Stadtbudget
"Es liegt nun am Bürgermeister, diese Ungereimtheiten unverzüglich und restlos zu klären bzw aufzuklären."

Die Stadtfinanzen und die Nachtragskredite für städtische Mitarbeiter stehen im Rampenlicht. | Foto: Lercher/Ibk Informiert
3Bilder
  • Die Stadtfinanzen und die Nachtragskredite für städtische Mitarbeiter stehen im Rampenlicht.
  • Foto: Lercher/Ibk Informiert
  • hochgeladen von Georg Herrmann

INNSBRUCK. Die Diskussion über die Nachtragskredite für das städtische Personal wird immer brisanter. GR Markus Stoll, Obman des gemeinderätlichen Finanzausschusses im Stadtblatt-Interview: "Herr BGM Willi bestätigt in der Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen, dass er bewusst und nachweislich dem Budget-Gemeinderat um € 4 Mio zu wenig zur Beschlussfassung vorgelegt hat." ALI-GR Mesut Onay erwartet eine juristische Prüfung. VP Stadtpartei-Obmann Christoph Appler fordert so rasch wie möglich die vollständige Aufklärung in dieser Finanz-Causa. Stadträtin Elisabeth Mayr und GR Benjamin Plach (beide SPÖ) kritisieren die mangelnde Transparenz. "Es kann doch nicht sein, dass man in der Stadt derart herumfuhrwerkt, ohne Konsequenzen," meint GR Julia Seidl, NEOS. Hier der Stadtblatt-Bericht mit dem Aktenvermerk, der Pressekonferenz der FPÖ Innsbruck und der ersten Stellungnahme von Bürgermeister Georg Willi.

Das Interview

Im vorliegenden Aktenvermerk vom 13.10. wird angeführt: "Im Rahmen der Vorbesprechung zum Ausschuss für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen hat der Vorsitzende GR Mag Stoll zum Tagesordnungspunkt 2.13 Nachtragskredit des Amtes für Personalwesen kritisch hinterfragt, warum innerhalb weniger Monate schon der zweite Nachtrag für Personal in Millionenhöhe (€ 2.390.300.-) gestellt wird." Die Stadtblatt-Redaktion hat GR Markus Stoll um ein Interview gebeten.

Stadtblatt: Sehr geehrter Herr Gemeinderat. Sie haben als Obmann des gemeinderätlichen Finanzausschusses im Rahmen einer Besprechungen Aufklärung über Nachtragskredite zum Thema städtische Mitarbeiter eingefordert. Was war der Anlaß?
GR Markus Stoll: Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr 2020 standen Nachtragskredite für Personal in Millionenhöhe auf der Tagesordnung und es lies den Anschein zu, dass im Zuge der Budgeterstellung für das Jahr 2020 schlicht und einfach zu wenig für den Bereich Personal budgetiert worden ist. Gerade im Bereich Personal sollte eine sehr exakte monetäre Erfassung möglich sein, zumal ein Stellenplan Basis für die Berechnung ist. BGM Willi ist sowohl als ressortzuständiger Finanzreferent als auch als Personalreferent hier in alleiniger Verantwortung. Budgetwahrheit gerade im ordentlichen Haushalt ist vergleichbar mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns.

Hat Sie die Auskunft des Bürgermeisters zufrieden gestellt?

Herr BGM Willi bestätigt in der Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen, dass er bewusst und nachweislich dem Budget-Gemeinderat um € 4 Mio zu wenig zur Beschlussfassung vorgelegt hat. Alle Mitglieder im Finanzausschuss zeigten sich verwundert über diese Handlung.

Es existiert ein Aktenvermerk, in dem der verfasser umfassende Kritik am Vorgehen des Bürgermeisters als Finanzreferent übt. Wie beurteilen Sie diesen Aktenvermerk?

Nach den mir vorliegenden Informationen und der eingehenden Diskussion im Finanzausschuss entspricht das dem Inhalt des Aktenvermerkes.

BGM Willi hat wissentlich zu niedrige Personalkosten angesetzt. Es liegt nun am Bürgermeister, diese Ungereimtheiten unverzüglich und restlos zu klären bzw aufzuklären, wie und in welchem Zeitraum die schätzungsweise 80 Mitarbeiter abgebaut hätten werden sollen.

Hat diese Diskussion Auswirkungen auf die aktuelle Erstellung des städtischen Budgets?
Das nachweislich Nichtbudgetieren von € 4 Mio für das Jahr 2020 hat natürlich nicht nur Auswirkungen auf das laufende Budget 2020 (Nachtragskredite in Höhe von € 7,5 Mio müssen dafür zur Verfügung gestellt werden) sondern beeinflussen natürlich auch massiv die mittelfristige Finanzplanung. Da besteht in der Ressortführung noch Verbesserungsbedarf.

Der Aktenvermerk zur Vorbesprechung | Foto: Stadtblatt
  • Der Aktenvermerk zur Vorbesprechung
  • Foto: Stadtblatt
  • hochgeladen von Georg Herrmann
Der Aktenvermerk zur Vorbesprechung | Foto: Stadtblatt
  • Der Aktenvermerk zur Vorbesprechung
  • Foto: Stadtblatt
  • hochgeladen von Georg Herrmann

Parteireaktionen

Zahlreich sind auch die weiteren Reaktionen der Innsbrucker Parteien. Die ersten Stellungnahmen können Sie hier nachlesen. "Ob das Vorgehen des Bürgermeisters, und somit auch der gesamten Koalition überhaupt rechtens ist, müsse nun juristisch geprüft werden. Politisch schade sie dem Ansehen der Stadt als Arbeitgeberin. Willkürliche, intransparente Kürzungspolitik sei politisch auf jeden Fall entbehrlich", meint GR Mesut Onay von der Alternativen Liste Innsbruck.

Unverständnis

"Man kann sich als Bürgermeister, als Chef von 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nicht aus der Verantwortung stehlen und den Mitarbeitern die Schuld in die Schuhe schieben. Das ist unmöglich und ein Zeichen für schlechte Führungsqualitäten," kritisiert Julia Seidl, NEOS das Amtsverständnis von Bürgermeister Willi. "Das ist wirklich frech! Zu behaupten, der Fehler läge bei meinen Mitarbeiter, um die eigenen Fehler zu überdecken. Als Führungskraft habe ich den Mitarbeitern den Rücken zu stärken, das ist auch mein Job! Leaders eat last! Punkt. Für die ständigen Ausreden des Bürgermeisters, warum etwas nicht geht, habe ich absolut kein Verständnis mehr," hat Seidl absolut kein Verständnis für die Reaktion des Bürgermeisters. "Ich hoffe sehr, dass die Aufsichtsbehörde den Fall sehr intensiv und rasch prüft. Es kann doch nicht sein, dass man in der Stadt derart herumfuhrwerkt, ohne Konsequenzen," hofft Seidl auf eine rasche Prüfung durch die Gemeindeaufsicht.

Vollständige Aufklärung

„Die heutigen Aussagen zur Budgeterstellung für das Jahr 2020 durch den Bürgermeister sind irritierend und werfen zahlreiche Fragen auf. Wir verlangen so rasch wie möglich die vollständige Aufklärung in dieser Finanz-Causa. Es steht jedenfalls für uns außer Zweifel, dass die Budgetgrundsätze ohne Ausnahme einzuhalten sind. Die Budgetwahrheit ist eines der höchsten Prinzipien in der Finanzpolitik, sie darf von niemanden uminterpretiert und ausgehöhlt werden. Wer an diesem Prinzip rüttelt, gefährdet unsere Demokratie in den Grundfesten“, stellt heute ÖVP-Stadtparteiobmann KO Christoph Appler in der laufenden Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Erstellung des Haushaltsentwurfs 2020 für die Stadt Innsbruck fest.

Fehlende Transparenz

„Letztes Jahr bei den Verhandlungen für das Budget 2020 waren Einsparungen beim Personal, für das der Bürgermeister zuständig ist, nie ein Thema in der Koalition. Erst durch den Nachtragsvoranschlag wurden die zu niedrig angesetzten Personalkosten offensichtlich“, kritisieren Stadträtin Elisabeth Mayr und GR Benjamin Plach (beide SPÖ) die mangelnde Transparenz bei der Budgeterstellung im Vorjahr. Erst heuer im April hat der Bürgermeister die von ihm geplanten Einsparungen beim Personal zum ersten Mal in der Koalition thematisiert. Die SPÖ hat sich – als einzige Fraktion der Koalition – von Anfang an klar dagegen ausgesprochen, beim Personal zu kürzen.

Keine Zustimmung

GR Benjamin Plach gab in der betreffenden Sitzung im April 2020 für den SPÖ-Klub zu Protokoll, „dass die Sozialdemokratie einer Personalkostenreduktion nicht zustimmen kann“ und erklärte: „Im Hinblick auf die aktuelle Corona-Krise sollte die Stadt Innsbruck mit gutem Beispiel vorangehen.“ Rund 80 Dienstposten einzusparen, ist für die SPÖ tabu. Auch bei der Bildung hatte der Bürgermeister zunächst Kürzungen im Millionenbereich veranlasst, beispielsweise bei der Nachmittagsbetreuung oder bei den Mittagessen an Kindergärten und Schulen. „Die Kürzungen in meinem Ressort hätten nicht der Kostenwahrheit entsprochen, denn das hätte im Klartext bedeutet, dass die Kinder ab Herbst kein Essen mehr bekommen. Diese Einschnitte habe ich daher in zahlreichen Extra-Runden wieder herausverhandelt“, erinnert sich Mayr.

Weitere Nachrichten aus Innsbruck finden Sie hier

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.