Spaziergang mit Fotostrecke
Vom Volksgarten bis Pötzleinsdorf
Kann man sich in Wien wie in einem Western fühlen? Ja, man kann. So geschehen beim Bummel, nachdem ich aus dem Termin-Marathon früher rauskam und beschloss von Volksgarten bis Pötzleinsdorf zu kommen.
Startklar im Volksgarten
Den Kopf frei zu bekommen kann nicht schaden. Kurzerhand bin ich beim Volkstheater aus der Straßenbahn gestiegen und gehe quer durch den Volksgarten. Gerüche der Rosen und Klapppern von Besteck aus einem nahen Lokal. Auch andere sind schon am Heimweg von der Arbeit - die meisten noch vertieft und mit schnellem Schritt. Da telefonierend, dort mit gesenktem Blick... nur die Vögel sind nicht abgelenkt. Die Krähen-Community ist hier stark und auch mich haben sie schon entdeckt - wie so oft, checken sie ihre Chance auf Futter. Eine davon ist besonders zutraulich und begleitet mich ein Stück. Ihre Klupschaugen sehen mich an als würde sie mich kennen.
Auch andere schwarzen Genossen sind hier in großer Zahl unterwegs - die Amseln. Ich mache eine kurze Rast bei der österreichischsten Elisabeth in Wien (die Sissi-Statue). Schön ruhig ist es hier. Ich lasse mich von Sissi für den weiteren Bummel inspirieren.
Pötzleinsforfer Cowboy
Vom Schottentor ging's nach Pötzleinsdorf. Mir fiel der Sauwetter-Besuch am Pötzleinsdorfer Friedhof ein und auch, dass ich den dortigen Turmfalken zum Schutz der Stadt Wien melden wollte. Und wer weiß, ob es nicht schon Nachwuchs gibt? Kurz vor Schließzeit stehe ich hier und blicke gespannt auf den Turm der kleinen Friedhofskapelle. Wo bist du versteckt? Alles Mögliche zwitschert, nur der edle Falken-Bumerang ist weit und breit nicht zu sehen. Die Uhr schreitet voran. Im Friedhof versehentlich eingesperrt zu werden - hm, doch nicht. Von hinter dem Zaun mache ich einen Rundblick bevor ich von dannen ziehe. Zwei Amseln jeweils auf Baumspitzen singen sich ihre Reviergrenzen klar.
Neugierige Anreiner
Als ich die Amseln auf Foto zu verewigen suche, spricht mich ein Herr beim Gassi gehen an. "Darf ich fragen, was Sie da machen?" Ich erkläre, dass ich die Vogelwelt in der Stadt dokumentiere und eigentlich den Falken-Kerl sehen wollte. Mein Gegenüber wundert sich - "Falken hier? Echt?" Er ist ungläubig und ich freue mich das Foto von meinem ersten Besuch hier zu zeigen. Ich halte das Bild am Handy entgegen - da ist er. Wir plaudern über das Zusammenleben in der Stadt und über urbane Natur. Nur der Hund findet das ziemlich langweilig, legt sich auf dem Gehsteig hin.
Ein Hauch Western
Zurück in der Pötzleinsdorfer Straße gehe ich weiter zu Fuß. Altbau rechts und links, steile Stiegen, Pflastersteine a la Heuriger. Etwas enttäuscht beschließe ich noch dem Türkenschanzpark "Gute Nacht" sagen zu gehen. Flotten Schrittes wechsele ich die Straßenseite. Das macht auch ein die Wolken schneidender Bumerang. Hä?! Was war das? Das Ding setzte sich auf eine einsame weiß-nackte Astspitze hin. Es ist weit, ich brauche Fotoapparat, um das Ding in der Ferne zu sehen. Einschärfen. Zoomen, noch mehr einschärfen. Das ist er! Ich muss zwei Mal schauen. Was für ein Bild. Wie irgendwo in der Savanne auf dem höchsten Ast, alles liegt ihm zu Füßen und traut sich eine Maus aus dem Versteck, hat sie schlechte Karten. Der Cowboy ist mit bis zu 240 km/h schnell wie ein Colt.
Gute Nacht-Ritual
Zufrieden passiere ich das Tor in den Türkenschanzpark. Nur eine kleine Abschlussrunde um den Springbrunnen. Eine Gruppe zum Lauftreff überholt mich, die nächste ist noch im Anmarsch. Im Geiste grüße ich den Brunnen, die Stockenten, den Teichhuhn und was mir sonst noch begegnet. Auch Tiere haben ihre Abendrituale und ich darf dabei sein. In Familie Stockente wird noch das Lieblingseck im Teich besucht, dann folgt schon der Enterich seiner Anvertrauten zum Schlafplatz. Hier ist Gentleman, wer sich nucht vordrängt und dem Weibchen freie Wahl lässt. Die Ringeltaube trinkt noch einen Schluck Wasser bevor sie im Efeu verschwindet. Wie das Glas Wasser, das manche sich auf den Nachttisch stellen. Die Wasseroberfläche wird langsam ruhig. Sie spiegelt den dunkel werdenden Himmel. Auch sie geht schlafen.
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