Interview zu Allerheiligen und Allerseelen
"Der Tod kennt keine Sonn- und Feiertage"

Die Fürstenfelderin Ilse Urschler führt seit 10 Jahren die Bestattungsunternehmen Taucher in Fürstenfeld, Neudau und Ilz.
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  • Die Fürstenfelderin Ilse Urschler führt seit 10 Jahren die Bestattungsunternehmen Taucher in Fürstenfeld, Neudau und Ilz.
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FÜRSTENFELD. Ilse Urschler im Interview über ihren Beruf als Bestatterin, das Tabuthema Tod und den Ausgleich zur Arbeit.

Seit 2008 leitet Ilse Urschler als Geschäftsführerin und Inhaberin das Bestattungsunternehmen Taucher in Fürstenfeld mit Außenstellen in Ilz und Neudau. Dieses Jahr feiert sie das zehnjährige Unternehmensjubiläum. Die WOCHE informierte sich anlässlich des Allerheiligen- und Allerseelentags über das Berufsbild des Bestatters und wie die Arbeit ihre Sicht auf den Tod verändert hat.

WOCHE: Wie sind Sie zu dem Beruf "Bestatterin" gekommen?
ILSE URSCHLER: Eigentlich bin ich eine echte Quereinsteigerin. Ich habe ursprünglich Friseurin gelernt und habe anschließend 12 Jahre im Hotelbereich gearbeitet. Ins Bestattungsunternehmen bin ich durch meinen früheren Lebensgefährten gekommen. Seit 2008 leite ich nun die Bestattung Taucher in Fürstenfeld als Geschäftsführerin und alleinige Inhaberin. 2011 kam Ilz und 2015 Neudau hinzu.

Kann man den Beruf irgendwo lernen?
Natürlich gibt es die Konzessionsprüfungen, aber 90 Prozent der Arbeit muss man sich selbst aneignen. Jede Situation ist anders. Sicher hat man ein Grundkonzept, das man braucht, um eine Bestattung abzuwickeln, aber alles was das zwischenmenschliche anbelangt und den pietätvollen Umgang mit Angehörigen, das kann man nicht lernen, das hat man oder hat man nicht.

War es für Sie schwer sich in den Beruf einzuarbeiten?
Es war insofern schwer, da es sehr wenige Frauen in diesem Beruf gibt. Bei der Übernahme 2008 war die größte Herausforderung eigentlich der Veränderungsprozess für die Kunden selbst. Wie gehen die Leute mit einer neuen Ansprechperson um? Wird man angenommen? Das Vertrauen musste erst aufgebaut werden. Aber ich habe immer an mich geglaubt und wenn man den Beruf mit Herz und Liebe macht, dann spüren das die Hinterbliebenen auch.

Welche Anforderungen werden an einen Bestatter eigentlich gestellt?
Es braucht Vertrauen, einen pietätvollen und würdevollen Umgang, Herzlichkeit, Einfühlungsvermögen, Hilfsbereitschaft, Verständnis und vor allem Ruhe. Die Betroffenen sollen sich gut aufgehoben fühlen. Wichtig ist, zuerst in den Beruf hineinzuschnuppern.
Man stellt sich die Tätigkeit vielleicht anders vor, als sie sich im täglichen Leben wirklich darstellt. Es ist erforderlich, sehr flexibel zu sein - Wochenenden und Feiertage sind für uns ganz normale Arbeitstage. Den Tod kann man sich nicht aussuchen, er kennt keine Sonn- und Feiertage. So ist man 24 Stunden mit diesem Thema konfrontiert.

Ist es eine Belastung für Sie, wenn Sie 24 Stunden pro Tag mit dem Tod konfrontiert sind?
Natürlich muss man abschalten können. Wenn man aus dem Büro geht, muss man die Arbeit dort lassen. Sicher gibt es Fälle, die einen besonders mitnehmen, wie der Tod eines Kindes - vor allem, da ich selbst zwei Kinder habe. Aber auch hier muss man versuchen, auf sich zu schauen und sich einen Ausgleich schaffen.

Und wie schaffen Sie das?
Der Ausgleich passiert zum großen Teil in der Firma. Wir pflegen eine familiäre Beziehung. Wir arbeiten vieles in Gesprächen, die wir im Büro führen, auf. Wir stützen uns gegenseitig. Natürlich ist die Familie eine wichtige Stütze - und ebenso die Natur. Hier kann ich wieder neue Kraft schöpfen.

Ist der Tod noch immer ein Tabuthema?
Für manche ist es noch immer ein Tabuthema, aber die Beschäftigung mit dem eigenen Ableben zu Lebzeiten steigt an. Wir haben rund 40 Lebensberatungen pro Jahr. Auch Begräbnisvereinbarungen, die schriftlich bei uns abgeschlossen werden, gibt es immer häufiger. Der Grund dafür ist vielfältig. Meistens geht es darum, den Hinterbliebenen die Organisation zu erleichtern, damit sie die Wünsche des Verstorbenen auch wirklich umsetzen. Oft ist die Hilflosigkeit groß, wenn nichts vorgeplant ist.

Machen Sie sich auch Gedanken darüber, wie sie einmal beerdigt werden möchten?
Für mich steht fest, dass ich einmal eine Feuerbestattung möchte. Wie ich mir meine Beerdigung vorstelle habe ich auch schon verschriftlicht und mein Mann und meine Kinder wissen bescheid. Ich möchte, dass, wenn ich einmal sterbe, sie wissen, welchen Wunsch ich für meine Bestattung habe.

Wie hat die tägliche Arbeit Ihre Sicht auf den Tod verändert?
Natürlich wandelt sich der Blick. Man lernt, das Leben viel mehr Wert zu schätzen - weil es kostbar und nichts selbstverständlich ist, weil es ganz plötzlich auch anders sein kann. Das Leben muss man genießen. Das betrifft sowohl den Beruf, als auch das Private. Am wichtigsten sind die Gesundheit und die Familie.

Das heißt, das Thema Tod ist auch in Ihrer Familie ein tagtägliches Thema?
Wenn man in einem Bestattungsunternehmen arbeitet geht das gar nicht anders. Meine Töchter sind das gewöhnt. Sie sind auch oft bei mir im Unternehmen und unterstützen mich in der Büroarbeit. Meine älteste Tochter hat bereits zweimal hier Praktikum gemacht. Meine jüngere Tochter hat bereits den Wunsch geäußert im Unternehmen tätig zu werden. Natürlich wäre das für mich eine Freude, denn das, was ich hart aufgebaut habe liegt mir schon am Herzen, und es wäre schön, wenn es weitergeführt werden würde. Aber man muss bedenken: es ist schon ein beinharter Job und natürlich auch eine psychische Belastung, der man stand halten muss.

Gibt es auch schöne Momente, in einem Beruf, der von Tod geprägt ist?
Das Schönste für meine Mitarbeiter und mich ist, wenn wir einen Sterbefall gut organisiert haben und wenn die Angehörigen kommen und sagen: 'Es klingt zwar eigenartig, aber wir hätten es uns nicht schöner vorstellen können.' Das stärkt uns - das ist ein Zeichen dafür, dass wir unsere Arbeit richtig machen!

Steckbrief:

  • Name: Ilse Urschler
  • Wohnort: Fürstenfeld
  • verheiratet, 2 Kinder
  • Alter: 42 Jahre
Die Fürstenfelderin Ilse Urschler führt seit 10 Jahren die Bestattungsunternehmen Taucher in Fürstenfeld, Neudau und Ilz.
Ilse Urschler:"Natürlich wandelt sich der Blick. Man lernt, das Leben viel mehr Wert zu schätzen - weil es kostbar und nichts selbstverständlich ist."
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