WOCHE-Branchentalk zur Pflege: Frühzeitig die Pflege selbst steuern

Angeregtes Gespräch mit Pflege-Experten: Norma Rieder, Claudia Paulus, WOCHE-Medienberaterin Katrine Volkmer, Inese und Rainer Uranschek               ( v. l.) diskutierten mit WOCHE-Redakteurin Martina Maros (re.) über aktuelle Themen und Fragen aus dem Pflege- und Betreuungsbereich. | Foto: Jorj Konstantinov
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  • Angeregtes Gespräch mit Pflege-Experten: Norma Rieder, Claudia Paulus, WOCHE-Medienberaterin Katrine Volkmer, Inese und Rainer Uranschek ( v. l.) diskutierten mit WOCHE-Redakteurin Martina Maros (re.) über aktuelle Themen und Fragen aus dem Pflege- und Betreuungsbereich.
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Wie sieht es in der Pflege derzeit aus? Vor welchen Aufgaben und Herausforderungen steht sie? Was wünschen sich ältere Personen und ihre Angehörigen? Diese Themen diskutierten Claudia Paulus, Geschäftsführerin des Diakoniewerk Steiermark, welches das Pflegeheim Haus am Ruckerlberg betreibt, Norma Rieder, Leiterin des Referats für Sozialplanung, Controlling und Pflege der Stadt Graz, das die Pflegedrehscheibe, die zentrale Anlaufstelle zu allen Fragen bezüglich Pflege und Betreuung beeinhaltet, sowie Inese und Rainer Uranschek, Geschäftsführer der Agentur „Achtsam im Alter“, die Betreuungskräfte aus Lettland vermittelt.

Selbstbestimmung entscheidet

„Die Menschen wollen viel und viel Unterschiedliches. Aber der Tenor ist, möglichst lange zuhause zu bleiben“, erklärt Norma Rieder. Alternative Angebote wie tageweise Betreuung oder die Hauskrankenpflege werden gerne in Anspruch genommen, die ultima ratio sei dann das Pflegeheim.
„Natürlich fällt es den Menschen immer schwer, ihr Haus zu verlassen, vor allem weil sie ja wissen, dass das oft der letzte Lebensabschnitt ist“, meint Claudia Paulus. Die institutionalisierte Pflege ist für viele aber die einzige Möglichkeit, wenn ihre Pflegebedürftigkeit schon weit fortgeschritten ist. „Das Wichtigste ist, dass die Menschen die Wahl selbst treffen“, betont Paulus. Denn nur so könne gewährleistet werden, dass auch wirklich das passiert, was die Menschen selbst wollen. „Dieses Thema sollte keinesfalls ein Tabu sein.“ Dieser Meinung schließt sich Rieder an und meint: „Nur wenn man früh genug vorsorgt, kann man auch sicherstellen, dass man die beste Betreuung und Pflege bekommt.“ Denn oft sei die schnellste Lösung nicht die beste, jedoch die einzig mögliche, weil sich Menschen erst darum kümmern, wenn sie sie tatsächlich brauchen.

Regelungen müssen her

Eine 24-Stunden-Betreuung in den eigenen vier Wänden zu gewährleisten ist das Ziel der Agentur „Achtsam im Alter“. Inese Uranschek stammt selbst aus Lettland und arbeitete als Pflegekraft. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Rainer Uranschek vermittelt sie nun lettisches Betreuungspersonal nach Österreich. „Wir verlangen von den Betreuern deutsche Sprachkenntnisse und eine spezifische Ausbildung“, führt Inese Uranschek aus. Denn nur so könne eine gute Qualität sichergestellt werden. Rainer Uranschek betont, wie wichtig gesetzliche Reglementierungen für Agenturen sind. „Wir vermitteln nur Kräfte, die diese Kriterien erfüllen. Es braucht gesetzliche Vorgaben, die für alle gelten, damit sich Auftraggeber darauf verlassen können.“

Zukunft: Senioren-WG

Norma Rieder und ihr Team geben keine Empfehlungen, welche Agentur für eine 24-Stunden-Betreuung herangezogen werden kann und welche nicht. „Wir betonen immer, dass es wichtig ist, die Möglichkeit zu haben, unangemeldet seine pflegenden Angehörigen zu besuchen um sich zu vergewissern, dass die Betreuung und Pflege ordnungsgemäß durchgeführt wird“, so Rieder. Für die Kontrolle brauche es auch einen Hausarzt, der regelmäßig Hausbesuche macht.
Alle Anwesenden heben hervor, wie wichtig entsprechende Kontrollen und Prüfungen für alle Beteiligten wären und wünschen sich diesbezüglich ein Aktivwerden vonseiten des Gesetzgebers.
Die Wohnformen von älteren Personen müssten in Zukunft neu gedacht werden. „Wir müssen uns mehr Richtung Seniorenwohnungen und Seniorenwohngemeinschaften orientieren“, bekräftigt Rieder. Älteren Menschen gehe es um Sicherheit und darum, Hilfe zu bekommen, wenn sie welche benötigen.

Soziale Kontakt von Bedeutung

Das Erwachsenenschutzgesetz, das Mitte diesen Jahres in Kraft treten wird, wird laut den Anwesenden viele Fragen offen lassen. „Das Gesetz hat viele gute Seiten, aber in Zukunft wird es keine Sachwalterschaft als solche mehr geben. Daher wird oft die Handhabe fehlen, schützend einzugreifen“, erklärt Rieder.
Alten Menschen auf Augenhöhe begegnen lautet das Credo der Experten. „Ich wehre mich gegen die Verkindlichung von älteren Personen“, sagt Rieder und erklärt, dass für viele Ältere die sozialen Kontakte im Alltag wichtig seien.
„Daher sind Deutschkenntnisse bei den Betreuern so wichtig, weil sie mit den Auftraggebern kommunizieren können“, betont das Ehepaar Uranschek.
Auch Paulus erzählt von ihren Erfahrungen: „Es kommt natürlich immer auf die einzelne Person an, aber im Haus am Ruckerlberg haben wir beispielsweise jetzt ein Kino, das sehr gut angenommen und in dem Vorstellungen mit Popcorn zelebriert werden.“

Kapitän des eigenen Lebens

Was kann man Angehörigen und Pflegebedürftigen mitgeben? „Wir sollten uns darauf besinnen, dass wir alle sterblich sind und uns mit diesen Themen auseinandersetzen“, sagt Paulus. Angehörige sollen sich möglichst früh Hilfe holen, wenn sie das Gefühl der Überforderung überkommt. Familie Uranschek betont, Hilfe anzunehmen, die für einen am besten passt und aktiv zu bleiben, solange es möglich ist. „Man sollte sich damit auseinandersetzen, was ist, wenn man nicht mehr kann, solange man der Kapitän an Bord des eigenen Lebens ist. Es gibt nicht das eine Altwerden – es ist so unterschiedlich und individuell wie die Menschen. Man sollte die vielen Stützformen, die persönlich passen, annehmen“, so Rieder.

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