BVT und Egisto Ott
Nationaler Sicherheitsrat berät zu Spionageskandal

Die Festnahme des ehemaligen Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts zieht immer weitere Kreise. Am Dienstag nimmt sich auf Verlangen der Grünen der Nationale Sicherheitsrat der Causa an. | Foto:  Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com
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  • Die Festnahme des ehemaligen Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts zieht immer weitere Kreise. Am Dienstag nimmt sich auf Verlangen der Grünen der Nationale Sicherheitsrat der Causa an.
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Die Festnahme des ehemaligen Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts zieht immer weitere Kreise. Am Dienstag nimmt sich auf Verlangen der Grünen der Nationale Sicherheitsrat der Causa an. Aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe bedürfe es einer neuen Beurteilung und Klärung der Sicherheitslage Österreichs, so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Zwischen den politischen Parteien entfacht zunehmend Streit hinsichtlich der Verantwortung für den Spionageskandal.  

ÖSTERREICH. Bereits seit 2017 ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und der Verletzung des Amtsgeheimnisses gegen den Ex-Verfassungsschützer. Zuletzt geriet Ott in die Schlagzeilen, nachdem Informationen aufgekommen waren, wonach er dem ehemaligen und flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek beim Aufbau einer Spionage-Zelle innerhalb des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) behilflich gewesen sein soll.

Ott soll mit seinem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss Informationen für Marsalek und in weiterer Folge für die russischen Geheimdienste beschaffen haben. Dabei habe es sich etwa um Daten von in Europa lebenden Journalistinnen und Journalisten, russischen Oppositionspolitikern oder Aktivistinnen und Aktivisten aus der Antifa-Szene sowie deren Angehörigen und Freunden gehandelt. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung. 

Egisto Ott soll für den Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek vertrauliche Informationen besorgt haben.  | Foto: Polizeipräsidium München
  • Egisto Ott soll für den Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek vertrauliche Informationen besorgt haben.
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Bereits zweites Mal in U-Haft

Ausländische Partnerdienste hatten das BVT bereits im Jänner 2017 darauf aufmerksam gemacht, dass vertrauliche Informationen aus dem Bundesamt an unberechtigte Stellen wie die russischen Geheimdienste abfließen. In den Verdacht, darin verwickelt zu sein, geriet Ott, da er als Verbindungsmann in der Türkei Kontakt zum russischen Nachrichtendienst aufgebaut haben soll. Der Ex-Verfassungsschützer soll als geheim klassifizierte Informationen von seiner dienstlichen an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet haben. Dabei habe es sich etwa um ein streng vertrauliches Memo des BVT und eine Anfrage des FBI gehandelt, die – der Verdachtslage nach – am Ende bei russischen Nachrichtendiensten landeten. 

Ott war im Laufe seiner Karriere zweimal suspendiert und saß bereits 2021 für sechs Wochen in Untersuchungshaft ein. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) orderte schlussendlich aber seine Enthaftung an, da man davon ausging, dass keine Tatbegehungsgefahr bestehe. Das OLG führte dabei an, dass das BVT zwischenzeitlich aufgelöst wurde und Ott somit auch nicht mehr im Verfassungsschutz tätig war. 

Gegen Ott wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Spionagetätigkeit zum Nachteil Österreichs zugunsten Russlands ermittelt.  | Foto: shutterstock / FOTOGRIN
  • Gegen Ott wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Spionagetätigkeit zum Nachteil Österreichs zugunsten Russlands ermittelt.
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Nationaler Sicherheitsrat berät

Am Dienstagabend tritt nun der Nationale Sicherheitsrat (NSR) zusammen, der das zentrale Beratungsgremium der Bundesregierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist. Dem Rat gehören Mitglieder der Bundesregierung und der Parteien an. Als Berater fungieren Vertreterinnen und Vertreter der Präsidentschaftskanzlei, der Länder, des Bundesheeres und der Polizei.

Nachdem zunächst die Grünen die Einberufung des Gremiums gefordert hatten, berief Bundeskanzler Karl Nehammer vergangene Woche den NSR ein und erklärte in einer Aussendung: 

"Es stehen Vorwürfe der Spionage gegen Egisto Ott, ehemaliger Mitarbeiter im BVT, im Raum. Diese Vorwürfe sind schwerwiegend. Zum einen müssen diese Vorwürfe nun von der Justiz aufgeklärt werden. Zum anderen bedarf es einer Beurteilung und Klärung der Sicherheitslage der Republik. Wir müssen verhindern, dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen, indem sie politische Parteien oder Netzwerke unterwandern oder instrumentalisieren."

Causa Ott wird zum Politikum 

Seit dem Aufkommen der neuen Informationen rund um eine etwaige Spionage-Zelle im BVT entfachte zwischen den politischen Parteien des Landes ein hitziger Streit. Besonders die FPÖ und deren Parteichef Herbert Kickl gerieten dabei ins Kreuzfeuer der Anschuldigungen. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer ortet etwa einen "Verrat" der Freiheitlichen an Österreich. Ehemalige und aktuelle Funktionäre und Funktionärinnen würden die Interessen Russlands aktiv unterstützen. Kickl habe nach Ansicht Maurers nicht nur direkte Verbindungen zu russischen Agenten, sondern auch engere Kontakte zu Marsalek als bisher bekannt sei. 

Die FPÖ und ihr Obmann Herbert Kickl stehen in der Kritik der übrigen Parteien.  | Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf
  • Die FPÖ und ihr Obmann Herbert Kickl stehen in der Kritik der übrigen Parteien.
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Die ÖVP bezeichnete die Freiheitlichen als ein "Sicherheitsrisiko für Österreich", da man in den Akten Belege dafür gefunden habe, dass Kickl als damaliger Innenminister nach der BVT-Razzia Ott eine zentrale Rolle in der Neuaufstellung des Geheimdienstes zugedacht habe. Der Beschuldigte hätte damit Zugang zu allen sicherheitsrelevanten Informationen und streng geheimen Dokumenten bekommen. Zudem gebe es "Indizien" dafür, dass der FPÖ-Chef von Otts mutmaßlicher Spionagetätigkeit gewusst habe, so der türkise Abgeordnete Andreas Hanger. 

"Kindesweglegung" bei ÖVP

Aber auch die ÖVP selbst steht in der Kritik der anderen Parteien. So weist die FPÖ nicht nur alle Vorwürfe gegen sich zurück, sondern verweist darauf, dass der frühere BVT-Leiter Peter Gridling von der Volkspartei installiert worden war. Dieser sei der "Hauptschuldige" und habe "nie irgendetwas im Griff im Geheimdienst" gehabt, so der FPÖ Mandatar Christian Hafenecker. 

Auch die SPÖ will die Türkisen nicht aus der Verantwortung nehmen, da die Volkspartei 24 Jahre lang dem Innenministerium vorgestanden sei. In dieser Zeit habe Ott Karriere im BVT gemacht. Zudem habe die ÖVP Kickl zum Innenminister gemacht und dessen Zerschlagung des Bundesamts gedeckt, so Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner: "Die ständigen Versuche der ÖVP, sich aus der Verantwortung zu stehlen, sind nichts weiter als heiße Luft".

Die NEOS ortete bei der ÖVP "aktive Kindesweglegung". So habe die Volkspartei Kickl zum Innenminister gemacht; zudem habe die ÖVP die politische Verantwortung, dass ein Netzwerk Marsaleks das Innenministerium überhaupt infiltrieren konnte, getragen, so die NEOS-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper: "Die Spionage-Affären sind daher keine reinen FPÖ-Skandale".

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