Erntebilanz
"Wir haben ein Drittel weniger Getreide im Bezirk"

Christian Polz, Obmann der Bezirksbauernkammer Deutschlandsberg: Die Maisernte steht jetzt direkt bevor und reicht bis Mitte November.  | Foto: Susanne Veronik
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  • Christian Polz, Obmann der Bezirksbauernkammer Deutschlandsberg: Die Maisernte steht jetzt direkt bevor und reicht bis Mitte November.
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Top-Ergebnisse beim Kürbis dafür Einbußen bei Mais, Getreide und Wein. Doch die Qualität stimmt - ein Resümee zur aktuellen Ernte mit dem Obmann der Landwirtschaftskammer Deutschlandsberg Christian Polz, selbst Landwirt in Frauental.

BEZIRK DEUTSCHLANDSBERG. Lang anhaltende Trockenperioden, Hitze und fehlende Niederschlagsmengen, dafür Starkregen-Ereignisse, die der Boden innerhalb der kurzen Zeit oft gar nicht in voller Effizient aufnehmen kann: Der Klimawandel ist auch in unserer Region nicht von der Hand zu weisen. MeinBezirk.at hat dazu mit Christian Polz, Obmann der Landwirtschaftskammer Deutschlandsberg, gesprochen.

Wir sind mitten in der Erntezeit

MeinBezirk.at: Wie steht es mit der Ernte aktuell?
CHRISTIAN POLZ: Wir sind jetzt mitten in der Ernte, Getreide und Kürbis sind abgeschlossen, frühe Sorten im Wein stehen vor der Lese, auch die Maisernte steht jetzt am Beginn.

Wir war das Bauernjahr aus wettertechnischer Sicht?
CHRISTIAN POLZ: Es war ein sehr interessantes Jahr. Wir hatten gerade in der Vegetationsperiode während des Sommers extrem wenig Regen. Laut den Aufzeichnungen der Hagelversicherung handelt sich sich um ein Niederschlagsdefizit von 85 Prozent. Das ist gewaltig! So etwas hatten wir noch nie in unserer Region!

Wie hat sich das von Trockenheit geprägte Jahr auf die Erträge ausgewirkt?
CHRISTIAN POLZ: Wir haben im Sommer gegen Ende Juni/Anfang Juli das Getreide gedroschen. Dabei hatten wir nur fünf Tonnen an Ertrag pro Hektar - in normalen Jahren fahren wir aber zwischen sechs und neun Tonnen je Hektar an Getreide ein. Das entspricht einem Drittel weniger an Getreide im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt.

Die Getreideernte hat in diesem Sommer wegen der Trockenheit in der Vegetationsperiode enorme Ausfälle nach sich gezogen. Die Versorgungssicherheit in unserem Land ist dank unserer Bäuerinnen und Bauern dennoch gegeben. | Foto: Vinzenz Feitzlmayr
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Das bedeutet im Detail?
CHRISTIAN POLZ: Der hohe Preis kompensiert zwar die Ausfälle für die Landwirte aber es fehlen einfach die Mengen. Dazu kommt der Krieg in der Ukraine, der zu einem weiteren Engpass gerade bei der internationalen Versorgung mit Getreide führt. Die anhaltende Dürre in ganz Europa ist eine weitere Problemstellung, sodass Ernte-Einbußen am ganzen Kontinent Realität sind.

Was heißt das alles für die Konsumentinnen und Konsumenten?
CHRISTIAN POLZ: Die Versorgungssicherheit in Österreich ist durch den hohen Eigenanteil in der Produktion dank unserer Bäuerinnen und Bauern immer gegeben. 
Allerdings ist die Teuerung für Endkonsumenten nicht abwendbar, werden doch auch die Produktionskosten für den Landwirt stetig höher, Stichwort Energie und Diesel für die Geräte sowie Dünger, der sich je nach Sorte drei bis sechs Mal verteuert hat, da dieser eben mit Gas produziert wird.

Und wie steht es mit unserem regionalen Aushängeschild, dem steirischen Ölkürbis?
CHRISTIAN POLZ: Beim Kürbis war wiederum eine Top-Ernte zu verzeichnen. Zwar wird derzeit im Bezirk um bis zu 20 Prozent weniger angebaut, dafür gab es bei wenig Hagelereignissen einen Top-Ertrag, man könnte ihn sogar als überdurchschnittlich bezeichnen.

Die Kübisernte ist heuer mit einer hervorragenden Bilanz abgeschlossen worden. | Foto: Günther Koch
  • Die Kübisernte ist heuer mit einer hervorragenden Bilanz abgeschlossen worden.
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Und der Wein als weiteres Regions-Spezifikum?
CHRISTIAN POLZ: Da wird es um gut zehn Prozent weniger Ertrag bedingt durch die Trockenheit sein. Die Winzer brauchen jetzt wiederum eine trockene Wetterphase für die bevorstehende Lese eines gewiss qualitätvollen Jahrganges.

Die Maisfelder stehen ja jetzt kurz vor der Ernte, wie sieht es da aus?
CHRISTIAN POLZ: Beim Mais fehlen uns sicher 20 bis 30 Prozent an Ertrag, punktuell sogar 70 bis 80 Prozent, ebenfalls bedingt durch die lang anhaltenden Trockenperioden. Teilweise hat auch der Sturm die Pflanzen umgerissen, was ebenso zu Ausfällen führt.

Die Zukunft liegt im Humus

Wie kann man den Trockenperioden entgegentreten?
CHRISTIAN POLZ: Es kann einerseits in Richtung Züchtung Trockenheits-resistenter Sorten gehen, allerdings dauert eine effiziente Züchtung mehrere Jahre. 
Sofort umsetzbar ist die Humusanreicherung auf den Ackerböden gleich nach der Ernte. 
Ich pflüge also meine Äcker jetzt nicht mehr, sondern ich lockere den Boden mit dem Grubber auf und setze eine Grünsaat ein. Im nächsten Jahr wird dort wieder Mais angebaut.
Je mehr solcher Begrünungen desto mehr Feuchtigkeit wird gespeichert was wiederum der CO2-Bilanz gegen den fortschreitenden Klimawandel zugute kommt. Durch diesen eingearbeiteten Humus sind die Böden bei weniger Düngemitteln zugleich pufferfähiger gegenüber langen Trockenperioden.

Zum Thema Humus gibt es in der Landwirtschaftskammer ein eigenes Humus-Kompetenzzentrum sowie spezielle Informationsveranstaltungen während der Wintermonate.

Die Zahlen für den Bezirk Deutschlandsberg im Detail | Foto: LWK
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Wie viele Ackerflächen sind durch die Verbauung u.a. verloren gegangen?
CHRISTIAN POLZ: Waren es im Jahr 2010 noch 9.304 Hektar im Bezirk Deutschlandsberg sind es 2020 noch 8.729 Hektar, das sind also 575 Hektar weniger. Das Problem ist im Grazer Umland gewiss ein größeres.

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