Es ist Zeit etwas zu ändern
Corona: Die andere Seite
Meine Frau leidet unter Schilddrüsenkrebs. Sie hat zwei schmerzliche Operationen hinter sich, und eine Radiojodtherapie, bei der sie einen Monat lang von den Kindern getrennt war. Im März dieses Jahres war ein Untersuchungstermin im AKH geplant, speziell vorverlegt, um rascher Klarheit über ihren Gesundheitszustand zu bekommen, und um eventuelle weitere notwendige Behandlungen früher einleiten zu können. Bekanntlich ist bei Krebs der Zeitfaktor einer der wichtigsten Parameter.
Nun dann kam aber Corona, und der Termin wurde nicht verschoben, sondern auf unbestimmte Zeit aufgehoben. Nicht für Wochen, nicht für Monate, sondern einfach auf unbestimmt. Wir haben nie viel darüber gesprochen, aber die schwarze Wolke hing doch spürbar über unseren Gemütern. Uns wurde verkauft, dass die Maßnahmen zum Schutz der Spitäler notwendig seien, und dass diese Pandemie derartige Verschiebungen notwendig machen würde.
Wenn’s denn wirklich so war, wäre Sie gerne bereit, diese Absage, diese Unsicherheit auf sich genommen zu haben. Wenn es notwendig war, wenn es anderen von Nutzen hätte sein können.
Aber die Frustration ist doch groß, wenn man dann anschließend erfährt, dass die Hälfte der Spitalsbetten leer war, dass unser Gesundheitssystem nicht einmal annäherungsweise an eine volle Auslastung herangekommen ist, geschweige denn an eine Überlastung. Auch ist die Frustration groß, wenn man dann hört, dass der Höchststand der Pandemie in Österreich doch just zu dem Zeitpunkt war, als der Lockdown durchgeführt wurde, und die Spitäler vielleicht nie hätten gesperrt werden müssen.
Ein neuer Termin findet nun statt. Zwei Monate Verzögerung in einer für sie, für uns so wichtigen Sache. Ob wir darüber lachen oder weinen werden, wird die Zukunft weisen.
Jede Münze hat zwei Seiten. Sie war auf der anderen, die nicht gehört wurde, die nicht berücksichtigt wurde. Muss sie in Zukunft auch weiterhin davor Angst haben, dass sie auf der falschen Seite der Münze ist, dass ihre Termine ins Ungewisse verschoben und aufgehoben werden? Dass wenn die nächste Corona-Welle auf uns zukommt, sie als Mutter von drei Kindern mit 2, 7 und 12 Jahren Corona-Patienten in leeren Spitälern auf unbestimmte Zeit Platz machen muss? Zum Alleinerzieher zu werden, die Mutter zu verlieren, nur weil aus purer Panik überreagiert wurde, dass soll mal jemand mir und meinen Kindern erklären.
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