaftskammer holt bäuerliche Umweltleistungen vor den Vorhang – wie hier die seltenen Murbodner Rinder von Alois Kiegerl in Trahütten.
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Artenvielfalt in der Landwirtschaft liegt im Trend: Mehr als 400 Betriebe in Deutschlandsberg und Leibnitz stellen stellen Flächen für Naturschutz zur Verfügung, über 800 setzen auf Biodiversität auf ihren Äckern.
SÜDWESTSTEIERMARK. In der "Woche der Landwirtschaft" möchte die steirische Landwirtschaftskammer bäuerliche Umweltleistungen und deren Beitrag zur Biodiversität vor den Vorhang holen. Bei einem gemeinsamen Termin der Bezirke Deutschlandsberg und Leibnitz lud man zu einem Pionier des essbaren Naturschutzes, wie er es nennt: "Vom tierfreundlichen Stall über die Förderung der Rasse Murbodner bis hin zur Fütterung und Haltung ist bei uns alles stimmig", erzählt Alois Kiegerl auf seiner Weide.
Bauern wie Kiegerl erhalten nicht nur unsere Kulturlandschaft. "Nur durch Beweidung schaffen es gewisse Arten, zu überleben", erklärt Christoph Neubauer, Fachberater für Pflanzenbau in der Landwirtschaftskammer. "Durch Weidehaltung mit Kot und Harn direkt in der Wiese werden gewisse Insekten und Pilze gefördert und erhalten – das ist ein ganz spezieller und schützenswerter Lebensraum." Alleine ein Kuhfladen beherbergt 80 bis 200 Insektenarten.

- Die Kühe fressen ihm aus der Hand: Christian Polz, Obmann der Bezirkskammer Deutschlandsberg
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"Die Weidehaltung pflegt und erhält Almen. Wenn die Kühe weg wären, wächst das zu", ergänz Christian Polz, Bezirkskammerobmann in Deutschlandsberg. Und stellt klar: "Eine Kuh auf der Weide ist klimaneutral, denn die Weide gleicht das Gas aus."
Freiwilliges Umweltprogramm wird gefördert
Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe kann sich Naturschutz auch lohnen: Im Rahmen des (europaweit einzigartigen) Österreichischen Umweltprogramms ÖPUL können Bäuerinnen und Bauern 25 Agrarumweltmaßnahmen umsetzen. Diese werden von EU, Bund und Ländern finanziell gefördert. "Das ist ein schönes Ausgleichsgeld, mit dem man ein Einkommen erzielen kann", sagt Kiegerl, der seit drei Jahren im Vollerwerb ist. Momentan hat er 75 Murbodner Rinder, eine alte, seltene, aber auch gefährdete Rasse. Und sehr gefragt: "Wir produzieren gar nicht wenig Fleisch, pro Jahr vermarkten wir 20 Rinder", so Kiegerl. "Die Vielfalt auf den Wiesen und Feldern spiegelt sich auch in den bäuerlichen Hofläden wider", sagt Bezirksbäuerin-Stv. Karin Krois.
"Nichts ist so vielfältig wie die Landwirtschaft. Kein Betrieb ist wie der andere."
Alois Kiegerl, Landwirt aus Trahütten
Wären EU-Förderungen in Zukunft neu verteilt und in der Landwirtschaft nicht mehr zweckgebunden, könnte das für einige Betriebe eng werden. "Ich hoffe, das ist nur eine Idee", sagt Polz. Ein Bergbauer wie Kiegerl sei ohne Ausgleichszahlungen, etwa für Naturschutz, nicht mehr konkurrenzfähig, wie er selbst sagt.
Neuer Rekordwert bei Biodiversitätsflächen
"Die Naturschutzmaßnahmen und -flächen haben in der Steiermark zugenommen", sagt Wolfgang Meier, Kammersekretär in Leibnitz. Im Bezirk Leibnitz sind es eher Zwischenbegrünungen auf Äckern und Anlegen von Hecken. Der Trend geht in der ganzen Steiermark nach oben: Noch nie gab es so viele speziell angelegte und bewirtschaftete Biodiversitäts- und Naturschutzflächen – 28.000 Hektar, das ist mehr als die doppelte Fläche der Stadt Graz. Alleine in den letzten zwei Jahren sind es 8.000 Hektar mehr geworden.
- 15.000 ha Naturschutzflächen von 3.100 Betrieben in der Steiermark
davon 960 ha in Deutschlandsberg (von 220 Betrieben) und 930 ha in Leibnitz (von 234 Betrieben) - 60.000 ha Biolandbau von 3.700 Biobetrieben in der Steiermark
davon 3.400 ha in Deutschlandsberg (von 248 Betrieben) und 2.000 ha in Leibnitz (von 150 Betrieben)
5.900 ha in Deutschlandsberg werden umweltgerecht und biodiversitätsfördernd bewirtschaftet, während in Leibnitz 10.300 ha Ackerflächen zwischenbegrünt werden. Auf Naturschutzflächen verzichten Bäuerinnen und Bauern weitgehend auf mineralischen und Wirtschaftsdünger. Außerdem mähen sie deutlich später, damit sich seltene Gräser und Kräuter vermehren können. Viele Betriebe sorgen auch für Tierwohl auf Weiden.
Schon nach zwei bis drei Jahren ohne Bewirtschaftung würden Wiesen und Böden verwalden und die Artenvielfalt, etwa von Blumen, ginge zurück. Genauso lange müsste man wieder mähen, um die Biodiversität eines solchen Grunds wiederherzustellen. Kiegerl weiß, wovon er spricht: Er und seine Frau haben viele Flächen übernommen, die sonst keiner mehr haben wollte. Heute haben sie mit 30 Hektar die größte Biodiversitätsfläche in Deutschlandsberg.

- Am Hof von Alois Kiegerl wurden erst vor wenigen Tagen diese Zwillinge geboren, eine Seltenheit bei Rindern.
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Alexandra Kiegerl, die am Betrieb jeden Tag mit Urlaubsgästen am Bauernhof unterwegs ist, merkt: "Es ist oft erschreckend, wie wenig die Leute über Ernährung und Gesundheit wissen." Und das gäbe es nicht nur in großen Städten: "Es reicht schon, wenn man in eine Bezirkshauptstadt fährt. Weil das auch im Schulbereich immer weniger geworden ist", so Meier.
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