Forderung der Klimakleber
Auch Verkehrsexperten fordern Tempo 30/80/100
Forscher und Forscherinnen richten einen offenen Brief an die Bundesregierung, den Nationalrat und die Bundesländer. Darin fordern sie niedrigere Tempolimits und höhere Strafen fürs Rasen. Das hilft Klima, Umwelt und Gesundheit.
ÖSTERREICH. Es ist eine der zwei Forderungen der "Letzten Generation". Doch auch die Leiterinnen und Leiter führender Lehrstühle im Verkehrswesen fordern nun niedrigere Tempolimits. Grund dafür ist die drohende Klimakatastrophe, die Energiekrise und Gesundheitsrisiken durch den Autoverkehr.
Offener Brief von Expertinnen und Experten
Vier Expertinnen und Experten rufen die Bundesregierung dazu auf, Tempolimits sofort zu reduzieren. Darunter renommierte Forscher der Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien und der Universität für Bodenkultur in Wien. Sie haben sich zusammengefunden, um das Thema „Tempo 30 / 80 / 100“ auf die politische Agenda zu bringen. Anhand zahlreicher wissenschaftlicher Studien argumentieren sie, dass eine Senkung der Tempolimits auch eine erhebliche Senkung der Treibhausgasemissionen mit sich bringt.
"Wissenschaftlich zweifelsfrei nachgewiesen"
Oft wird gefragt, was denn die größten Hebel sind, um die Klimakrise zu bekämpfen. Laut den Forschern und Forscherinnen sei einer dieser Hebel zweifelsfrei niedrigere Tempolimits. Der Verkehr ist der größte CO2 Emittent in Österreich. Eine Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten sei die effizienteste Maßnahme zur Reduktion verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen, die wirkungsvollste Maßnahme zur Reduktion der Zahl der Verletzten und Getöteten im Straßenverkehr und eine der effektivsten Maßnahmen zur Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen.
Straftoleranzen beseitigen
Zusätzlich zur Reduktion der Tempolimits auf 30 km/h im Ortsgebiet, 80 km/h auf Freilandstraßen und 100 km/h auf Autobahnen sollen auch Mess- und Straftoleranzen abgeschafft werden. Die Messtoleranz beträgt auf Freilandstraßen und Autobahnen etwa drei bis zehn Prozent. Straftoleranzen unterscheiden sich je nach Bundesland. Auch die Strafen sollen laut den Verfassern und Verfasserinnen des offenen Briefs erhöht werden.
Was bringen Tempolimits?
Mit der geforderten Senkung könnten die CO2-Emissionen aus dem Kfz-Verkehr um rund 2,4 Millionen Tonnen bzw. zehn Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2019 gesenkt werden, bei gleicher Verkehrsleistung würden 0,9 Mio. t bzw. zehn Prozent weniger an fossilem Treibstoff verbraucht, und rund 116 Menschen (28 Prozent) weniger würden im Straßenverkehr getötet und knapp 7.000 (19 Prozent) weniger verletzt werden. Zum Vergleich: Werden 2,4 Millionen Tonnen CO2 eingespart, ist das etwa das Äquivalent der CO2 Emissionen, die im Sektor Abfallwirtschaft jährlich entstehen.
Weniger Tote und Verletzte
Internationale Erfahrungen zeigen, dass Tempolimits auch zu weniger Toten und Verletzten führen. Die Senkung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf französischen Außerortsstraßen von 90 auf 80 km/h mit Juli 2018 hat zu einer Reduktion der Getöteten von 12 Prozent geführt. Erfahrungen aus Schweden bei der Senkung des Tempolimits von 90 auf 80 km/h auf Außerortsstraßen belegen eine Reduktion der Getötetenzahlen um 41 Prozent. Durch die Einführung von Tempo 30-Zonen in ausgewählten Schweizer Gemeinden zwischen 1993 und 1997 nahm die Anzahl der Unfälle um knapp 15 Prozent ab, die Anzahl der Verunfallten um 27,5 Prozent.
Was ist mit dem Zeitverlust?
Dem individuellen Zeitverlust von ca. elf Minuten / 100 km (ca. 20 Prozent) auf Autobahnen steht eine Kostenersparnis von bis zu 2,8 Euro / 100 km (ca. 29 Prozent) gegenüber, und ein enormer volkswirtschaftlicher Nutzen in Form eingesparter Unfallkosten, Lärmkosten und Umweltkosten. Und die Bevölkerung? Umfragen in der Schweiz und in Frankreich haben gezeigt, dass sich eine breite Akzeptanz für die Herabsetzung des Tempolimits erst nach dessen Implementierung einstellt, so die Forscherinnen und Forscher.
Zum Offenen Brief geht es hier.
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