Männer über das 'Vatersein'
"Willst du in Österreich Karriere machen, kannst du nicht in Karenz gehen"
- Bernhard Baier (l.) vom Familienbund Österreich und Angelika Killmann anlässlich der Präsentation der qualitativen Untersuchung "Väter im Hürdenlauf"
- Foto: Anna Richter-Trummer
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"Ich habe mich nicht getraut, nach Karenz zu fragen, wegen des Chefs", "Väterkarenz ist voll unmännlich", "Die Frage hat sich nicht gestellt" oder "Ich war nicht in Karenz, weil es in Österreich, wenn man eine gewisse Karriere machen will, nicht möglich ist und auch nicht toleriert wird." Das sind die Antworten jener Männer, die Teil der qualitativen Untersuchung vom Familienbund Österreich waren und zum Thema 'Männerkarenz' befragt wurden. Repräsentativ stehen ihre Antworten für das gesellschaftspolitisch vorherrschende 'Vaterbild' in Österreich.
ÖSTERREICH. Nur 35 Prozent aller Väter gehen in Österreich in Karenz, der Großteil hingegen, nämlich 57 Prozent, zieht eine Karenz nicht in Betracht - und das, obwohl sie rechtlich und faktisch Karenz nehmen könnten. "Ich war nicht in Karenz, weil es in Österreich, wenn man eine gewisse Karriere machen will, nicht möglich ist und auch nicht toleriert wird", ist noch immer ein vorherrschender Grund dafür. Es fehlen positive Imagekampagnen und Rolemodels. Getrennt lebende Papas sind in Österreich hingegen per Gesetzt von der Väterkarenz ausgeschlossen."Diese Väter würde oft gerne in Karenz gehen, können aber nicht, da ein gemeinsamer Haushalt Voraussetzung dafür ist", so Psychologin Angelika Killmann über die Ergebnisse der Untersuchung.
Väterkarenz ist unmännlich
Fakt bleibt: In Väterkarenz zu gehen, bleibt noch immer die Ausnahme als die Regel. Jobverlust, Imageschaden ("Väterkarenz ist unmännlich") und finanzielle Einbußen ("Der Vater verdient als Mann eben noch immer mehr als die Mutter, daher soll sie in Karenz gehen") sind noch heute die wichtigsten Gründe dafür. Das bestätigen auch die Zahlen. Killmann: "2018 waren 89.600 Mütter und nur 2300 Väter in Karenz, wobei diese Väter auch nur in Teilkarenz gingen."
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Kinderbetreuung bleibt Muttersache
Kinderbetreuungsgeld wurde im vergangenen Jahr zu 96 Prozent (!) von der Mutter bezogen, nur vier Prozent vom Kindesvater. "Das zeigt, dass getrennte Väter noch immer sehr weit weg sind von potentiellen Väterpflichten, von Erziehungsarbeit und einem Alltag mit Kind." Es wundert also wenig, dass getrennte Väter auch wenig bis gar kein Problem mit Kinderbetreuung haben, denn die Frage stellt sich für sie garnicht. "Wenn sie ihr Kind sehen, dann ist das so selten, dass sie die Zeit mit dem Kleinen verbringen wollen - wozu also Betreuung?", fasst Killmann die Lage zusammen. Kinderbetreuung und vor allem der Mangel daran, bleibt also weiterhin ein Problem, mit dem sich die Mütter herumschlagen dürfen.
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Berufliche Nachteile treffen nur die Mütter
Weiters wurde anlässlich der Untersuchung gefragt: "Hat der Vater berufliche Einschnitte in Kauf genommen?" "Die Antwort darauf war: Null Prozent", so Killmann: "Dann wurden die Mütter gefragt, ob sie berufliche Nachteile in Kauf genommen haben, und die Antwort war zu 100 Prozent 'Ja', also alle Mütter haben beruflich Nachteile in Kauf genommen." Danach wurden die Väter gefragt, ob sie denn jobmäßig überhaupt gewillt gewesen wären, Abstriche zu machen, darauf haben immerhin 65 Prozent positiv reagiert, während noch 27 Prozent ablehnend geblieben sind.
Karenz für alle Väter
"Karenz war angedacht, aber dann war sie nicht mehr möglich, weil wir uns getrennt haben". Das war in der Untersuchung des Familienbunds Österreich von befragten Vätern ein oft genannter Satz. "Dieser bringt vor allem ein Problem auf den Punkt", so Bernhard Baier vom Familienbund Österreich: "Dass Männer nur dann in Väterkarenz gehen können, wenn sie mit der Kindesmutter in einem gemeinsamen Haushalt leben. Und wir denken, das gehört geändert."
Ledige Kinder bleiben in Österreich bei der Mutter
Grundsätzlich kommt die Obsorge, wie Pflege und Erziehung des Kindes, gesetzliche Vertretung und Verwaltung des Vermögens für Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind, in Österreich allein der Mutter zu. Anders etwa im anglikanischen Rechtsraum: Dort haben beide Elternteile - egal ob verheiratet oder nicht - gemeinsame Verantwortung für das gemeinsame Kind. "In Österreich werden etwa 40 Prozent aller Kinder außerehelich geboren, ebenso nimmt die Scheidungsrate ständig zu." Es wäre also an der Zeit, die Lebenswahrheit anzuerkennen und Väter von unehelichen Kindern in ihren Rechten und Pflichten jenen von ehelichen Kindern gleichzustellen. Baier: "Die Möglichkeit, in Karenz gehen zu können, wäre der erste Schritt."
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