Migrationsgipfel
Nehammer kritisiert Orbán, aber stärkt Zusammenarbeit
Bereits zum dritten Mal kamen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der ungarische Premier Viktor Orbán und Serbiens Präsidenten Aleksandar Vučić im Rahmen ihres Migrationsgipfels zusammen, erstmals mit Österreich als Gastgeber. Die drei Regierungschefs präsentierten ein vierseitiges Kooperationsmemorandum, in dem eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen die irreguläre Migration vereinbart wurde. Immer wieder wurden die bisherigen Ergebnisse der gemeinsamen Kooperation gelobt, Nehammer ließ aber auch mit Kritik an Ungarn aufhorchen. Bereits im Vorfeld sorgte der Gipfel für Proteste.
ÖSTERREICH. Nachdem Orbán zunächst bei einer gemeinsamen Pressekonferenz die ungarische Migrationspolitik lobte und die EU sowie den jüdischen US-Milliardär und Philanthropen George Soros verbal attackierte, bekundete Orbán, dass es in Österreich und der EU Hunderttausende Migranten mehr gebe, wären Ungarn und Serbien nicht so konsequent vorgegangen.
Der Premier brüstete sich zudem damit, dass Ungarn "der einzige migrantenfreie Ort in Europa" sei, was an den rechtlichen und physischen Hürden für Migration liege. So lasse Ungarn Migranten das Land nur betreten, sofern diese bereits über einen positiven Asylbescheid verfügen. Zudem verwies Orbán drauf, dass Ungarn die eigene Grenze mithilfe eines Zaunes schütze: "Ich sage nicht, dass die Migranten manchmal drüberspringen können, aber den größten Teil können wir anhalten und sie können gar nicht als Migranten nach Österreich kommen".
Nehammer kontert Orbán und verweist auf bisherige Erfolge
Der Bundeskanzler reagierte darauf: "Es stimmt zwar, dass sich die irregulären Migranten nicht in Ungarn aufhalten, aber zu 80 Prozent durch Ungarn nach Österreich kommen und wir haben dann 109.000 Asylanträge und Ungarn hat 45". Nehammer betonte jedoch, dass man die Interessen anderer Staaten verstehen müsse, zudem seien Österreich, Ungarn und Serbien Verbündete.
"Wir müssen feststellen, dass das Asylsystem der EU kaputt ist und nicht funktioniert", so Nehammer weiter. Aus diesem Grund haben die drei Länder "die Asylbremse deutlich angezogen". Der Bundeskanzler verwies in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse, die die bisherige Zusammenarbeit geliefert habe. Konkret führte er die Schlepperbekämpfung in Ungarn an und dankte Vučić, der die Visafreiheit für Tunesier und Inder in Serbien beschränkt hatte. Dies habe zu einer unmittelbaren Reduktion der Asylantragszahlen in Österreich geführt, so Nehammer. Laut dem Bundeskanzleramt seien die Antragszahlen von Jänner bis Mai um 20 Prozent niedriger gelegen als im Vorjahreszeitraum, im Mai sogar um 30 Prozent.
Grenzschutz-Taskforce mit österreichischer Beteiligung
Unmittelbar nach der Pressekonferenz unterzeichnete Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sowie seine Amtskollegen, die neben den Regierungschefs, den Außenministern und den Spitzen der Polizei der drei Länder an den Gesprächen in Wien teilgenommen hatten, ein vierseitiges Kooperationsmemorandum.
Konkret beschloss man Maßnahmen im Bereich der Polizeiarbeit: Neben der Gründung einer gemeinsamen Grenzschutz-Taskforce vereinbarten die Länder eine intensivere Kooperation im Kampf gegen Schlepper. Damit verfolge man das Ziel, die Strukturen der illegalen Schlepperei zu zerschlagen und nicht nur "kleine Fische" zu fangen. Österreich plane hierfür, wie es aus dem Bundeskanzleramt heißt, die Entsendung weiterer Polizeikräfte an die ungarisch-serbische Grenze. So sollen die derzeit 20 Beamten auf bis zu 70 Polizistinnen und Polizisten aufgestockt werden.
Proteste am Ballhausplatz
Bereits im Vorfeld des Gipfels hatte der Besuch Orbáns und Vučic's Kritik von Menschenrechtsorganisationen, den mitregierenden Grünen sowie der Opposition ausgelöst. Am Freitag empfing Nehammer die Staatsgäste schließlich unter lautstarken Pfiffen von Demonstrierenden. Neben "Shame on you"-Rufen schalten auch Verschmähungen wie "Nehammer Du Gangster, bald bist Du weg vom Fenster" durch die Megafone der Aktivistinnen und Aktivisten.
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