20 Jahre Hospizteam St. Stefan ob Stainz

Ruth Mayer (l.) und Maria Moser freuen sich schon auf die Jubiläumsfeier zu 20 Jahre Hospizteam St. Stefan ob Stainz.
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ST. STEFAN OB STAINZ. Am 22. September wird das 20-jährige Bestehen des Hospizteams St. Stefan ob Stainz gefeiert. Die WOCHE Deutschlandsberg hat sich vorab mit Teamleiterin Ruth Mayer und ihrer Vorgängerin und zugleich Gründungsmitglied Maria Moser zu einem sehr persönlichen Interview getroffen.

Wie waren die Anfänge bis zur Gründung des Hospiz-Teams?

MARIA MOSER: Daran erinnere ich mich sehr genau: Die praktische Ärztin Camilla Friedrich hat nämlich ein von Hand geschriebenes Rundschreiben herausgegeben, mit dem Inhalt, dass es im Winter 1989 fünf völlig unversorgte Menschen gegeben hat. Damit so etwas nicht mehr vorkommt hat Dr. Friedrich Leute gesucht, also z.B. zum Vorlesen, Einkaufen, Nachheizen u.a. So hat sich eine recht lose Gruppe mit nicht ganz 20 Leuten gebildet, alles natürlich auf freiwilliger Basis.

Wie ist es zur Gründung des Vereines gekommen?

MOSER: Der damalige Bürgermeister Franz Ninaus, der ebenfalls in dieser unterstützenden Gruppe aktiv gewesen ist, war von der Idee an sich begeistert. Um dem Ganzen eine verwaltbare Form zu verleihen, hat er zu einer Vereinsgründung gedrängt. Das war eine sehr spannende Zeit. Daraus hat sich 1989 die Betreuungsgruppe St. Stefan gebildet, die es ja heute noch gibt. Mit der Zeit ist diese Hilfe immer mehr in Richtung Pflege gegangen. Durch das Pflegegesetz wurde allerdings eine spezifische Ausbildung dazu erforderlich, weshalb viele von der Gruppe abgesprungen sind. Geblieben ist ein harter Kern, darunter auch ich. Ich habe mit einigen Kolleginnnen eine Pflegehelfer-Ausbildung gemacht. Camilla Friedrich hat diese Gruppe an Lore Oberbichler übergeben, die bereits eine Hospizausbildung abgeschlossen und daher diesen Pflegedienst geleitet hat.
Wir haben uns auf ihre Anregung hin um ausrangierte Pfegebetten bemüht - das war schließlich der Beginn von unserem Pflegemittelverleih. Inzwischen gibt es natürlich nur noch neue Betten.

Wie ist daraus das Hospizteam entstanden?
MOSER: Es hat sich unter uns das Bedürfnis ergeben, dass die Menschen nicht nur zu Hause gepflegt werden, sondern dass sie auch zu Hause versterben können, wenn es sonst keine Hilfe mehr gibt. Dabei bieten wir den Angehörigen eine begleitende Unterstützung an, wenn sie diese wollen. Aus dieser Intention heraus haben wir 1998 das Hospizteam St. Stefan gegründet.

Ihre Funktion dabei?
Ich war zu Beginn Teamleiter-Stellvertreterin und Schriftführerin. 2006 hat Lore Oberbichler die Teamleitung an mich übergeben, die ich bis 2013 ausgeführt habe. Seither ist Ruth Mayer Teamleiterin.

Ihr weiterer Werdegang?
MOSER: Ich bin aus St. Stefan ob Stainz und habe während meiner Pflegekarenz meinen an Parkinson erkrankten Schwiegervater betreut. Währenddessen habe ich Psychologie studiert und die Ausbildung zur psychosozialen Beraterin gemacht. Jetzt betreibe ich eine Praxis in St. Stefan.

Sie verlassen jetzt nach 20 Jahren das Hospizteam, wie ist das Gefühl?
MOSER:  Da ist schon ein weinendes Auge, mit dem ich das Hospizteam in St. Stefan verlasse, weil die Hospizarbeit doch zu einem ganz wesentlichen Teil meines Lebens geworden ist.
Wir sind da schon mitten im Leben aber immer in sehr prekären Situationen. Eine Lebensbegleitung eben.
Außerdem hat mich der organisatorische Teil sehr geprägt von der Teamleitung bis zur Öffentlichkeitsarbeit. Und natürlich die Arbeit im Team mit derzeit 17 Leuten.
Ich bleibe allerdings in meiner Funktion als Referentin im Hospizverein für die ganze Steiermark erhalten.

Frau Mayer, Sie sind in Lieboch wohnhaft. Wie sind Sie zum Hospizteam St. Stefan gekommen?

RUTH MAYER: Aus meiner persönlichen Lebensgeschichte heraus, die viel mit dem Sterben zu tun hat. Ich habe 27 Jahre in der Reha-Klinik in Tobelbad im Verwaltungsbereich gearbeitet, wo man ja auch mit dem Thema Verlust konfrontiert ist, auch wenn es nicht gleich das Leben sein muss. Es ist ja auch ein Verlust, wenn jemand nicht mehr gehen kann.
2004 habe ich die Ausbildung zur Hospizbegleitung gemacht, war aber noch berufstätig und auch ein zweites Mal in Karenz. Danach habe ich gekündigt und mit Maria vom Hospizteam St. Stefan Kontakt aufgenommen. Diese Arbeit ist so ganz und gar meine Berufung.

Sie nennen Ihre Arbeit eine Lebensbegleitung. Was gehört dazu?

MOSER: Wir begleiten ja nicht nur Menschen, die dem Lebensende entgegen gehen, sondern auch Menschen nach schwierigen Diagnosen, die auch wieder gesund werden können, sowie deren Angehörige. Vorab wird definiert, wer zu begleiten ist und danach richtet sich unsere Aufgabe. Wir begleiten vorrangig zu Hause bzw. in Pflegeheimen und arbeiten dabei eng mit dem Palliativteam Deutschlandsberg zusammen.
MAYER: Ich mache auch Kinderbegleitung z.B. bei Krebserkrankungen. Dafür habe ich eine spezielle Ausbildung absolviert und unterstütze die Eltern der erkrankten Kinder. Ich habe auch schon Kinder begleitet, bei denen ein Elternteil bzw. ein Geschwisterkind erkrankt ist. Kinderbegleitungen sind derzeit eher im Raum Graz gefragt, weil dieses Angebot in unserer Region offensichtlich noch nicht so bekannt ist.
MOSER: Ebenfalls zu unserem Aufgabenbereich gehören die regelmäßigen Treffen der offenen Trauergruppe jeweils am zweiten Dienstag des Monats  von 17 bis 19 Uhr in der öffentlichen Bücherei von St. Stefan ob Stainz. Das nächste Treffen ist am 9. Oktober.

Was ist "Hospiz macht Schule"?

MAYER: Ja, auch dazu ist eine spezielle Ausbildung erforderlich, diese haben drei in unserem Team, eben wir beide und noch eine Kollegin. Somit kann man das Thema Hospizarbeit auch an Schulen vorstellen, was derzeit vor allem von den Fachschulen Schloss Frauenthal und Burgstall in Wies angenommen wird.
MOSER: Es ist schwierig, in Schulen mit diesem Thema anzukommen. Dabei geht es ja nicht nur um das Sterben, sondern überhaupt um Gefühle. Ich bin jedesmal erstaunt, wie diese jungen Menschen sich darauf einlassen.

Werden Leute für das Hospizteam gesucht?
MAYER: Ja natürlich, wer sich wirklich dafür interessiert und das Hospiz-Grundseminar mit dem Praktikum als Zusatzausbildung absolviert, kann bei uns mitmachen. Das basiert alles auf Freiwilligkeit.
Mit Bezirkshauptmann Helmut-Theobald Müller haben wir gleichzeitig den sehr aktiven Hospizpaten als derzeit einzigen Mann in unserem Team, das freut uns sehr.

Welches geografische Gebiet deckt das Hospizteam St. Stefan ab?

MAYER: Der Johngraben zwischen Stainz und Deutschlandsberg ist so die Grenze zum Bereich des Hospizteams Deutschlandsberg Stadt, das ja im Vorjahr sein 20jähriges Bestehen gefeiert hat. Unsere regionale Abdeckung reicht bis Preding, Lannach und auch Hitzendorf.

Es gibt auch eine Feier für Sternenkinder?

MAYER: Ja, das ist eine internationale Feier immer am zweiten Sonntag im Dezember. Dazu hat die Frauenbewegung in St. Stefan ob Stainz ein leeres Grab am örtlichen Friedhof gekauft, eine Statue aufstellen lassen und es zu einer Gedenkstätte für früh verstorbene  Babys gemacht. Vielfach kommen ältere Frauen, die somit überhaupt erstmals die Gelegenheit haben, ihrer verstorbenen Kinder zu gedenken.

Sie wirken so unglaublich erfrischend in Ihrer positiven und lebensbejahenden Ausstrahlung. Woher nehmen Sie die Kraft für diese herausfordernde, zwischenmenschliche Aufgabe?

MOSER: Ich habe die innere Überzeugung, dass alles, was auf mich zukommt, auch an Schicksalsschlägen, mit mir zu tun hat und von mir bearbeitet werden muss. Ich habe mich auch nie als Opfer gesehen, sondern habe die Lösung der Herausforderungen als meine Aufgabe angenommen. Für mich ist immer die recht pragmatische Fragestellung wichtig: "Was hat das jetzt mit mir zu tun? Welchen Einfluss habe ich auf diese und jene Situation?" Mit dieser inneren Einstellung kann ich undramatisch auf Menschen in außerordentlichen Situationen zugehen.
Außerdem bin ich sehr in der katholischen Religion verwurzelt, sodass der Tod für mich kein Ende bedeutet, sondern einen Übergang in eine neue Dimension, so wie eine Geburt. Aus der Hospiz-Arbeit entsteht für mich ja auch der Blick für all das Schöne, das man  an seinem Leben haben kann.
MAYER: Meine persönliche Kraftquelle ist die Natur, vor allem bei meinen Waldspaziergängen mit meinem Hund in aller Früh. Dazu kommt das gute Gefühl, etwas beizutragen und eine Situation zu verbessern. Man bekommt ja bei diesen Begleitungen auch sehr viel zurück. Kinder und Jugendliche liegen mir dabei sehr am Herzen. Ich habe das Gefühl, wenn ich nur einem Kind, einer Mutter bzw. einem Vater eine Stunde lang eine Unterstützung sein kann, dann habe ich etwas Gutes geschafft. Dieses Vertrauen, das mir da entgegengebracht wird, ist für mich jedesmal ein großes Geschenk. Das gibt mir wiederum selbst neue Kraft.
Wir nehmen die Menschen schließlich zum jeweiligen Zeitpunkt an, also ganz so wie sie eben im Augenblick sind, egal welche Geschichte schon hinter ihnen liegt. Das können wir als Außenstehende oft besser als Angehörige, die meist in die Geschichte des Menschen sehr verstrickt sind. Wenn man dann auch noch Jahre nach einer Begleitung von Angehörigen Briefe erhält, dann ist das unglaublich schön und berührend.

Noch ein Wort zur Jubiläumsfeier?
Mayer: Diese Jubiläumsfeier zu 20 Jahre Hospizteam St. Stefan ob Stainz findet am 22. September um 17 Uhr im Stieglerhaus in St. Stefan statt, moderiert von Bezirkshauptmann Helmut-Theobald Müller in seiner Funktion als Hospizpate für beide Teams im Bezirk.
Die Schriftstellerin Ingeborg Wölkart und Kinderbuchautorin Maria Ortner werden dabei aus ihren Werken lesen.

Wofür wird das Spendengeld verwendet?

MAYER: In unserem Team hat neben den Teamsitzungen die Supervision einen ganz elemanteren Stellenwert, um bei schwierigen Begleitungen auch selbst Unterstützung zu erhalten. Die Supervision nehmen wir wohl als landesweit einziges Team regelmäßig einmal im Monat in Anspruch - das tut jeder Einzelnen von uns gut und festigt die Gruppe enorm. Dafür wird das Spendengeld ebenso verwendet, wie für spezielle Fortbildungen.

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