Umfrage unter Frauen in Spitzenpositionen zur Corona-Pandemie
Weibliche Führung in Krisenzeiten

Wie weibliche Führungskräfte den seit Monaten andauernden Spagat zwischen Verantwortung für die Familie und ihre Mitarbeiter während der Krise erleben, belegt die aktuelle Felin-Studie. (Symbolbild) | Foto: Gruber
  • Wie weibliche Führungskräfte den seit Monaten andauernden Spagat zwischen Verantwortung für die Familie und ihre Mitarbeiter während der Krise erleben, belegt die aktuelle Felin-Studie. (Symbolbild)
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"Wenn die Kinder nicht in der Schule sind, ist immer noch in den Köpfen: 'Da haben sich die Frauen drum zu kümmern'." So lautet das Zitat einer jener Frauen, die im Rahmen einer Umfrage unter steirischen Führungskräfte ihre Erfahrungswerte während er Corona-Pandemie schildert. Tatsache ist, das Coronavirus fordert uns alle, je nach Lebensabschnitt, persönlicher Gesundheit und sozialem Umfeld mehr oder weniger. Inwiefern weibliche Führungskräfte die anhaltende Krise erleben und bewältigen – oftmals im Spannungsfeld zwischen hoher beruflicher Verantwortung und unvorhergesehenem Mehraufwand in der Familie – war Gegenstand einer von Felin (Female Leaders Initiative) durchgeführten Umfrage. 

Ausgangssituation der Studie

Zwischen 22. Oktober und 25. November 2020 wurden von den Studien-Autorinnen zehn Telefoninterviews mit weiblichen Führungskräften zehn steirischer Organisationen der Finanz- Technik-, Logistik-, Elektrohandel-, Reiseveranstaltungs- und Gesundheitsbranche, sowie einer öffentlichen Einrichtung durchgeführt. Zwei dieser Organisationen wurden in der Covid-19 Pandemie als "systemkritisch" eingestuft.  Sieben der interviewten Gesprächspartnerinnen sind Führungskräfte der ersten Ebene (beispielsweise in Geschäftsführungsfunktion), drei weitere leiten Personalabteilungen. Die große Mehrheit der Interviewten hat über elf Jahre Führungserfahrung, zwei davon über 21 Jahre.

Die wichtigsten Ergebnisse

Was die Pandemie im Vergleich zu bisherigen wirtschaftlichen Krisen im besonderen Ausmaß erfordert, ist die Berücksichtigung privater Belange. Die interviewten Führungskräfte weisen auf die weit stärkere Vermischung beruflicher und privater Aspekte hin, bedingt durch Kontaktverfolgungsgespräche, Homeoffice und gesundheitlicher Einschränkungen. Diese Vermischung scheint eine empathische und beziehungsorientierte Führung von Mitarbeitern noch einmal notwendiger zu machen. Frauen führen dabei (nicht) anders als Männer. "Ich glaube, dass ist den Mitarbeitern egal, ob es jetzt ein Mann oder eine Frau ist. Wenn Sie in einer unsicheren Position sind, erwarten Sie von einer Führungskraft – und völlig zurecht – dass sie sich um Sie kümmert", so eine der befragten Frauen.

"Ich merke aber auch dieses Steigen des moralischen Drucks, also wir haben selber Kolleginnen, die wollten ihr Kind im ersten Lockdown in den Kindergarten bringen und sind dann quasi angepöbelt worden, ob sie da nicht gefälligst zuhause schauen können."

Angst vor dem Rückschritt

Daneben ist aus den Antworten der Studienteilnehmerinnen erkennbar, dass es durch den Rückzug ins Homeoffice verbunden mit dem Homeschooling gleichzeitig ein möglicher Rückschritt bei der Gleichstellung der Geschlechter zu befürchten ist. "Ja, ich sehe das ganz stark wenn es um die Kinderbetreuung geht. Also einerseits dadurch, dass Frauen wieder diese Mehrfachbelastungen haben…. Ich merke aber auch dieses Steigen des moralischen Drucks, also wir haben selber Kolleginnen, die wollten ihr Kind im ersten Lockdown in den Kindergarten bringen und sind dann quasi angepöbelt worden, ob sie da nicht gefälligst zuhause schauen können", schildert eine weitere befragte weibliche Führungskraft. "Es schaut wieder so aus, als wären die Kinder Frauensache. Ich meine, sie haben alle einen Vater auch." Eine weitere befragte Frau schildert in diesem Zusammenhang das Entgegenkommen ihres Unternehmens: "Wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Probleme haben mit der Betreuung, dann werden wir freiwillig eine Sonderbetreuung gewähren. Wir tun da nicht herum, wir können es uns leisten, Gott sei Dank."
Ein Umdenken, das in vielen Betrieben schon eingesetzt hat, vielfach jedoch auch erst am Beginn steht: "Für Unternehmen wird es wesentlich sein, Arbeits- und Karrieremodelle inklusiver zu gestalten, um nächsten Generationen die Balance von Privat- und Berufsleben besser zu ermöglichen. Die von den Interviewten mehrmals angesprochene partnerschaftliche Aufteilung von Betreuungsaufgaben erfordert folglich auch eine entsprechende Unternehmenskultur", resümiert Felin-Geschäftsführerin Christiane Katschnig-Otter.

Über Female Leaders Initiative (Felin):
Felin engagiert sich seit 2013 als überparteilicher Verein den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Steiermark zu erhöhen. Dazu sorgt ein Netzwerk aus hochqualifizierten Frauen einerseits, die Kompetenz, Qualifikation und Interesse für Spitzenfunktionen mitbringen, und Akteurinnen und Akteuren aus Politik und Wirtschaft andererseits, die auf der Suche nach weiblichem Potential sind.
2017 erschien erstmals eine Studie über den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Steiermark, die 2019 wiederholt wurde und erstmals einen Vergleich der Zahlen erlaubte.

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