Woche der Landwirtschaft
Kühe melken mit der Kraft der Sonne

Franz-Josef Wallner ist Bauer mit Leib und Seele | Foto: Susanne Veronik
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Die Bauernhöfe sind regionale und erneuerbare Energiezentralen der Zukunft. Mit innovativen Energietechnologien basierend auf Sonnenstrom und Biomasse kehren sie dem Fossilzeitalter den Rücken. Einer dieser Bauern mit Vorbildwirkung ist Franz-Josef Wallner, der mit seiner Familie in Groß St. Florian eine Milchviehwirtschaft führt: Dort werden die Kühe mit klimafreundlicher Sonnenenergie gemolken.

GROSS ST. FLORIAN. Die Woche der Landwirtschaft noch bis 14. Mai zeigt den Weg steirischer Bauernhöfe, die grüne Energie erzeugen und für die klimafreundliche Lebensmittelherstellung verwenden sowie als erneuerbare Energie-Dienstleister maßgeblich die Energiewende mitgestalten. Dass der Wille in der Landwirtschaft hin zu klimafreundlicher Energie gegeben ist, zeigen schon unsere Forstwirte: Nicht weniger als 620 Heizwerke in der ganzen Steiermark versorgen 120.000 Steirerinnen und Steirer mit erneuerbarer Wärme. Jetzt steht außerdem die Nutzung von Dachflächen für Photovoltaik-Anlagen zur Nutzung von grünem Sonnenstrom im Raum.

Bauernhöfe als Zentren für erneuerbare Energien 

Dass es funktioniert, zeigt der Milchviehbetrieb von Franz-Josef Wallner in Groß St. Florian, wo 55 Kühe jährlich rund 550.000 Liter Milch an die Bergland liefern. Hier haben sich die Kammerobmänner aus Leibnitz und Deutschlandsberg Christoph Zirngast und Christian Polz sowie deren Kammersekretäre Josef Fötsch und Michael Temmel und die Deutschlandsberger Bezirkbäuerin Angelika Wechtitsch zu einem Pressegespräch mit Besichtigungstour getroffen. Von Seiten der Landwirtschaftskammer Steiermark war Heike Grössing vom Referat Energie, Klima und Bioressourcen ebenso mit von der Partie.

Zwei Generationen packen an: Franz Josef Wallner mit Vater Franz Wallner (r.) | Foto: Susanne Veronik
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Gemeinsam mit den Eltern Franz und Gabriele Wallner führt Franz-Josef Wallner im Siedlungsgebiet von Groß St. Florian diesen mit viel Umsicht geführten Bauernhof. Dass es Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten braucht, ist ihm nicht erst seit der Teuerung bewusst: "Ich habe schon früh auf eine Photovoltaikanlage gesetzt, mit 30 kW", zeigt der Landwirt auf die Dachanlage oberhalb der Stallungen, die mit Melkroboter, elektrischem Futterschieber und automatischen Kälbertränken, u.a. vollautomatisch laufen. Außerdem ergänzt die Anlage eine frequenzgesteuerte Lüftung.
Der Strom dazu wird also jetzt aus Sonnenenergie getankt. Doch es ist nicht dabei geblieben: Vor vier Jahren ist ein 20 kW-Speicher dazugekommen.

Unabhängige Stromproduktion

"Damit kann ich den Strombedarf auf unserem Betrieb bis zu 60 Prozent selbst abdecken", erklärt der Landwirt. Der Überschuss wird in das Stromnetz eingespeist.

"Ziel ist eine hundertprozentige Energieabdeckung aus selbst produziertem grünen Strom. Die Kapazitäten sind auch vorhanden, denn jetzt sind erst zehn Prozent der Dachflächen auf unserem Betrieb für Photovoltaikanlagen genutzt. Optimal wäre es , wenn wir alle Dachflächen nutzen könnten, um so auch andere Haushalte im Dorf mitzuversorgen.
Franz-Josef Wallner in Groß St. Florian 

Umfassendes Pilot-Projekt

Ausgangspunkt war 2019 die Teilnahme am Projekt "Energiespeichernde Landwirtschaft", das  die Landwirtschftskammer gemeinsam mit der Energie Steiermark und der TU Graz umgesetzt hat, um verschiedene Speichersysteme in ihrer Effizienz für so einen Betrieb zu erproben und auszuwerten.

Bauer macht Power so wie hier am Hof von Franz-Josef Wallner | Foto: Susanne Veronik
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Auch Bezirksbäuerin Angelika Wechtitsch hat mit ihrem Familien-Betrieb in Großradl, der eher schattseitig in einem Graben gelegen ist, dennoch eine Ost-West-Ausrichtung für eine Photovoltaik-Anlage gewählt: "Auch wenn wir nicht gerade eine optimale Lage für so eine Anlage haben, es zahlt sich dennoch aus", ist Wechtitsch überzeugt.

Hühner unter den Paneelen

Ein sehr innovativer Weg ist beispielsweise die Doppelnutzung von Geflügelweiden auch für die Sonnenstromherstellung. „Wir können damit einen wichtigen Beitrag zur sicheren Strom- und Lebensmittelversorgung leisten“, sagt Bezirksbäuerin Angelika Wechtitsch und ergänzt: „Mit der Sonnenstromerzeugung auf nur 15 Prozent der Hühnerweiden, das wären 1.227 Hektar in der Steiermark und 3.597 Hektar in österrreich, kann die Branche ihren gesamten benötigten Strom selbst erzeugen.“ Würden alle Hühnerweiden mit Photovoltaik-Paneelen überdacht werden, dann könnte bilanziell der gesamte Energiebedarf der heimischen Landwirtschaft erzeugt werden. 

Bauer macht Power: Landwirte im Gespräch am Hof von Franz Josef Wallner und seiner Familie in Groß St. Florian | Foto: Susanne Veronik
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Diese Fakten bestätigen Heike Grössing vom Referat Energie, Klima und Bioressourcen in ihrer Meinung: "Wir haben schon in der Vergangenheit gezeigt, dass wir in der Landwirtschaft sehr viel Potenzial haben und ein zuverlässiger regionaler Versorger sind vor allem mit Lebensmitteln. Das wäre jetzt auch mit Energie möglich." 

Kammerobmann Bgm. Christoph Zirngast aus Großklein im Bezirk Leibnitz skizziert  den eingeschlagenen, innovativen und klimafreundlichen Kurs folgendermaßen.: „Viele Land- und Forstwirte steuern konsequent und erfolgreich ihre Bauernhöfe in Richtung Energieautarkie, so wie wir es an diesem Hof sehen können. Schon jetzt spielen sie als Energiemacher und Energiedienstleister eine gewichtige Rolle bei der Energiewende. In Zukunft werden Bauernhöfe aber mehr denn je regionale, erneuerbare Energiezentralen sein."

Landwirte als Anbieter von grünem Strom

Die großen Stärken werden dabei neben Herstellung und eigener Verwendung auch das Anbieten von grünem Strom in Dörfern und Ortschaften sein. Vorbild dafür sind die bäuerlichen Biomasse-Nahwärme-Anlagen, die aktuell bereits mehr als 120.000 steirische Haushalte mit C02-neutaler Wärme aus Nebenprodukten der nachhaltigen Forstwirtschaft versorgen – etwa wie Hackgut.

Zur Erreichung der verbindlich festgelegten Energie- und Klimaziele muss sich Österreich bis 2030 bilanziell mit grünem Strom selber versorgen können. Als unabdingbare Säule dafür hat die Steiermark bis dahin unter anderem die mehr als vierfache Menge an Photovoltaik-Strom herzustellen, um endgültig auf Importe von Atom- oder Kohlestrom verzichten zu können.

„Bei Sonnenstrom kann vor allem die steirische Landwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag leisten“, unterstreicht Kammerobmann Christian Polz, der selbst einen Schweinezucht-Betrieb mit einer Biogasanlage in Frauental führt.

„Nicht fruchtbare Ackerböden, die ja für die Lebensmittelherstellung absolute Priorität haben, sondern Sonnenstrom von Dächern, aus der landwirtschaftlichen Doppelnutzung mit Hühnern oder Schafen und von wenig produktiven Flächen auch auf steileren Hängen im Berggebiet sind ideale Sonnenstrom-Lieferanten.“
Christian Polz, Kammerobmann in Deutschlandsberg

Netzausbau als Gebot der Stunde

Zur optimalen Erschließung dieser großen Sonnenstrom-Potenziale verlangt Polz von allen Netzbetreibern, insbesondere der Energienetze Steiermark GmbH, eine rasche und konsequente Netzausbauoffensive sowie faire Netzzugangskosten: „Viele landwirtschaftliche Betriebe wollen Sonnenstrom auf Dächern, in landwirtschaftlicher Doppelnutzung oder auf Hängen im Berggebiet erzeugen, scheitern aber an der unzureichenden Netzinfrastruktur.“

Allein im steirischen Berggebiet schlummert ein Flächenpotenzial von mehr als 96.000 Hektar für Photovoltaik-Anlagen (Hangneigung mehr als 18 Prozent) mit dem Vorteil, dass sogar um 20 bis 25 Prozent mehr Sonnenstrom produziert wird als in Tälern. Nur ein paar Prozent davon reichen für den Photovoltaikausbau in der Steiermark. Weitere 500 Hektar an Dachflächen kann die Landwirtschaft sofort für die Sonnenstromerzeugung beisteuern.

Kammersekretär Michael Temmel  und der Leibnitzer Kammerobmann Christoph Zirngast. | Foto: Susanne Veronik
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„Boden ist nicht vermehrbar. Eine sichere Versorgung mit leistbaren, hochwertigen Lebensmitteln hat einen hohen Wert und kann mittelfristig nur dann sichergestellt werden, wenn fruchtbare Böden der Lebensmittelproduktion vorbehalten bleiben“, schlägt der Leibnitzer  Kammersekretär Josef Fötsch in die selbe Kerbe.

Neue Beratungsschwerpunkte

Kammersekretär Michael Temmel von der Bauernkammer Deutschlandsberg ist davon überzeugt, dass die Bäuerinnen und Bauern sehr daran interessiert sind, die Energieversorgung am Betrieb selbst in die Hand zu nehmen, eine Entwicklung in Folge der Preisexplosionen auf den internationalen Energiemärkten.

„Bereits vor Jahren hat die Landwirtschaftskammer die Beratungsschwerpunkte Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger gelegt. Diese Weitsicht macht sich jetzt bezahlt. Nie zuvor gab es ein so großes Interesse an Fachberatungen im Themenfeld Energie."
Kammersekretär Michael Temmel 

Die Landwirtschaftskammer Steiermark entwickelt somit gemeinsam mit Forschung und Praxis innovative, klimafreundliche Energielösungen für die heimischen Betriebe. „Mit unseren Forschungsprojekten sind wir Taktgeber beispielsweise bei der optimalen Speicherung und Nutzung von Sonnenstrom auf landwirtschaftlichen Betrieben", ist Temmel überzeugt.

Starke Zahlen

Erneuerbare Energie aus der Land- und Forstwirtschaft für Energiewende unverzichtbar. Die Woche der Landwirtschaft macht auch die großen Leistungen der Land- und Forstwirtschaft für die Energiewende sichtbar.

Die Zahlen können sich sehen lassen: 620 Heizwerke versorgen über 120.000 Steirerinnen und Steirer mit C02-neutraler Wärme. Darüber hinaus sichern die heimischen Waldbesitzer die Rohstoffversorgung von 130.000 Biomassekleinfeuerungen. 37 Biogasanlagen produzieren Ökostrom und Wärme für 30.000 Haushalte. Hinzu kommen Anwendungen in den Bereichen Holzgas, Solarthermie, Photovoltaik, Agrar-Photovoltaik und Wasserkraft.

Heike Grössing, Referentin im Referat Energie, Klima und Bioressourcen der Landwirtschaftskammer Steiermark ist davon überzeugt, dass ohne Energieträger aus der Land- und Forstwirtschaft der Erneuerbaren-Anteil im heimischen Energiesystem nicht bei beachtlichen 31 Prozent liegen würde, sondern bei nicht einmal 16 Prozent. "Die Erreichung der nationalen und europäischen Energie und Klimaziele ist ohne den Beitrag einer aktiv produzierenden Land- und Forstwirtschaft illusorisch“, so Grössing

"Die steirischen Landwirte liefern ja jetzt schon zehn Mal mehr an erneuerbarer Energie in das System ein als sie selbst verbrauchen. Die Landwirte sind somit das Rückgrat der Energiewende. Doch für die Zukunft brauchen wir die intelligentesten und nicht die billigsten Lösungen. So können wir vorhandenen Ressourcen in Form von Dachflächen für Photovoltaik nutzen und die Wertschöpfung in der Region halten."
Heike Grössing, Referat Energie, Klima und Bioressourcen.

Im Referat Energie, Klima und Bioressourcen erhalten interessierte Kammermitglieder Informationen rund um Förderungen und weiterführende Beratung rund um Photovoltaik und andere grüne Energienutzungen.

Zwei Generationen packen an: Franz Josef Wallner mit Vater Franz Wallner (r.) | Foto: Susanne Veronik
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Abschließend bringt Franz-Josef Wallner die Wichtigkeit der Nutzung von Dachflächen auf den Punkt: 

"Nur weil es das Billigste ist, Photovoltaik-Anlagen auf ebene Freiflächen aufzustellen, ist das nicht das beste. Wenn wir diese Flächen verlieren, werden wir auch unsere Tierhaltung verlieren. Bleiben die Dächer leer, werden auch die Ställe leer bleiben. Dann hat es sich mit der regionalen Lebensmittelproduktion erledigt."
Franz-Josef Wallner führt einen Milchviehbetrieb in Groß. St. Florian.


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