Bildungsminister
Umweltpreise – aber kein Verständnis für Klimakleber

Martin Polaschek im Gespräch mit den RegionalMedien Austria: "ich einfach irgendwo auf die Straße zu setzen und sich festzukleben, ist eine Missachtung des Rechtsstaates." | Foto: Markus Spitzauer (Archiv)
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  • Martin Polaschek im Gespräch mit den RegionalMedien Austria: "ich einfach irgendwo auf die Straße zu setzen und sich festzukleben, ist eine Missachtung des Rechtsstaates."
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Schulprojekte zum Thema "Energie: Bewusst" hat eine Jury im Bildungsministerium am Dienstag ausgezeichnet. Zu diesem Anlass erklärte Bildungsminister Martin Polaschek bei einem Hintergrundgespräch mit "meinbezirk.at", wie ein zukunftsfittes Schulsystem auszusehen hat, weshalb die Vermittlung von Umweltbewusstsein zunehmend wichtiger wird, warum er für Klimakleber aber kein Verständnis hat. 

ÖSTERREICH. Das Schulsystem braucht eine Neuerung, davon ist Polaschek überzeugt. So gewinnen etwa Bereiche wie ökologische, digitale oder Finanz-Bildung zunehmend an Bedeutung. Während "Digitale Grundbildung" seit dem Schuljahr 2022/23 als eigenes Fach in den Lehrplänen verankert ist, setzt der Minister beim Thema Ökologie auf fächerübergreifende Bewusstseinsbildung. Gefordert sieht er hier u. a. auch die Lehrerinnen und Lehrer. Bei einigen von ihnen hat der Bildungsminister momentan aber keinen guten Stand. Vor dem Hintergrund der vom Ministerium gestarteten Bewerbungsinitiative "Klasse Jobs" forderten sie zuletzt besserer Arbeitsbedingungen anstelle einer teuren Imagekampagne. Im Rahmen einer Preisverleihung für nachhaltige Schulprojekte führte der Minister aus, wie Umweltbewusstsein im Unterricht verankert werden kann und was er seinen Kritikern entgegnet.

"meinbezirk.at": Das Bildungsministerium hat vergangenen Herbst an den heimischen Schulen einen Ideenwettbewerb zum Thema "Energie:Bewusst" gestartet. Was war die eigene Idee hinter der Initiative?
Martin Polaschek: Wir haben den Oktober 2022 zum "Energie:Bewusst"-Monat an den Schulen gemacht, weil wir der Überzeugung waren und sind, dass wir das Thema Nachhaltigkeit und den bewussten Umgang mit Ressourcen noch mehr in den Schulen verankern müssen. Zudem habe ich in einem Erlass eine Checkliste an die Schulen übermittelt, in der konkrete Maßnahmen zum Energiesparen beinhaltet sind. Zudem haben wir die Schülerinnen und Schüler zu einem Ideenwettbewerb aufgerufen, Poster oder Videos zu machen, mit denen sie das Thema Energiesparen in ihren Schulen bewerben. Damit machen wir die Jugendlichen zu Energie-Botschafterinnen und -Botschaftern, die ihre Ideen in die eigenen Familien hineintragen.  

Nun wurden aus knapp 400 eingereichten Projekten die besten gekürt – was geschieht jetzt mit diesen "Werbekampagnen" bzw. werden sie in einer Form umgesetzt?
Als Preis gibt es für die Sieger-Projekte 1.500 Euro. Die zweiten und dritten Preise sind jeweils Bücher-Gutscheine. Was eine Umsetzung betrifft, wirken die prämierten Idee ja schon dadurch, dass wir diese jetzt überall bekannt machen. Sie werden entsprechend auch in den Schulen vorgestellt. Die Ideen sollen jedenfalls eine entsprechende Breitenwirkung entfalten.

Inwiefern schreitet die Ökologisierung des Schulsystems abseits von solchen Projekten voran?
Das Thema Umwelt und Klima ist in den Schulen angekommen und das Interesse der Kinder und Jugendlichen ist glücklicherweise groß. Dazu hat sicherlich auch unsere Initiative Energie:Bewusst beigetragen. Wir haben durch die neuen Lehrpläne in der Volkschule, Mittelschule und AHS-Unterstufe nun auch die Möglichkeit, mehr fachübergreifenden, themenbezogenen Unterricht zu machen. Bei meinen Schulbesuchen sehe ich immer wieder, wie das Thema Klima schon massiv angegangen wird, mit total engagierten Lehrerinnen und Lehrern. Das wollen wir durch Unterrichtsmaterialien noch weiter unterstützen.

Die "Digitale Grundbildung" ist bereits als eigenes Schulfach in den Lehrplänen verankert, inwiefern wäre ein Fach "Umweltbildung" denkbar?
Die Einführung des neuen Pflichtfaches "Digitale Grundbildung" ist ein ganz wichtiger Schritt gewesen. Hier sahen wir auf jeden Fall Handlungsbedarf, denn wir wollen, den jungen Menschen ganz bewusst die gesamte Welt der Digitalisierung rasch nahebringen. Wir sehen auch, dass wir neben der Medienkompetenz auch Themen wie politische Bildung, Klima oder Diversität den jungen Menschen noch weiter nahebringen müssen. Das kann und muss aber vor allem nicht in einzelnen Unterrichtsfächern passieren, sondern vor allem fächerübergreifend.

Wie kann ein fächer- und themenübergreifender Unterricht zum Thema "Umwelt und Klima" aussehen?

Da spielen so viele Dinge zusammen Das kann nicht nur von einem Lehrer, einer Lehrerin bzw. von einem Fach behandelt werden. In diesem Bereich werden vor allem Themen wie Physik, Wirtschaft, Psychologie und Technologie behandelt. Das kann man wunderbar in unterschiedlichen Unterrichtsfächern behandeln bzw. diese vernetzen. Ich war an so vielen Schulen – das passiert ja schon!

Jetzt legt man vonseiten der Regierung zwar mehr Wert auf ökologische Bildung an den Schulen, gleichzeitig gibt es aber wenig Verständnis für junge Menschen, die gegen eine aus ihrer Sicht zu lasche Klimapolitik die Straßen blockieren. Wie stehen Sie dazu?
Wir müssen alle gemeinsam aktiv gegen den Klimawandel vorgehen und Maßnahmen setzen. Dazu gibt es von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis. Gerade im Bildungsbereich setzen hier wir bereits konkrete Maßnahmen. Diskussionen über das Klima müssen aber immer in einem demokratischen Rahmen geführt werden. Sich einfach irgendwo auf die Straße zu setzen und sich festzukleben, ist eine Missachtung des Rechtsstaates. 

Wo sollten Jugendliche, die mit der heimischen Klimapolitik unzufrieden sind, Ihrer Meinung nach also ansetzen?
Wir haben einen Rechtsstaat mit funktionierenden Versammlungs- und Demonstrationsrechten. Zudem kann man sich konstruktiv in der Gesellschaft zu diesem Thema einbringen, mit eigenen Projekten und Ideen. Genau hier wollen wir mit unserer Initiative "Energie:Bewusst" ansetzen und den Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit geben, sich in unseren Schulen für Klima- und Umweltschutz zu engagieren.

Zurück zum Schulsystem: Welche Themenbereiche werden abgesehen von den bereits genannten sonst noch wichtig?
Die neuen Lehrpläne in Volkschule, Mittelschule und AHS-Unterstufe sind ein zentrales Thema. Dabei wurde auch die Stärkung im Bereich Finanz und Wirtschaftspolitik behandelt. Die jungen Leute haben nicht zuletzt durch die Smartphones und durch die Onlinehändler viel mehr Möglichkeiten. Gleichzeitig müssen wir sie aber auch darauf aufmerksam machen, was das bedeutet. Das heißt, wofür gebe ich was aus? Was bedeutet es zu sparen? Was bedeutet Wirtschaft? Diese Themen werden uns auch in Zukunft sehr beschäftigen.

Was bedeutet das dann beispielsweise für eine Lehrerin oder einen Lehrer, der/die 40 Jahre Physik unterrichtet hat und jetzt aber fächerübergreifend Umweltbewusstsein vermitteln soll?
Dies wird ja bereits gemacht. Lehrerinnen und Lehrer bilden sich ständig fort, um auf dem aktuellen Stand zu sein. Das Zweite ist, dass es generell einer Diskussion bedarf, wie wir das machen wollen. Das, was jetzt passiert, passiert auch in vielen Bereichen im Rahmen der Autonomie der Schule und dementsprechend freiwillig.

In letzter Zeit kam aufgrund der Bewerbungsinitiative "Klasse Job" Kritik auf. Einige Lehrerinnen und Lehrer verlangten bessere Arbeits- und Rahmenbedingungen anstelle einer teuren Imagekampagne. Erwartet man zu viel von ihnen?
Die Kritik habe ich mitbekommen und ich muss sagen, sie hat mich erstaunt. Weil das, was kritisiert wird, ist, dass im Grunde genommen nichts für das Ansehen der Lehrerinnen und Lehrer getan wird. Mit "Klasse Job" haben wir die größte Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik gestartet. Ich bin der erste Minister, der gesagt hat, wir müssen ganz bewusst und aktiv vor den Vorhang holen, was Lehrerinnen und Lehrer jeden Tag leisten.

Einigen Lehrerinnen und Lehrern ging es dabei wohl weniger um das Image und Ansehen des eigenen Berufs, als um die tatsächlichen Bedingungen an den Schulen – was entgegnen Sie ihnen?
Wir setzen alle möglichen Hebel in Bewegung die wir haben, um die Lehrerinnen und Lehrer wirksam zu unterstützen: Indem wir etwa verschiedene Entlastungsmaßnahmen bereits gesetzt haben und auch weiter setzen, die Lehramtsstudien reformieren, oder wir eben ganz aktiv vorgehen, um den Lehrkräfte-Bedarf zu decken. Mit "Klasse Job" und den entsprechenden Maßnahmen sind wir sicher Vorreiter in diesem Bereich – auch im Vergleich mit unseren Nachbarländern. Mit der geplanten Änderung der Lehramststudien werden wir auch nachhaltig aktiv.

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