Erfolg braucht Kraft und einen langen Atem

Die meisten Klein- und Mittelbetriebe der Region haben die Krise gut überstanden. Trotz positiven Trends und optimistischer Prognosen ist Wachsamkeit geboten.

Ich bezweifle, dass die Krise vorbei ist.“ Die Anmerkung auf die Frage, warum nach der Wirtschaftskrise für gewöhnlich keine Lehren und Konsequenzen aus ihr gezogen werden, fiel überraschend aus. Doch Universitätsprofessor Michael Narodoslawsky nahm der Antwort den Schrecken, indem er hinzufügte: „Wir befinden uns am Beginn des Umstiegs. Wenn wir die Nahversorgung erhöhen und neue Produkte, neue Sichtweisen, neue Wertigkeiten kreieren, dann ist das der nicht krisenhafte Teil dieses Umstiegs. Und dann gibt es halt die Wirtschaftskrise, die uns zeigt, dass man nicht so weiterwirtschaften kann, wie bisher.“

Mehr regional, weniger global

Im Exklusiv-Interview mit der WOCHE (Seiten 4 und 5) zeichnet Michael Narodoslawsky ein durchaus positives Bild von der Zukunft. Dass ein Pragmatiker Optimismus versprüht, beruhigt doppelt. Narodoslawsky ist Professor an der Technischen Universität Graz und leitet die Arbeitsgruppe Prozessbewertung.
„Man glaubt immer, Wirtschaft wird von Wirtschaftlern gemacht. Das ist ja nicht wahr! Wirtschaft wird von allen möglichen Leuten gemacht.“ Für die Umsetzung seien in erster Linie die Techniker verantwortlich. Und dass die Umsetzung insbesondere eines regionalisierten Wirtschaftssystems als Gleichgewicht zur Globalwirtschaft funktioniert, dafür legt Narodoslawsky seine Hand ins Feuer. Es gebe eine relativ starke wissenschaftliche Basis für die Machbarkeit von Regionalwirtschaft oder etwa Energieunabhängigkeit.
„Das globale Wirtschaftssystem ist fest verankert. Das alte System soll nicht überzeugt werden, sondern das neue System soll greifen.“ Und das neue System sei ein regionales, fügte der Professor mit Nachdruck hinzu. Nachhaltiges Wirtschaften sei nämlich untrennbar mit den Regionen verbunden. Regionen werden immer mehr zu politischen Spielern. Bundes- und Landespolitiker haben ihre Entscheidungskompetenzen in vielen Bereichen abgeben müssen. Was das vorherrschende Wirtschaftssystem betrifft, so komme es zu einem ständigen Auf und Ab. Die Lage sei instabil.

Viel Optimismus

Zurzeit erleben wir ein leichtes „Auf“. Bereits im Spätsommer präsentierte die Wirtschaftskammer Steiermark das erfreuliche Ergebnis einer Konjunkturanalyse mit Fokus auf Klein- und Mittelbetriebe. „Nach der Stabilisierung merkt man einen Aufwärtstrend“, sieht Direktor Thomas Spann insbesondere Licht am Arbeitsmarkt. Jeder siebente Unternehmer gab an, dass er in den nächsten sechs Monaten Personal einstellen werde.
Im Allgemeinen wurde die Geschäftssituation im Langzeitvergleich noch nie besser beurteilt, was sich freilich positiv auf die Personalpolitik auswirkt. Im Detail sind in der Südoststeiermark um 714 Menschen weniger auf Arbeitssuche als noch vor zwei Jahren. Erfreulich ist auch der Rückgang unter den jugendlichen Arbeitslosen um 12,7 Prozent. Aber nicht nur die Geschäfts- und Personalzahlen entwickeln sich positiv, auch die Neugründungen nehmen zu. „Wir hatten in den ersten sechs Monaten 134 Neugründungen. Im Vorjahr waren es über das ganze Jahr gerechnet insgesamt 226“, berichtet Günther Stangl, Obmann der WK-Regionalstelle Südost.

Weniger Insolvenzen

Der positive Trend spiegelt sich auch in der Insolvenzstatistik wider. Die Zahlen des Gläubigerschutzverbandes Creditreform für die ersten drei Quartale geben Anlass zu Optimismus. Österreichweit sind die Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent auf 4.971 Verfahren zurückgegangen. Dazu Creditrefiorm-Geschäftsführer Rainer Kubicki: „Österreichs Unternehmen haben der Krise bisher gut standgehalten, die Spreu hat sich vom Weizen getrennt. Steuererhöhungen wären aber nach den richtigen und guten Konjunkturmaßnahmen jetzt das falsches Signal.“ Der lange Atem mancher Unternehmen sollte nicht zu sehr auf die Belastungsprobe gestellt werden.
Die Steiermark verzeichnet einen Rückgang von 52 Insolvenzen. Auch auf die Südoststeiermark heruntergebrochen liefert die Statistik überwiegend positive Zahlen. Die Bezirke Feldbach und Radkersburg hatten um 12 bzw. 9 Insolvenzen weniger zu verzeichnen als in den ersten drei Quartalen 2009. Einzig im Bezirk Fürstenfeld gab es einen leichten Anstieg von 10 auf 12 Unternehmensinsolvenzen.
Paradoxerweise steigt mit der positiven Entwicklung der wirtschaftlichen Lage die Anzahl der Privatkonkurse. Aber auch diesem vermeintlich negativen Trend kann man Positives abgewinnen. Die Möglichkeit für die erfolgreiche Abwicklung von Schuldenregulierungsverfahren hat sich für Privatpersonen verbessert. Laut dem Kreditschutzverband von 1870 (KSV) stiegen Privatinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr stark – von 484 um 14,2 Prozent auf 530.

Mehr Steuern

Trotz positiver volkswirtschaftlicher Indikatoren werden wir den Gürtel enger schnallen müssen. Der Terminfahrplan für die Budgeterstellung sei festgelegt, ließ Werner Faymann ohne weitere Details ausrichten. Aus dem Kanzleramt heißt es: „Die Einnahmen sind zwar besser als erwartet, trotzdem müssen nach wie vor die Krisenfolgen bezahlt werden.“ Der Staat brauche unterm Gesichtspunkt gerechter Verteilung zusätzliche Einnahmen. Steuererhöhungen sind wohl noch der krisenhafte Teil des Umstiegs.

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